Splitterfasernackt
Kostbar. Dabei weiß ich nicht einmal, wie man das mit der passenden Betonung ausspricht. Anschließend reicht er mir eine Hand, um mir in die Badewanne zu helfen. Ich steige hinein und fühle, wie das warme Wasser sich um mich legt. Die Temperatur ist genau richtig, und fast vergesse ich, dass ich meinen Körper hasse, dass ich Felia heißen muss, um hier zu sein.
Ana wispert etwas.
Es geht unter und ertrinkt.
Der knisternde Schaum kitzelt mich am Hals, ich rutsche näher an Thomas heran, streichele ihn und beiße ihn beim Küssen zärtlich auf seine Unterlippe. Thomas lässt behutsam seine Hände über meine Beine gleiten, streift mit einem Naturschwamm meine Brüste und schließt entspannt seine Augen, während ich mit zaghaften Fingern über seine durchtrainierten Bauchmuskeln streiche und immer weiter hinunterwandere.
»Du fühlst dich so unglaublich gut an«, sagt er zu mir und zieht mich näher an sich heran. »Dein Körper ist wunderschön. Es tut weh, dich anzusehen, weißt du das eigentlich?«
Ich schüttele den Kopf, woher sollte ich so etwas auch wissen. Und wie könnte man es formulieren, dass ich es wirklich glauben kann?
Aber vielleicht.
Vielleicht werden meine Narben verblassen.
Und dann wird mich irgendwann jemand berühren, so ehrlich und mit so viel Bedacht, dass sich ein zarter Schutzfilm über meiner Haut ausbreitet und meinen Schaden begrenzt.
Den Schaden an mir.
Und an meinem fremden Körper.
Das warme Badewasser hüllt mich ein. Meine Gedanken sind klar, aber trotzdem weich und verträumt. Thomas streicht mit leichten Fingerspitzen über meine Beine, und irgendwann reicht er mir seine Hand, um mir aus der Badewanne zu helfen. Er wickelt mich in ein großes blaues Handtuch, in dem ich fast verschwinde, und führt mich in sein Schlafzimmer. Auf dem Bett ist ein weißes Laken ausgebreitet, samtiges Licht taucht den kleinen Raum in ein Meer von Geborgenheit.
»Möchtest du, dass ich dich ein bisschen massiere?«, fragt er.
Ich nicke und lege mich auf das Bett.
Kurz darauf spüre ich, wie Thomas warmes Mandelöl auf meinem Rücken verteilt. Seine Hände gleiten über meine Beine, meinen Rücken, meine Schultern, und für etwa neunzig Sekunden fühle ich mich vollkommen. Nie zuvor war ich so nah bei mir selbst; nie zuvor war mein Körper so sehr ich.
Die Zeit spielt keine Rolle.
Sie kennt ihren ungeschminkten Lauf.
Thomas massiert mich und freut sich darüber, dass es mir gefällt. Dann legt er sich neben mich, wir streicheln und küssen uns, und seine Berührungen werden immer intensiver. Ich mag die Geräusche, die er leise von sich gibt, sie klingen unbefangen. Seinen Körper so dicht an meinem zu spüren erregt mich zwar nicht auf sexuelle Art und Weise, aber dennoch berührt er mich mehr als jeder Kunde zuvor. Er hält mich fest im Arm, während meine rechte Hand seinen Penis massiert, immer schneller und heftiger, wie sein Atem.
»Sieh mich an«, flüstert Thomas leise.
Ich lege meinen Kopf ganz nah an seinen, berühre mit kühlen Fingerspitzen sein Gesicht, und während er schließlich erschaudert und erzittert, sehe ich eine Schönheit in seinem Blick, die mich durchdringt, die schmerzt und wispert. So überwältigend, so stark, dass ich beinahe weinen muss.
Für einen langen Augenblick bleiben wir einfach nebeneinander liegen. Meine Gedanken sind still, sie kreisen in der Ferne über etwas, das ich selbst nicht sehen kann und von dem sie mir nicht erzählen. Ich frage nicht weiter nach. Stattdessen lausche ich auf den immer ruhiger werdenden Herzschlag von Thomas.
»Wollen wir noch ein paar Erdbeeren zusammen essen?«, fragt er schließlich.
»Gerne«, sage ich und rekele mich noch einmal auf dem Bett.
Anschließend gehen wir hinüber ins Wohnzimmer, und beim Anziehen unterhalten wir uns, als würden wir einander schon seit einer Ewigkeit kennen.
Kurz darauf sitzen wir wieder auf dem großen Sofa, Thomas schenkt mir Wasser nach und häuft einen kleinen Berg von Erdbeeren in mein Schälchen.
»Lilly«, raunt Ana aus einer Ecke hervor. »Lilly, was verdammt noch mal tust du da?«
Aber sie flüstert es leise, und ich höre kaum hin.
Eine Antwort bleibe ich ihr schuldig.
»Das Leben ist so schön«, sagt Thomas.
Dann lehnt er sich zu mir rüber und gibt mir einen Kuss auf die Wange.
Ich nicke wortlos.
»Und die Zeit mit dir war ganz besonders schön«, fügt er hinzu.
»Die Zeit mit dir auch«, sage ich.
Und das ist keine Lüge.
Zum Abschied drückt
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