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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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verbringen und nicht Maikes Lästereien zuhören und mir von ihr Kuchenreste aus dem Gesicht bürsten lassen.
    Ich drehte mich zu ihr um. »Maike, das - das mit uns, diese Un­ternehmungen, das passt nicht. Ich fühle mich hier nicht wohl.«
    »Hä?« Maike grinste mich verständnislos an. »Was redest du da? Entspann dich doch mal. Benni kommt später auch noch. Und viel­leicht Nadine und Lotte, wenn sie zurück sind.«
    »Genau«, erwiderte ich. »Das ist das, was nicht passt.«
    Maike schüttelte den Kopf und rückte abwesend ihren BH zu­recht.
    »Ich versteh nicht, was du meinst, Ellie.«
    »Ach, Maike, es ist wirklich nett, dass du immer wieder versuchst, etwas mit mir zu unternehmen, aber - ich glaube nicht, dass wir beste Freundinnen werden oder so. Ich mag dich, aber ...« Du re­dest mies über Colin.
    Maike lachte schallend und drehte sich kurz von mir weg. Irgend­wie sah sie verärgert und belustigt zugleich aus. Was war plötzlich los mit ihr?
    »Beste Freundinnen«, äffte sie mich nach. »Weißt du was, Ellie? Ich tu das alles nicht nur aus Spaß an der Freude. Benni hat mich gebeten, mich um dich zu kümmern. Und ich mag ihn. Deshalb.«
    Sie rückte etwas näher an mich heran. Ihre Augen wurden klein.
    »Er gehört mir, verstanden?«
    »So. Ich dachte, er gehört Lotte«, entgegnete ich kühl.
    Maike lachte hart auf. »Heute Morgen hab ich echt gedacht, man kann sich auf dich verlassen. Und vielleicht Spaß haben. Aber dann stehst du hier rum, steif wie ein Ölgötze, und lachst nicht ein ein­ziges Mal. Du machst es einem wirklich schwer.«
    »Tut mir leid, Maike. Das ist einfach nicht meine Welt. Viel Glück mit Benni«, sagte ich betont freundlich und drehte mich um. Ich wollte nur noch nach Hause und mich in mein Bett verkriechen. Mit einem schnellen Blick vergewisserte ich mich, dass Colin nicht mehr da war. Nein. Weit und breit kein schwarzer Schatten zu sehen. Als ich zur Haltestelle lief, kochte der Ärger heiß hinter meiner Stirn und konnte doch das Frösteln auf meinem Rücken nicht mindern. Im Bus blies mir die Klimaanlage modrige, aber unangenehm kalte Luft in den Nacken.
    Schon beim Essen begann mein Hals zu kratzen. Der kurze, ober­flächliche Mittagsschlaf machte es nicht besser, nur schlimmer. In­zwischen hatte sich die schleichende Kälte auf meiner gesamten Wirbelsäule ausgebreitet und meine Muskeln schmerzten dumpf. Ich kannte diese Symptome genau. Sie kamen mir fast recht. Die Kursarbeitswoche lag hinter mir; in den kommenden Schultagen standen nur Projekte und die Schulfestvorbereitung an. Ich konnte, ja, ich durfte sogar krank sein.
    Nein. Kein Besuch bei Colin. Ausgeträumt. Colin sah mich nicht mehr. Und für Maike war ich nur ein Spielball gewesen, damit sie bei Benni punkten konnte. Ich kochte mir eine Kanne von Mamas grässlichem Tee und zog mir in meinem Bett zitternd die Decke über die klammen Schultern.
    Nachts suchte mich das Fieber heim, unerbittlich wie immer, wenn ich krank war - stärker als bei jedem anderen Menschen, den ich kannte. Es schüttelte mich gerade mit unbarmherziger Härte, als Papa zu mir ins Dachzimmer trat und kalte Wadenwickel auf meine Beine legte. Meine Kehle brannte und meine Augen schienen sich in meinen dröhnenden Schädel hineinfressen zu wollen.
    Innerhalb weniger Minuten hatte das Fieber die Wickel erwärmt, ohne dass sie mir Linderung verschaffen konnten. Ich schluckte bittere Tabletten und sank erschöpft in einen schweißnassen, hitzi­gen Schlaf.
    Das Hämmern in meinen Schläfen verwandelte sich in die elasti­schen Tritte von Louis’ Hufen und aus dem Nebel des Fiebers trabte er noch einmal auf mich zu, langsam und schwebend wie in Zeitlu­pe. Doch nun blickte Colin nicht ins Nirgendwo. Er blickte mich an, mich, nur mich, und seine Augen waren blaugrünes Eis, das meine Stirn und meinen heißen Nacken zu kühlen begann.
    »Ruh dich aus. Ich bin bei dir.«
    Colin? War das Colins Stimme gewesen? Ich hatte sie so lange nicht mehr gehört. Oder war es doch Papa, der bei mir wachte und mich zu trösten versuchte? Mühsam schlug ich die Augen auf und sah mich um. Ich war allein. Draußen graute der Morgen, doch noch sangen die Vögel nicht. Das Fieber war zurückgegangen. Ich drehte das Kopfkissen auf die andere Seite und bettete mein glü­hendes Gesicht in die duftigen, kalten Federn.
    Colin war bei mir. Und ich würde bald bei ihm sein. Bald.
     
Heilung
     
    Es war keine Erkältung. Es waren die Windpocken. Schon am ersten Tag

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