Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
Vom Netzwerk:
aller Städte ist auferstanden. Der Keim neuen Hasses ist gesät. Du hättest sie zerstören können; aber nein, du hast sie beschützt, und zu allem Überfluss Baniter Geneder befreit … einen neuen Tyrannen, der Gharax unterwerfen will.«
    »Dein schlechtes Gewissen muss dich sehr quälen«, höhnte Nhordukael. »Ja, ich verschonte die Stadt aller Städte, und ich löste Baniters Ketten. Wird er ein Tyrann werden, wie du behauptest, oder ein weiser, gerechter Herrscher, der den Frieden bewahrt? Oder nichts davon?« Seine Augen funkelten. »Nun, Baniter wird selbst entscheiden, wohin sein Weg führt, so wie alle Menschen. Es steht uns nicht zu, ihre Zukunft vorwegzunehmen.«
    »Ohne mich sind sie hilflos«, zischte Sternengänger. »Ohne mich wird der Frieden nicht halten. Die Stadt aller Städte wird für neuen Zwist sorgen, die Menschen werden versuchen, nach Gharax zurückzukehren.« Er hielt kurz inne. »Glaube mir, Nhordukael – ich werde es dieses Mal besser machen. Gewiss, ich habe Fehler begangen; ich habe den Menschen arglos die Quellen überlassen. Ich ließ es zu, dass sie die Sphäre auszehrten und die Bathaquar ihre finsteren Taten begehen konnte. Aber ich bin weiser geworden während meiner Gefangenschaft. Laghanos überließ mir freiwillig seinen Körper und ging in Frieden von dieser Welt. Nun kann ich sie ein zweites Mal formen, mit größerer Sorgfalt. Alles, was schlecht war und böse und niederträchtig, wird mit Gharax untergehen.« Sein Blick wurde flehend. »Noch ist es nicht zu spät. Folge mir! Hilf mir! Gemeinsam können wir Mondschlunds Stadt zerstören, den letzten Ort, der an das alte Gharax erinnert. Wir können unsterblich sein. Laghanos und Nhordukael … man wird uns verehren. Uns lieben. Uns anbeten.«
    »Diese Worte habe ich so oft gehört«, erwiderte Nhordukael, »von Magro Fargh und Bars Balicor, von Rumos und Mondschlund. Sie alle fühlten sich berufen, die Welt zu retten, und haben doch nur Unheil angerichtet.« Langsam richtete er den Stab auf das Kind. »In meinen Händen halte ich deinen Wanderstab, Durta Slargin. Mit ihm hast du einst die Sphäre bezwungen, und mit ihm werde ich dich erlösen, so wie Mondschlund.«
    Nachdenklich betrachtete Sternengänger den Stab. »Ich erkenne ihn … den Schwarzen Schlüssel. Wo hast du ihn her? Hat er dich zu mir geführt?« Er lächelte. »Schon einmal hast du mich mit einem Stab bedroht, in den Höhlen des Brennenden Berges. Damals war meine Gestalt ein Trugbild, das du leicht verjagen konntest. Aber nun bin ich mächtiger. Mein Körper ist aus Fleisch und Blut; ich atme, ich fühle, ich lebe. Daran kann auch der Schlüssel nichts ändern. Hier in der Sphäre nützt er dir nichts.«
    Er hob die Hand.
    Ein jäher RRRRRUCK riss Nhordukael von den Beinen. Er spürte Schmerz an seinen Knöcheln, an den Handgelenken. Seine Kehle schnürte sich zu.
    Drähte! Silberne Drähte!
    Sie schnellten aus dem Nichts, ein glitzerndes Geflecht. Es umfing seine Glieder, zerrte sie auseinander. Er wollte schreien, aber der Draht hatte sich fest um den Hals gezurrt. Er wehrte sich verzweifelt. Konnte nicht atmen. Bekam keine Luft.
    »Das Gefüge«, wisperte Sternengänger. »Mein mächtigstes Werk. Jahrhundertelang schmiedete das Heilige Spektakel den Mantel Drafurs, der eines Tages meinen neuen Körper schmücken sollte. Nun trage ich ihn. Die Sphäre ist durchwirkt von seiner Macht.« Er strich sanft über die gespannten Drähte. Sie sangen wie Harfensaiten, strahlend und klar. »Das Silber erweist sich am Ende stärker als das Gold. Mondschlund verschrieb sich dem Metall der Tücke, und ich musste mühsam sein Geheimnis erlernen. Aber das Silber, Nhordukael, war immer schon mächtiger. Es bändigt die Sphäre – und auch dich.« Er ließ die Drähte ausklingen. »Gib auf. Werde Teil des Gefüges, werde ein Beschlagener … du wirst glücklich sein, glaube mir. Aber wehrst du dich, wird es weh tun.«
    Nhordukael zerrte an den Drähten. Er würgte. Schaum trat auf seine Lippen. Den Stab … halt ihn fest … halt ihn fest …
    »Du hättest mir nicht in die Sphäre folgen sollen«, hörte er Sternengänger. »Du kannst sie durchschreiten, aber beherrschen kann sie allein Sternengänger.«
    Er schwebte nun dicht vor Nhordukael. Die Fäden seiner Maske flochten sich unter die Silber drahte. Die Metalle der Sphäre, vereint, verwoben …
    Nhordukael wurde schwarz vor Augen. Seine Lider flackerten. Dunkle Flecken trübten sein Sichtfeld. Tanzten vor ihm.

Weitere Kostenlose Bücher