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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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nicht siebzehn.«
    »Nein?«, fragte ich, halb verwundert, halb geschmeichelt.
    »Nein«, antwortete er grinsend. »Du hast die Sturheit einer Fünf­jährigen, den Körper einer Fünfzehnjährigen und den Geist einer mindestens Dreißigjährigen. Und deine Augen sind alterslos. Sie haben etwas Ewiges an sich.«
    Waren das nun Komplimente oder nicht? Die Sache mit den Au­gen hatte schön geklungen und ich merkte, dass mir noch ein wenig wärmer wurde. Den Geist einer Dreißigjährigen. Das hingegen klang nicht gerade sexy, erklärte aber wohl, warum ich mit Jenny und Nicole über wichtige Dinge nie hatte reden mögen.
    Colin stand auf und schlenderte kommentarlos in sein Schlaf­zimmer. Schüchtern tappte ich ihm hinterher.
    »Und jetzt?« Ich lehnte mich fragend an den Türrahmen.
    »Du hast kaum geschlafen«, sagte Colin und verscheuchte zwei Katzen vom Bett. »Ruh dich aus.«
    Die Einladung hörte sich verlockend an. Im Zimmer war es dämmrig und milde Luft wirbelte durch das weit geöffnete Fenster.
    »Und dann?«, fragte ich schläfrig.
    »Dann gehen wir mit Louis spazieren«, antwortete Colin seelen­ruhig und führte mich zum Bett. Ich konnte kaum mehr gerade stehen.
    »Nein, das tun wir nicht«, protestierte ich matt und sperrte mich gegen seine Arme, die mich sanft nach vorne schoben. Kurzerhand packte er mich und warf mich aufs Bett. Quietschend gab es unter mir nach.
    »Autsch«, jaulte ich. Ich war auf meine Prellungen gefallen. Stöh­nend hielt ich mir die Seite. Vielleicht war es doch ganz gut, dass Tillmann nicht mehr mein Freund war.
    Kopfschüttelnd setzte sich Colin zu mir aufs Bett und zog mein T-Shirt aus der Hose, ehe ich etwas dagegen unternehmen konnte. Mit sicherem Griff schob er es hoch.
    »Sag mal, was habt ihr beide denn getrieben?«, fragte er ratlos und legte seine kühle Hand auf die pochenden Schwellungen.
    »Ich glaube, Tillmann ist nachtblind. Er hat mich nicht erkannt, als ich ohne Vorwarnung aus dem Gebüsch auf ihn zusprang und ihm die Karte aus der Hand reißen wollte. Und dann hat er sich eben verteidigt.«
    Colin tastete die zweite Prellung ab. Ich musste mich beherrschen, um nicht zu lachen. Seine kalten Fingerspitzen jagten kleine Schau­er über meine Haut. Ob Tillmann sogar gewollt hatte, dass ich ihn erwischte? Colin schien ihm irgendwie wichtig zu sein. Doch der war mit seinen Gedanken bei meinen Blessuren.
    »Ich habe dir ja gesagt - beizeiten können ein paar Kampftech­niken nicht schaden«, erinnerte er mich an den Abend nach meiner unfreiwilligen Turnhallengefangenschaft.
    »Warum machst du eigentlich Karate?«, fragte ich ihn. »Ich mei­ne, als Nachtmahr hast du so etwas doch gar nicht nötig, oder?«
    Colin blickte zu dem seidigen schwarzen Kimono, der schlaff über der Stuhllehne hing.
    »Ich mache es nicht, um mich zu verteidigen, obwohl das natür­lich ein nützlicher Nebeneffekt ist. Nein. Es hat andere Gründe. Weißt du, was mein Gürtelgrad bedeutet?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Maike sagte, du hättest ihn dir irgendwie erlogen oder erkauft...«
    »Ja, natürlich«, schmunzelte Colin und schüttelte entgeistert den Kopf. »Das funktioniert auch unglaublich gut, wenn man die Prü­fungen in einem chinesischen Kloster auf 2000 Meter Höhe ablegt. Mönche kann man ja so prima bescheißen. Glaub mir, die Kurse dort waren sogar für mich hart. Die meisten Teilnehmer haben schon nach dem ersten Tag aufgegeben.«
    Er griff nach dem Kimonooberteil, bettete es auf seine Knie und strich fast ehrfurchtsvoll über den roten Drachen, der sich mit aus­gebreiteten Schwingen über den Rücken wand.
    »Meister der Stille. Das ist die Bedeutung der hohen Dan-Grade. Und das habe ich noch lange nicht erreicht.«
    Meister der Stille. Das klang schön. Es klang nach Tiger and Dra­gon.
    »Ich mache Kampfsport, weil es mir hilft zu träumen. Tagträu­men. Das nächtliche Träumen habe ich seit Tessa verlernt. Kampf­kunst basiert auf Meditation und Konzentration. Manchmal gelingt es mir durch langes Meditieren, wieder von alleine in Tagtraum­welten zu versinken oder an anderen Seelen zu schnuppern, ohne ihnen etwas anzutun.«
    Er lächelte mich vorsichtig an. So wie bei mir also, dachte ich und sah in seinen Augen, dass es stimmte. Geschadet hatte es mir nicht. Aber mein besseres Gehör, mein geschärftes Sehvermögen, meine verrücktspielenden Haare - hatte das alles mit Colins heimlichen Seelenbesuchen zu tun?
    »Reiten und Kampfkunst sind bei den Samurai übrigens

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