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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Igrydes hinweg, kroch an ihren durchnässten Hosenbeinen empor. Sie keuchten. Ihre Schwerter fielen zu Boden und bohrten sich in den weichen Grund. Dann taumelten sie, Blut auf den Lippen. Ihre Schreie waren unmenschlich.
    »Was ist das?« Tarnac keuchte. »Es ist überall … überall …«
    Überall auf dem Schlachtfeld rann die Schwärze auf die Kämpfenden nieder. Ihre Bewegungen verlangsamten sich. Das Waffengeklirr erstarb. Nur die Schreie blieben, aber sie waren durchdringender, schriller als zuvor.
    Auch Eshandrom wurde von einem Husten geschüttelt. Sein Herz verkrampfte sich vor Furcht. Und doch raffte er sich auf, wankte mit erhobenem Schwert auf Tarnac zu. Mit einem wütenden Schrei hieb er nach dem gyranischen König. Tarnac wich aus, riss die eigene Klinge empor. Ein glühender Schmerz zuckte durch Eshandroms Brust. Er stürzte. Erbrach schwarzen Schleim, als sein Kopf in den Schlamm glitt.
    »Wir müssen … es zu Ende führen«, hörte er Tarnac stöhnen. »Es liegt … nicht in unserer Macht … wer lebt und wer stirbt … aber nur einer von uns … kann herrschen …«
    Sein Schwert teilte die Schwärze. Sie zerstob in der Luft zu trüben Klecksen, die auf die Könige herabsprühten. Das Licht um sie erlosch. Der Kampflärm verstummte. Grausige Stille. Undurchdringliche Schwärze. Die Schlacht war vorbei.
     
    Aelarian Trurac zitterte am ganzen Leib. Seine Glieder waren wie gelähmt, die Lippen taub. Ununterbrochen wisperte er die Worte des Schutzzaubers, und Mondschlunds Magie half ihm, dem Hauch von Nekon zu widerstehen. Er umfloss den Großmerkanten, kroch in seinen Mund, aber er konnte ihm nichts anhaben, noch nicht …
    »Der Zauber des Tödlichen Atems«, keuchte er. »Wie viel Zeit bleibt mir, bis er mich in die Knie zwingt?«
    Er spürte die Treppenstufen unter den Füßen. Für einen kurzen Augenblick wusste er nicht, welcher Richtung er folgte, ob er aufwärts oder abwärts schritt. Seine Finger krallten sich um das Tau neben der Treppe. Er musste plötzlich an die Insel Tyran denken, wo er die zerfallenen Stufen zu Kahidas Palast herabgestiegen war. Er hörte das helle Lachen des Mädchens, rief sich Kahidas Gesicht in Erinnerung und ihre Abschiedworte.
    Das Zeitalter der Wandlung endet, die Zauberer verlieren ihre Macht. Es wird eine Zeit kommen, in der ihr Menschen euch ganz von der Sphäre befreit. Glaube nur fest daran, Aelarian.
    Er hustete. Die Schwärze war so dicht, dass er nichts erkennen konnte. Er tastete sich behutsam voran. Spürte schließlich die letzte Stufe unter den Füßen.
    Um ihn lichteten sich die Schwaden. Gesichter tauchten auf, blass und verzerrt. Rosenzeichen schimmerten auf ihren Stirnen, verkrustete Wunden. Das Zeichen der Bathaquar.
    Und dort … ein Rascheln! Es kehrte wieder, gleichmäßig, im pulsierenden Takt. Es war das Flügelschlagen des Schwans! Nun sah Aelarian ihn; einen Vogel mit dunklem Gefieder. Er hockte am Rand des Felsens und hatte den schmalen Kopf emporgestreckt.
    Uliman hatte nun ganz die Gestalt des Schwans angenommen. Wie Kristalle glänzten seine Augen. Von dem Schnabel löste sich ein einzelner schwarzer Tropfen. Er zerschellte auf dem Felsen, stieg dann als träger Nebel wieder empor. Und weitere Tropfen rannen aus dem Gefieder, mit jedem Flügelschlag, und stoben über die Felsenkante hinab auf Rhagis.
    »Komm nicht näher!« Eine Frau löste sich aus Ulimans Gefolge. Ihre Miene war von Falten gezeichnet, zwischen den spröden Lippen war eine verstümmelte Zunge zu erkennen. Und doch sprach sie deutlich, nur heiser, fauchend. »Wer immer du bist … komm nicht näher … störe nicht den herrlichen Zauber der Bathaquar!«
    Aelarian fiel auf die Knie. Die Kette entglitt seinen Fingern, klirrte auf den Felsen. Der Schwan wandte den Kopf, starrte mit einem Auge auf Aelarian.
    »Ihr bist du gefolgt, Uliman«, stieß der Großmerkant hervor. »Der Kette der Aldra, der letzten des Silbernen Kreises. Nun hast du Sternengängers Kontinent gefunden … aber warum? Um die Menschheit zu vernichten, um jeden zu töten, der lebt und der leidet? Nein, Junge, das kannst du nicht wollen.«
    »Geh!« schrie die Frau. »Lass mich in Ruhe! Jeder muss sterben, der nicht mein Zeichen auf der Stirn trägt … der sich nicht zur Bathaquar bekennt … fort mit dir!«
    Aelarian blickte nur auf den Schwan. »Was hat Rumos dir angetan? Wann hat er dich mit diesem Untier vereint und den Zauber von Nekon gelehrt?« Seine Hand fuhr in die Tasche des roten Mantels.

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