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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Tür auf und ließ die Jalousien des Wintergartens herunter.
    Okay, Frühstück. Frühstück? Oh nein. Wie sollte ich mich die kommenden Tage überhaupt ernähren? Der Bäckereiwagen kam erst wieder am Mittwoch ins Dorf und der nächste Supermarkt war sieben Kilometer entfernt. Wie ich Papa kannte, hatte er vor der Ab­reise alle verderblichen Vorräte entweder verbraucht oder an die Nachbarn verschenkt. Er hasste es, wenn er aus dem Urlaub zurück­kehrte und sich die Vorratskammer in ein Biotop verwandelt hatte.
    Entmutigt öffnete ich den Kühlschrank. Ich rechnete mit gähnen­der Leere, doch bei dem Anblick, der sich mir bot, blieb mir die Luft weg. Ich fühlte mich wie Alice im Wunderland. Ordentlich stapelten sich Plastikvorratsdosen übereinander. In der Tür standen Säfte und Mineralwasser, das Gemüsefach war prall gefüllt mit Salat, To­maten, Gurken und Paprika. Ebenfalls im Angebot: Schokolade, Toastbrot, zwei Fertiggerichte, eine Palette Joghurts, Milchdrinks, Schinken und Käse. Der Italienurlaub meiner Eltern musste ja eine sehr spontane Sache gewesen sein.
    Ich vergaß den Gedanken an Brot und Brötchen, als ich hinter den beiden Fertiggerichten eine Vorratsdose mit selbst gemachtem Zimt-Zucker-Milchreis erspähte. Ich zog sie heraus und öffnete vor­sichtig den Deckel. Knisternd segelte ein zusammengelegtes Papier­chen auf die Arbeitsfläche, das nachlässig mit einem Klebestreifen an der Deckelinnenfläche befestigt worden war. Mit einer unguten Vorahnung im Bauch faltete ich den Zettel auseinander.
    »Bitte, bitte pass auf Dich auf. Deine Mama. PS Vielleicht kannst Du ab und zu einen Blick auf die Blumen werfen.«
    Also doch kein Zufall. Ich würgte eine wahre Sturzflut an Tränen herunter. Jetzt bloß nicht wankelmütig werden, ermahnte ich mich. Es gibt keinen Weg zurück. Die beiden Mädels sind schon fast in Frankfurt und Mama und Papa in der Schweiz. Zu spät für Gewis­sensbisse.
    Oh Mama. Sie hatte es gewusst. Oder zumindest für möglich ge­halten. Deshalb ihr Aktionismus bis spät in die Nacht. Sie hatte hin­ter Papas Rücken für mich vorgekocht und Vorräte gehortet und Wäsche gerichtet - für den Fall, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht das machen würde, was man von mir erwartete.
    Wirklich freuen konnte ich mich darüber nicht. Mama war sicher nicht davon ausgegangen, dass ich mich dem Urlaub einfach ver­weigern würde. Aber sie wollte auf alles vorbereitet sein. Damit ich wenigstens genug zu essen hatte, während der böse Mahr mich an­fiel. Oder dachte Mama am Ende gar nicht wie Papa, dass Colin ge­fährlich war? Traute sie mir zu, dass ich schon das Richtige tat?
    Einige ratlose Minuten lang wusste ich selbst nicht mehr, was richtig und was falsch war. Ich wusste nur, dass ich nicht nach Ibiza hätte fliegen können und so tun, als wäre alles super. Vor einem Monat hätte das noch funktioniert. Jetzt war es zu spät.
    Der Milchreis wollte mir nicht recht schmecken. Nach einigen lustlosen Löffeln stellte ich ihn wieder in den Kühlschrank. Ich hät­te gern ein bisschen geweint, aber ich fürchtete, dass ich dann fest­stellen würde, einen Fehler gemacht zu haben.
    Der Briefkastendeckel klapperte. Die Post zu sortieren, kam mir beruhigend bodenständig vor. Ich klaubte den Schlüssel von der Kommode, schnappte mir die Briefe und huschte in den Wintergar­ten zurück. Ich würde sie nachher wieder zurücklegen müssen, denn ich befand mich ja offiziell auf Ibiza. Flüchtig blätterte ich das Bün­del durch. Zwei Rechnungen für Papa, ein Brief von der Klinik, eine Postkarte von Mamas Freundin aus Heidelberg - und ein Brief für mich. Ein Brief für mich? Ein kleiner Stromstoß schien durch meine Finger zu sausen, als ich mit der Hand über den schweren Bütten­umschlag fuhr. Die Schrift mutete altmodisch an und kam mir ver­traut vor: geschwungene, elegante Lettern. Es stand kein Absender drauf. Die dunkelblaue Tinte mit dem leichten Braunstich, die ei­nen herben Geruch verströmte, das hochwertige, aber vergilbte Pa­pier ... Ein Brief von Colin?
    Vorsichtig schlitzte ich mit einem scharfen Messer das Kuvert auf. Es musste Jahre zurückliegen, dass ich meinen letzten richtigen Brief bekommen hatte. Und er war garantiert nicht von einem Mann gewesen, sondern von alternden Verwandten. Was hatte er mir wohl zu sagen? Etwas Schlimmes? Oder wählte er den schriftli­chen Weg, um mir endgültig klarzumachen, dass er mich nicht mehr sehen wollte?
    Ich ließ den

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