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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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heute Morgen?«
    »Ganz gut«, sagte Will. »Ist Jake da?«
    »Ja. Warum?«
    »Vielleicht ist er schon im Bett, wenn ich komme.«
    »Möchtest du mit ihm sprechen?«
    »Ja, bitte.«
    Er hörte einen kurzen Wortwechsel und dann: »Hier ist er.«
    »Hallo, Jake«, sagte Will.
    »Daddy«, sagte sein Sohn fröhlich.
    »Was hast du heute so gemacht?«
    Mit hochgeschlagenem Kragen ging Will weiter, während er über Malen mit Fingerfarben auf dem Laufenden gehalten wurde, über Pausenaktivitäten und Freunde, echte und ausgedachte.
    |239| »Hör zu, Jake, ich muss jetzt Schluss machen. In Ordnung?«
    Stille.
    »Du bist wahrscheinlich schon im Bett, wenn ich nach Hause komme.«
    Nichts.
    »Wenn du schon schläfst, gebe ich dir einen Kuss.«
    »Gib Puppy einen Kuss«, forderte Jake ihn jetzt auf.
    »Natürlich. Ich gebe Puppy auch einen Kuss.«
    »Und Brian.«
    Brian war der Name, den Jake aus irgendeinem Grund seinem Stofflöwen gegeben hatte.
    »Brian auch«, sagte Will. »Wenn Mummy noch da ist, gibst du sie mir noch mal?«
    Nach ein paar weiteren Worten mit Lorraine steckte Will sein Handy wieder in die Tasche und beschleunigte seinen Schritt. Der Regen wurde schwächer und der Wind ließ nach. Seine Fahrt nach Hause würde vielleicht doch nicht so unangenehm werden, wie er befürchtet hatte.
     
    Helens Eltern saßen nicht an ihrem Bett. Stattdessen ein Mann, den Will nie zuvor gesehen hatte. Mitte, Ende dreißig, braune Lederjacke, Jeans, volles blondes Haar, das vorne am Scheitel in die Höhe stand und leicht auf die eine Seite fiel. Seine Hand auf der Bettdecke lag direkt neben Helens Hand, ohne sie aber zu berühren. Helens Augen waren geschlossen, und es war unmöglich, festzustellen, ob sie schlief oder nicht.
    Will blieb vor der Glaswand stehen und sah hinein, bis der Mann neben dem Bett ihm den Kopf zuwandte.
    Nein, dachte Will. Dieses Gesicht kenne ich wirklich nicht.
    Einige Sekunden lang starrten sie sich an, dann erhob |240| sich der Mann halb vom Stuhl, beugte sich zu Helen und küsste sie sanft auf die Wange.
    Beim Hinausgehen sah er Will in die Augen und ging weiter, ohne ein Wort zu sagen. Will sah ihm nach, als er die Station verließ, dann trat er ins Zimmer. Er wollte Helen nicht wecken und setzte sich so leise wie möglich hin.
    Als sie sprach, öffnete sie ihre Augen nicht, und ihre Stimme erschreckte ihn.
    »Will?«
    »Ja?«
    »Ich möchte nicht, dass er noch einmal herkommt.«
    »Wer ist das?«
    »Ist nicht wichtig. Ich will ihn nicht wieder hier haben, das ist alles.«
    »Ich sehe nicht, wie   …«
    »Sag es ihm. Bitte, Will. Sag ihm, dass er nicht kommen soll.«
    Will holte den Mann ein, als dieser durch den Haupteingang hinausging. Will fiel ein paar Schritte zurück und folgte ihm zu seinem Auto. Als er gerade einsteigen wollte, ging Will schneller, legte eine Hand auf die Autotür und hielt sie zu.
    »Was?«, sagte der Mann. Sein Gesicht zeigte keine Nervosität, aber seine Hände waren zu Fäusten geballt.
    »Sie will Sie nicht wiedersehen.«
    »Wer sagt das?«
    »Sie sagt es. Helen. Alles klar? Kommen Sie nicht zurück. Haben wir uns verstanden?« Will trat von dem Wagen zurück.
    Der Mann lächelte mit den Augen; seine Augen waren blau. »Und wenn ich doch komme?«
    »Tun Sie es nicht«, sagte Will. »Lassen Sie es sein.«
    Das Lächeln flackerte und verschwand; mit einem beinahe |241| lässigen Kopfnicken stieg der Mann in sein Auto, drehte den Schlüssel in der Zündung, und ohne Will eines weiteren Blickes zu würdigen, fuhr er rückwärts aus der Parklücke und dann langsam davon.
    Eine der Schwestern war dabei, Helen auf ihren Kissen ein wenig höher aufzusetzen, als er in die Station zurückkehrte.
    »Wer war das?«, fragte Will.
    »Ich sagte doch, es ist nicht wichtig.«
    »Es war wichtig genug, dass ich ihn verscheuchen sollte.«
    »Lass es einfach auf sich beruhen.«
    »Na gut.«
    Etwa zwanzig Minuten sprachen sie stockend über den Fortgang der Ermittlung. Er wusste nicht, wo ihre Eltern gewesen waren, aber als sie zurückkamen, verabschiedete Will sich und versprach, am nächsten Tag wiederzukommen.
    Jake war tatsächlich im Bett, als er nach Hause kam, Susie dagegen war noch wach und quengelte. Will küsste seine Frau und seine Tochter und dann seinen Sohn, brach allerdings sein Versprechen, den Stoffhund und den Löwen zu küssen. Nach dem Essen sahen Lorraine und er eine Stunde lang eine hirnlose Sendung im Fernsehen, dann gingen sie früh zu Bett. Dieses Mal war es

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