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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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aus der Erde. Das Schild »Keine Hausierer, keine Werbung, keine kostenlosen Zeitungen« war nicht zu übersehen.
    Slater läutete und klopfte zur Verstärkung.
    Keiner kam.
    Kein Radio, kein Fernseher waren zu hören.
    Sie waren schon dabei zu gehen, als sie Schritte auf der Treppe hörten.
    Zwei Riegel und eine Kette: Vorsicht ist besser als Nachsicht.
    Der Mann in der Türöffnung trug einen braunen Overall mit Ölflecken auf der einen Seite; er war etwa einen Meter fünfundsiebzig groß, bestenfalls Ende fünfzig, hatte ein rundes Gesicht und schüttere rote Haare. »Hab Sie zuerst nicht gehört, ich hab nämlich die Isolierung von ein paar Leitungen auf dem Dachboden erneuert. Wie kann ich Ihnen helfen?«
     
    Will war in einer Besprechung, wie es leider inzwischen immer häufiger der Fall war. Neue Direktiven des Innenministeriums zu Ermittlungsarbeit und Aufklärungsraten. |185| Noch mehr Papierkram. Schaufensterdekoration. Es gab Kaffee, aber keine Kekse.
    Helen hörte Milne und Slater voller Interesse zu.
    »Warum hat der Mann es nicht schon früher gemeldet?«, fragte sie.
    »Er war weg«, sagte Milne. »Schon bevor das überhaupt passiert ist. Tirol, Mittelrheintal und Bayern. Offenbar mit dem Zug. Hat nur noch gefehlt, dass er uns die Fahrpläne zeigt.«
    »Er ist unten?«
    Milne nickte.
    »Fenwick? Das ist sein Name?«
    »Richard Fenwick«, sagte Slater.
    »Am besten bringen Sie ihn nach oben. Ach, übrigens: gute Arbeit, alle beide.«
    Beide Männer trugen ein Lächeln im Gesicht, als sie weggingen.
    Helen hatte Wills leeres Büro mit Beschlag belegt, und Fenwick sah sich mit einer Mischung aus Neugier und leichter Nervosität um. »Ist das allererste Mal, dass ich in einer Polizeidienststelle bin«, sagte er.
    Er hatte sich umgezogen und trug statt des fleckigen Overalls dunkle Hosen und ein graues Tweedjackett, in dem er noch einmal fünf Jahre älter aussah.
    Helen lächelte. »Manchmal wünschte ich, ich könnte das Gleiche sagen.«
    Fenwick nickte verständnisvoll. »Ihre Arbeit ist bestimmt nicht leicht. Besonders heutzutage.«
    »Ich denke, sie war noch nie leicht«, sagte Helen ausweichend. »Nur die Schwerpunkte ändern sich.«
    Fenwick ließ sich nicht von seinem Gedanken abbringen. »Wenn man ins Ausland reist, und das mache ich oft, besonders seit   … nun, seit ich allein bin   … scheinen sie dort |186| nicht die gleichen Probleme zu haben wie wir. All diese Saufgelage. Die Drogen. Die Überfälle.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Helen. »Nehmen Sie mal die Durchschnittstouristen, die zu uns kommen. Aus Japan, zum Beispiel. Aus Deutschland. Was sehen die? Gebäude aus dem zwölften Jahrhundert. Verträumte Türme. Die heruntergekommenen Sozialsiedlungen sehen sie nicht, auch nicht die Jugendlichen, die vor Einkaufszentren Zehn-Pfund-Deals abwickeln. Sie sehen, was sie sehen wollen.«
    »Das stimmt wahrscheinlich. Aber trotzdem   …«
    Helen beschloss, den Rest des allzu vertrauten Lamentos im Keim zu ersticken. »Sie haben den Beamten erzählt, Mr Fenwick, dass Sie gesehen haben, wie jemand bei Stephen Bryans Haus herumgelungert und sich verdächtig verhalten hat.«
    »Ja, genau. Am Dienstag. Dienstagnachmittag.«
    »Um welche Zeit?«
    »Ach, es muss gegen vier gewesen sein. Bestimmt nicht später als halb fünf.«
    »Kannten Sie Stephen Bryan gut?«
    »Nicht besonders gut. Das würde ich nicht sagen. Wir haben uns beim Vornamen genannt, wie Nachbarn das eben tun, wissen Sie? Sein Haus grenzt mit der Rückseite praktisch an meins. Vielmehr die Gärten. Wir haben manchmal ein paar Worte geredet, wenn wir beide gleichzeitig draußen waren.« Fenwick beugte sich ein wenig über den Tisch. »In der letzten Zeit war mir natürlich aufgefallen, dass er sich sehr um das Abflussrohr auf der Hinterseite gekümmert hat, und deshalb habe ich ihn eines Tages gefragt, was los sei. Ich dachte, ich könnte vielleicht helfen, verstehen Sie? Anscheinend gab es weiter hinten eine Verstopfung. Im Hauptabwasserrohr. Das ganze Abwasser hatte sich gestaut |187| und war kurz vorm Überfließen. Das war ein Gestank, kann ich Ihnen sagen. Durchdringend.«
    Warum muss ich mir das anhören?, fragte sich Helen.
    »Offenbar«, fuhr Fenwick unbeirrt fort, »hatte er sich bereits an die Wasserwerke gewandt, und obwohl sie zugegeben hatten, dafür zuständig zu sein, waren sie nicht dazu zu bringen, vorbeizukommen und sich darum zu kümmern. Na ja, Sie können sich das ja vorstellen. Wenn man da anruft, hängt man

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