Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
habe vorhin mit jemandem hier gesprochen.«
    Nach mehreren Sekunden ertönte der Summer, und sie schob die Tür auf. Ein mit Teppich belegter Eingangsbereich, |245| an den Wänden geschmackvolle Drucke, weiter hinten eine Treppe, die einladend nach oben führte. Zur ihrer Rechten eine Tür, auf der Empfang stand. Lesley klopfte und trat ein.
    Noch mehr Teppich, aber hochfloriger und in einer anderen Farbe. Gemälde, keine Drucke an den Wänden. Eine idealisierte Darstellung der Burg; ein paar idyllische Aussichten auf den Trent, vom Südufer aus gesehen: Ruderer, Schwäne, Paare, die auf einer von Bäumen gesäumten Allee schlenderten. War das auch ein Gelände, das Prince voraussichtlich erschließen würde? Ein neuer dicker Brocken?, spekulierte Lesley.
    Die Frau hinter dem Schreibtisch blinzelte zweimal, dann ließ die Anstrengung sie seufzen.
    »Ich bin gekommen, um Mr Prince zu sprechen«, sagte Lesley, als sie schon Schritte hinter sich hörte.
    »Miss Scarman?«
    Ein Mann von Mitte vierzig mit hagerem Gesicht, das wie holzgeschnitzt aussah, und einer randlosen Brille vor den blassblauen Augen. Dünne Lippen. Sein dunkler Anzug hatte fast die gleiche Farbe wie die Krawatte, sein Hemd sah aus, als wäre es fünf Minuten zuvor gebügelt worden. Adrett war vielleicht das richtige Wort. Eines der richtigen Wörter.
    »Raymond James, Miss Scarman, Mr Princes Assistent. Wenn Sie sich mehr Informationen erhoffen, als ich Ihnen vorhin geben konnte, verschwenden Sie Ihre Zeit, fürchte ich.«
    »Mehr«, sagte Lesley, »ist etwas übertrieben, finden Sie nicht auch, Mr James?«
    Das brachte ihr ein kleines herablassendes Lächeln ein.
    »Howard Prince«, sagte Lesley, »ist das hier seine Firma? Immer noch, meine ich.«
    |246| »Ich weiß nicht, ob ich Sie verstehe.«
    »Er hat sich nicht zur Ruhe gesetzt, in sonnigere Gefilde begeben? Er hat nicht verkauft?«
    »Keineswegs.«
    »Das heißt, er zeigt Interesse an der Firma?«
    »Natürlich.«
    »Ist aktiv?«
    »Ausgesprochen.«
    Lesley warf einen Blick hinter sich auf die Tür. »Dann ist er jetzt hier, stelle ich mir vor?«
    »Ich fürchte, das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Es würde nur einen Moment dauern   …«
    »Miss Scarman   …«
    »Eine Minute seiner Zeit.«
    »Miss Scarman, ich muss Sie leider bitten, jetzt zu gehen.«
    Lesley vermutete, dass die Empfangsdame die Kraft gefunden hatte, auf einen Knopf unter ihrem Schreibtisch zu drücken. In kürzerer Zeit, als sie brauchte, um eine neue Frage zu formulieren, erschienen zwei junge Männer hinter James. Sie waren schlank und lächelten. Die Haare kurz und ordentlich, die Hemdmanschetten zurückgeschlagen. Wenn sie an ihrer Schwelle aufgekreuzt wären, hätte sie sie für Mormonen gehalten, die Gottes Wort verbreiten wollten.
    James bedachte sie mit einem überlegenen Sie-hättenauf-mich-hören-sollen-Blick. Jeden Augenblick, dachte Lesley, wird er sagen: »Miss Scarman wollte gerade gehen.«
    Er sagte es.
    Einer der jungen Männer berührte sanft ihren Arm unterhalb des Ellenbogens und sie schüttelte ihn ab. Sie nahm eine Visitenkarte aus ihrer Tasche und hielt sie James hin, der kaum eine andere Wahl hatte, als sie zu nehmen.
    |247| »Bitte, sagen Sie Mr Prince, dass ich hier war. Wenn er gerne über den Film seiner Tochter mit mir sprechen möchte, bin ich unter einer dieser beiden Nummern zu erreichen. Und vielen Dank für Ihre Mühe.«
    Kein Lächeln.
    Sie ging zwischen den beiden jungen Männern hindurch, hinaus in den kurzen Korridor und durch die Tür, die automatisch aufsprang, als sie sich näherte. Hatte der Rummel um Natalie Princes Neigung zu Fehlverhalten die Firma ihres Vaters besonders vorsichtig im Umgang mit neugierigen Medien gemacht – oder gab es vielleicht ganz andere Gründe dafür?
    Die Luft draußen war kalt und frisch, und Lesley wollte einen kleinen Spaziergang auf dem Gelände der Burg machen, bevor sie zur Arbeit zurückkehrte.
    Sie kaufte sich in der Cafeteria einen Kaffee, setzte sich und hing ihren Gedanken nach. Sie waren etwas zusammenhanglos. Wahllose Ideen und Vorstellungen schossen ihr durch den Kopf, ohne dass sich ein wirkliches Bild ergab. Als sie ihren Kaffee ausgetrunken hatte, trat sie nach draußen auf die Terrasse, lehnte sich an die Steinbalustrade, sah hinüber auf die neuen Bürogebäude auf der anderen Seite des Kanals und zu den strahlend grünen Dächern der Bezirksverwaltung am Ufer des Trent. Hinter diesen konnte sie das dunklere Grün der Felder zu

Weitere Kostenlose Bücher