Splitterndes Glas - Kriminalroman
eine Stunde in der Warteschleife und hört eine sehr schlechte Aufnahme der ›Vier Jahreszeiten‹, und wenn man dann endlich durchkommt, spricht man mit jemandem in Bombay bzw. Mumbai, der beim besten Willen nicht den Schimmer einer Ahnung hat, wie er einem helfen kann.«
Helen verzog das Gesicht zu einem kurzen verständnisvollen Lächeln. Komm zur Sache, Mann.
»Ein paar Tage nach unserem Gespräch«, sagte Fenwick, »kam Stephen bei mir vorbei. Die Leute vom Wasserwerk hatten versprochen, an diesem Morgen jemanden vorbeizuschicken, aber er musste weg und fragte, ob er den Schlüssel bei mir lassen könne. Er hatte einen Zettel an die Tür gemacht, wo sie sich melden sollten. Natürlich sagte ich: Ja, geht in Ordnung.«
»Und ist jemand gekommen?«
»Nein. Kein Mensch. Am Ende war es so, dass ich selbst kurz weggehen musste. Inzwischen war es längst Nachmittag, und ich dachte, jetzt kommt bestimmt keiner mehr. Aber als ich dann am Ende von Stephens Straße vorbeikam, warf ich zufällig einen Blick auf das Haus und sah einen Mann, der gerade durch die Pforte ging. Also ging ich natürlich hin und fragte ihn, ob er von den Wasserwerken sei. Das verneinte er klar und deutlich. In Wirklichkeit war er ziemlich aggressiv. Ich möchte die genauen Worte nicht |188| wiederholen, aber sie liefen darauf hinaus, dass ich mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern solle und dass es mich nichts angehe, was er da tue.«
»Und was passierte dann?«
Fenwick rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Ich sagte, es sei nicht notwendig, so mit mir zu sprechen, und er sagte – nun, Sie können sich vorstellen, was er sagte, und auch, welche Ausdrücke er benutzte –, also ging ich los und machte weiter mit dem, was ich zu erledigen hatte.«
»Und der Mann?«
»Ich habe mehrmals zurückgesehen. Immer nur kurz. Heutzutage weiß man ja nie. Die Leute sind so schnell beleidigt, wissen Sie, diese Verkehrsrowdys und so, da wollte ich ihn nicht weiter provozieren.«
Provozieren?, dachte Helen. Das ist ja die Härte. »Was haben Sie gesehen?«, fragte sie.
»Er blieb eine Weile im Vorgarten stehen, nachdem ich gegangen war. Sah einfach am Haus hoch. Und dann ging er, stellte sich auf die gegenüberliegende Straßenseite und sah noch immer hoch. Er blieb noch ein paar Augenblicke dort, und dann ging er weg.«
»In welche Richtung?«
»In die andere, Gott sei Dank. Ich sah ihn um die Ecke biegen, und dann war er verschwunden. Ich nahm an, dass er zu seinem Wagen ging.«
»Aber Sie haben keinen Wagen gesehen?«
»An dem Tag nicht. Nein.«
Helen atmete tief durch. »Fahren Sie fort.«
»Es war zwei Tage später«, sagte Fenwick, »einen Tag, bevor ich in die Ferien fuhr, um genau zu sein. Ich war in der Stadt gewesen, um eine neue Thermosflasche für die Reise zu kaufen, und gerade, als ich die Straße überquerte – die Kreuzung, wo Stephens und meine Straße aufeinandertreffen |189| –, kam dieses Fahrzeug aus Stephens Straße und raste direkt auf mich zu. Viel zu schnell für eine Wohngegend. So ein riesiges Teil, wie es die Leute heute fahren. Völlig ungeeignet für die Stadt.«
»Ein SUV?«
»Heißen die so?«
»Ein großer Wagen mit Vierradantrieb?«
»Ja. Range Rover und dergleichen. Und da saß der Mann hinter dem Steuer.«
»Sind Sie sicher, dass es derselbe Mann war?«
»Absolut sicher.«
»Hat er Sie erkannt?«
»Ich weiß es nicht. Schwer zu sagen. Wenn ja, hat er sich das nicht anmerken lassen. Er hat nur gebremst und ist ausgewichen. Ich sprang zurück, und dann war er weg.«
»Und Sie erinnern sich an keine weiteren Einzelheiten des Fahrzeugs?«
Fenwick schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, nein. Ich habe mich nie für Autos interessiert. Eisenbahnen, die sind mehr mein Ding.«
»Wie steht es mit der Farbe? Erinnern Sie sich daran?«
Fenwick überlegte. »Mit Sicherheit dunkel. Eine Art Khaki vielleicht? Schlammgrün?« Er lächelte. »Das ist nicht besonders hilfreich, oder?«
Helen lächelte ermutigend zurück. »Ganz im Gegenteil. Warum konzentrieren wir uns nicht auf den Mann?«
»Eine Beschreibung, meinen Sie?«
Helen nickte.
»Nun, er war recht groß, wie gesagt. Nicht unbedingt eins achtzig, aber nicht viel kleiner. Und gut gebaut. Vielleicht hundertfünfzig, hundertsechzig Pfund schwer, würde ich denken. Tut mir leid, aber ich hab mich noch immer nicht an Kilo gewöhnt.«
|190| »Das macht doch nichts.«
Fenwick zögerte. »Ich habe Schwierigkeiten, sein Alter zu schätzen.
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