Splitterfasernackt
Thomas mir eine große Tragetasche mit einem Stapel Bücher in die Hand. Das Päckchen mit dem Parfum legt er ganz nach oben.
»Ich hoffe, die Bücher gefallen dir«, sagt er und schenkt mir ein warmes Lächeln. »Und würdest du mich eventuell wieder besuchen kommen?«
»Natürlich!«, antworte ich und streiche ihm über die Wange.
Da drückt Thomas mich noch einmal ganz fest an sich und ruft anschließend ein Taxi. Nachdem er mir meine Jacke um die Schultern gelegt hat, steckt er mir einen Umschlag mit dem Geld zu, und dann schiebt er mir noch einen Fünfzigeuroschein in die Hosentasche meiner Jeans.
»Bis bald«, sagt er schließlich und gibt mir einen Abschiedskuss.
»Ja, bis bald«, erwidere ich. »Schlaf gut.«
Thomas winkt mir zu, während ich die Treppen hinuntersteige, dann schließt er leise seine Wohnungstür.
Mein Herz schlägt leichter als sonst, es fühlt sich an, als wollte es lachen, aber wüsste nicht genau, wie laut und für wie lange.
Ich laufe durch den Vorgarten auf das Gartentor zu, atme dabei die frische Nachtluft ein und werfe noch einen letzten Blick auf die Villa, bevor ich die Straße betrete und in das wartende Taxi steige.
Ich sage dem Fahrer die Adresse vom Passion, schicke Marla eine SMS , dass alles okay ist und ich mich auf dem Rückweg befinde, dann lehne ich mich zurück und schließe die Augen.
Als ich sie wieder aufmache, funkeln um mich herum schon die bunten Lichter vom Ku’damm. Und da weiß ich: Ich bin bald zu Hause.
7
E s ist Barbietag. So nennen wir mittlerweile die Tage, an denen Barbie zu uns ins Passion gerauscht kommt und sich in unserem SM -Studio austobt. Im Moment wartet sie auf einen Kunden, der eigentlich schon von ein paar Minuten hätte da sein sollen. Also klackert Barbie mit ihren glänzenden, fünfundzwanzig Zentimeter hohen Lackabsätzen im Wohnzimmer herum und wirft alle zehn Sekunden einen genervten Blick auf ihre pinke Uhr.
»Dit macht der Arsch mit Absicht! Damit ick so richtig schön sauer werde. Da steht der ja voll druff, wenn ick ihn gleich am Anfang zur Schnecke mache, weil er sich vaspätet hat!«, schimpft Barbie kopfschüttelnd vor sich hin und nimmt einen Schluck von ihrem Kaffee. Dann klingelt ihr Telefon, und sie schafft es irgendwie, trotz der vier Zentimeter langen Fingernägel, auf den Annahmeknopf zu drücken. Dann schnauzt sie mit ihrer lustigen Piepsquakstimme drauflos: »Kannste mir ma erzähln, wat dit werden soll? Wir ham zwanzig Uhr ausjemacht. Dit is jetze sechs Minuten nach zwanzig Uhr! Menste etwa, dit macht ma Spaß, hier blöde rumzuhocken und uff dich zu warten, du kleene Mistkröte?! Menste echt, ick hab nüscht Besseret zu tun, Alter!«
Barbie grinst mich an, verdreht gespielt die Augen und lauscht einen Moment in ihr mit Glitzersteinchen besetztes Handy.
»So, so. Da stehste also schon unten. Und warum, bitte schön, klingelste denn nich? Biste zu hübsch, um uff ’n Knopp zu drücken? Oder kannste nich lesen, ey? … Ick rede mit dir, du Schimpansenfresse! Wat schweigste mich denn an wie ’n Keks! Alter, willste ma jetz verarschen oder wat? … Erzähl ma bloß nich, du hättst Schiss bekommen?! Globste etwa, deine Frau kreuzt hier zufällig uff oder wat? Menste, die steht hier vorm Käfig und will ma ne Runde zukieken oder wat? … Menste ick hab so viel Zeit wie Titten oder wat? … Also ick sag dir jetzt ma wat. Du nimmst sofort deine schmierjen kleenen Dreckspfoten und drückst uff de Klingel, denn bewegste deinen mickrijen Arsch hier hoch, steckst der netten Hausdame ’n ordentlischet Trinkjeld zu und wartest uffm Boden kniend im SM -Raum uff mich. Haste dit begriffen? Deutlicher werd ick nämlich nich. Und ick bin och keene Repeattaste. Wo sind wa’n hier, bei Teletubbie Porno oder wat? Meine Fresse, so viel Schwanz haste nun echt nich, ditte det dir leisten kannst, ohne Hirn hier uffzukreuzen!«
Mit diesen Worten wirft Barbie schnaubend ihr Handy zurück in ihre weißgepelzte Handtasche und nimmt einen weiteren Schluck von ihrem mittlerweile garantiert erkalteten Kaffee.
Zwei Sekunden später klingelt es, und Marla steht lachend auf, um die Tür zu öffnen.
»Ich stecken ihn gleich in Käfig, wenn du mögst«, sagt sie zu Barbie.
»Prima!«, erwidert Barbie und geht ins Mädchenzimmer, um sich noch eine Extraschicht Make-up aufzutragen und um ihre gigantischen Lippen etwas roter zu pinseln.
Eines der Passion-Telefone klingelt, und da Marla dabei ist, Barbies Kunden wegzusperren, nehme ich
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