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Splitterfasernackt

Splitterfasernackt

Titel: Splitterfasernackt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Lindner
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gefährlicher Killer«, sagt er.
    Also schlüpfe ich schnell in einen Bademantel und laufe dann durch die langen Flure des Passion, vorbei an dem Begrüßungszimmer mit dem riesigen Kronleuchter, den Gang am Mädchenzimmer entlang und um den ständig brummenden Kaffeeautomaten herum bis hin zum Wohnzimmer, wo Marla schon auf mich wartet.
    »Danke«, sage ich zu ihr, »du bist ein Schatz.«
    Marla legt die Zeitschrift, in der sie gerade blättert, zur Seite, steht auf und nimmt mich für einen kurzen Moment in den Arm.
    »Nicht alle Männer gut, Lilly«, sagt sie dann. »Diese Mann neu hier, ich ihn noch nie gesehen. Deshalb ich unsicher und dich nachfragen. Aber du sehen glücklich aus, er also nett zu dir?«
    »Ja«, sage ich, »sehr nett.«
    Dann gebe ich Marla das Geld und gehe wieder zurück in mein Zimmer. Die zweite Stunde vergeht noch schneller als die erste. Aber jede Stunde, in der ich keinen Sex habe, vergeht schneller als eine, in der ich Sex habe.
    Das ist meine Version der Relativitätstheorie.
    Max erzählt mir von seinem geplanten Urlaub und von Köln, seiner Heimatstadt, in der er bis vor kurzem noch gelebt hat. Dann küsst er mich ein letztes Mal, seine Zärtlichkeit berührt keinen Teil von mir, aber ich suche trotzdem nach der passenden Beschreibung für einen Kuss, der sich schön anfühlt, und gleichzeitig so belanglos ist, dass er gar nicht zählt.
    Wie ein raumloses Echo.
    Ein stummer Nachhall.
    Bevor er geht, gibt Max mir noch hundert Euro Trinkgeld. Ich schüttele den Kopf und will das Geld nicht annehmen, aber er besteht darauf.
    »Deine Telefonnummer kannst du mir nicht geben, oder?«, fragt er zum Abschied.
    »Es tut mir leid …«, fange ich an zu erklären.
    »Schon gut, ich verstehe das«, unterbricht Max mich und zuckt mit den Schultern.
    »Aber es war wirklich sehr schön mit dir«, sage ich und umarme ihn.
    »Ja, das war es«, flüstert Max. »Alles Gute, Lilly, ich werde dich nie vergessen.«
    Ich hätte lügen können. Ich hätte sagen können: »Ich dich auch nicht«.
    Aber die Wahrheit ist: Wenn ich ihm eine Woche später auf der Straße begegnet wäre, dann hätte ich ihn höchstwahrscheinlich nicht einmal erkannt.
     
    Ich will keine Herzen brechen. Bestimmt nicht. Und ich habe nicht vor, mich je wieder in eine Beziehung zu stürzen, solange ich nicht etwas über mich weiß, das ich mit unbeschwerten Worten aussprechen kann, ohne dabei zu Boden blicken zu müssen und ohne anschließend zehn Lügen anhängen zu wollen.
    Zurzeit habe ich viele weiche Momente, sie streifen mich wie ein verspielter Windzug, sie zerzausen meine Haare und streicheln freundlich über meine Wangen. Solche Tage hatte ich das letzte Mal als Kind, ich erinnere mich nicht mehr daran, aber ich weiß, dass es so sein muss, denn das Gefühl kommt mir bekannt vor.
    Dann plötzlich, von einer Sekunde auf die nächste, wechselt meine Stimmung wieder zurück in den Keller. In
diesen einen
Keller. Nicht in irgendeinen.
    Die Schwankungen sind so überraschend, so extrem, dass ich mit meinen Empfindungen gar nicht hinterherkomme. Wie in einem schlecht geschnittenen Film stolpere ich von zuversichtlich und einigermaßen ruhig in ein großes dunkles Loch, das mich komischerweise blendet, bis meine Augen anfangen zu jucken, und schon stehe ich vor einer grünen Ampel und warte darauf, dass sie auf Rot umschaltet, damit ich loslaufen kann. Mitten hinein in den Gegenverkehr. Oder Oralverkehr. Und Spermastau.
    Manchmal habe ich leise Gefühle, dann ist alles okay, nicht schön, aber auch nicht schrecklich. Es ist auf jeden Fall besser, als auf dem offenen Meer zu treiben und von dem Hoch und Runter seiner eigenen Stimmungen seekrank zu werden.
    Den Menschen, die mir nahe sind, würde ich wirklich gerne erklären, wie es ist, ich zu sein. Nicht als Entschuldigung, einfach nur, damit sie verstehen, was nicht einmal ich verstehen kann. Aber Chase und Lady sind die Einzigen, die mich mitsamt den Falltüren in meinem Gehirn kennen. Und Caitlin war die Einzige, die mir in die Augen sehen konnte und dann Sachen über mich wusste, die ich ihr nie erzählen konnte. Sie hat mir die Antworten gegeben, auf Fragen, die ich ihr nie gestellt habe, und sie hat schweigend neben mir auf dem Teufelsberg gesessen und trotzdem alles gesagt, was ich hören wollte. Jetzt schwimmen eine Holzente und ein bunter Gummiball auf ihrem Grab, und ich bin alleine.
    Man sollte meinen, mit der Zeit wird alles leichter, aber ich warte immer noch darauf,

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