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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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wieder zu erkennen schien. »Sie wissen, wer ich bin?«
    »Ja, kommen Sie.«
    Emma zog sich eine schneeweiße Kapuze über die nassen Haare und lief los. Erst jetzt nahm er ihre hohen Stiefel wahr, die erstaunlich gepflegt waren. Zudem schien sie physisch gesünder zu sein, als ihr Übergewicht es hatte vermuten lassen. Marc bemühte sich, Schritt zu halten, was ihn rasch ins Schwitzen brachte.
    »Kennen wir uns?«, fragte er. Emma hielt den Kopf gesenkt und wirkte dadurch wie ein Boxer auf seinem Weg zum Ring. »Ich meine, sind wir uns schon einmal begegnet?«, wiederholte Marc seine Frage, etwas mehr außer Atem. Er spürte die Folgen seiner unterbrochenen Medikamentenaufnahme und fühlte sich noch müder und ausgelaugter als sonst um diese Tageszeit. Wenigstens die Übelkeit war etwas abgeklungen, was an den MCPTropfen liegen konnte, die er zu Beginn seiner letzten Taxifahrt eingenommen hatte.
    »Nein. Wir sind uns noch nie begegnet.«
    Emmas Antwort beruhigte und verstörte ihn gleichermaßen. Einerseits stimmte sie mit seiner Erinnerung überein, auch er war sich recht sicher, diese Frau noch nie gesehen zu haben. Andererseits warf sie die Frage auf, woher sie ihn dann kannte. Er griff nach ihrem Ärmel und zwang sie, stehenzubleiben. »Was wissen Sie über mich?«
    »Können wir das bitte unterwegs klären?«
    »Unterwegs wohin?«
    Ein Auto fuhr mit langsamem Tempo an ihnen vorbei, woraufhin Emma sich zu einem Schaufenster drehte, in dem Damenschuhe präsentiert wurden, die mehr als ein Laptop kosteten - trotz der in dicken Lettern kommunizierten dreißigprozentigen Preisreduktion. »Der sucht nur nach einem Parkplatz«, sagte Marc, und sie verlor auf der Stelle ihr Interesse an den italienischen Riemchensandaletten.
    »Schnell, schnell.«
    Sie hastete auf die andere Straßenseite und zog dabei ein Schlüsselbund aus ihrer Jackentasche. Als Marc das Ziel ihres Spurts erkannte, hatte sich sein Anfangsverdacht endgültig zerschlagen. Jemand, der einen alten VW Käfer mit zweigeteilter Heckscheibe fuhr, war keine Stadtstreicher.
    Aber Marc war nicht an einer Spazierfahrt mit dieser merkwürdigen Person interessiert. Er wollte endlich Antworten.
    »Halt, warten Sie.«
    Er hatte nicht lauter gesprochen, doch sie musste den drohenden Unterton gespürt haben. Als sie sich umdrehte, hielt er sein Handy in der Hand.
    »Was haben Sie vor?«
    »Ich werde jetzt die Polizei rufen und …«
    »Nein, nicht … »
    Sie kam zurück, die Hände in Abwehrhaltung vor sich ausgestreckt. Nackte Panik lag jetzt in ihren Augen. Marc kannte den Ausdruck der Verzweiflung. Oft genug hatte er ihn bei seinen Straßenkindern gesehen, wenn ihnen mitgeteilt wurde, dass ihre Eltern im Nachbarzimmer saßen.
    »0 doch, das hätte ich schon vorhin am >Strand< tun sollen.«
    Er wählte die 110 und legte seinen Daumen auf die Taste mit dem grünen Telefon.
    »>Strand    Woher weiß sie das?
    Marc nahm den Daumen von der Ruf taste. »Was wissen Sie noch alles über mich?« Emma atmete tief ein.
    »Sie sind Dr. Marc Lucas, Jurist und Streetworker, zweiunddreißig Jahre alt, wohnen in der Steinmetzstraße in Schöneberg. Witwer, ehemals verheiratet mit Sandra Senner, dreiunddreißig Jahre. Sie ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Und … »
    Sie öffnete erst die Beifahrertür und ging dann um den Wagen herum.
    « … und Sie sollten jetzt auf keinen Fall die Polizei rufen.« Marc spürte die Kälte wieder, die sich von seinen durchnässten Leinenturnschuhen bis zu den hämmernden Schläfen ausgebreitet hatte. Er massierte sich die Ohren, doch sie waren so taub wie seine Finger.
    »Weshalb nicht ?«, fragte er.
    »Nicht, bevor ich Ihnen erklärt habe, was gerade mit Ihnen passiert. »
    Jetzt schloss sie die Fahrerseite auf, setzte sich und kurbelte das Fenster hinunter. Ihre Augen verschwammen hinter den regenbenetzten Brillengläsern.
    Marc starrte sie an. »Wer um Himmels willen sind Sie?« Sie schenkte ihm einen traurigen Blick und startete den Motor, der nicht laut genug anschlug, um die ebenso mysteriöse wie erschreckende Antwort zu übertönen: »Ich kann mich nicht mehr erinnern.« Emma fuhr aus der Parklücke, wendete und hielt mit der geöffneten Beifahrertür direkt neben ihm. »Bitte steigen Sie ein, Dr. Lucas. Wir sind in großer Gefahr.«
22. Kapitel
    Als Eddy Valka anrief, wusste Benny, dass er sofort ans Telefon gehen musste.
    Sofort. Unbedingt.
    Er durfte diesen stumm

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