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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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flößte Euch die Worte ein; seine Stimme beherrscht Euch noch immer! Und ich schwöre, es waren nicht die Schatten von Tula, die Cornbrunn umgaben.« Der Schattenspieler blickte in das flackernde Licht der Öllampe. »Ich werde ihn wieder finden. Gebt mir nur etwas Zeit. Ihr aber solltet tun, was Euch vorherbestimmt ist – hier auf Tyran.«
    Aelarian nickte. »Vorherbestimmt von Mondschlund. Für ihn soll ich jemanden finden … den Auserkorenen, nach dem auch Rumos sucht. Soll ich ihn, wie Mondschlund es befahl, von seinem Weg abbringen, ihn womöglich töten, da er die Welt in Gefahr bringt? Oder soll ich ihn in das Verlies führen … nach Schattenbruch?«
    Sein Gegenüber lächelte. »Fragt nicht mich, Aelarian. Tut, was Ihr für richtig haltet.« Er reichte ihm die Schattenfiguren. »Ich werde Euch zwei meiner Freunde überlassen.
    Denkt daran, in der Nacht ist ihre Macht am größten. Sie werden Euch beistehen, wenn Ihr Athyr’Tyran erkundet.«
    Aelarian betrachtete die Figuren misstrauisch. »Eure Schattenfreunde sind mir nicht geheuer.«
    »Nehmt sie trotzdem. In den Trümmern von Athyr’Tyran gehen viele Geister um. Es ist die Stadt der Kahida, vor Urzeiten zerstört von den Bewohnern der Sphäre. Kein Ort, an dem Menschen verweilen können, wenn sie nicht Verbündete unter den Geistern haben.«
    Der Großmerkant nahm die Figuren zögernd an sich. Dann stand er auf. »Ich danke Euch, Aldra. Für einen Angehörigen des Silbernen Kreises seid Ihr gar nicht übel. Ich frage mich nur, was der Preis für Eure Hilfe ist.«
    »Diese Frage kann wohl nur ein Troublinier stellen.« Der Schattenspieler schritt zum Felsspalt. »Gharax droht der Untergang – so wie einst Athyr’Tyran. Wenn die Stunde gekommen ist, werde ich Eure Hilfe brauchen. Denn ich will das schlimmste Übel von dieser Welt abwenden … und Schattenbruch retten. Diesem alten Park, der so lange meine Heimat war, fühle ich mich verpflichtet.«
    »Und ich fühle mich meinen Freunden verpflichtet. Ich bitte Euch, Aldra, findet Cornbrunn. Ich brauche ihn. Er ist … mehr für mich als ein Diener.«
    Lächelnd schob sich der Schattenspieler durch den Spalt. Seine Schritte entfernten sich und verhallten bald.
    »Da geht er hin«, murmelte Aelarian, »und ich bin allein in dieser Ruinenstadt – bewaffnet mit zwei Figuren aus Papier. Wunderbar. Ganz wunderbar.«
    Mürrisch schob er die Scherenschnitte in eine Tasche seines Gewands. Als er sich kurz darauf umwandte, hatte sich der Felsspalt hinter ihm geschlossen. Ein Haufen Geröll versperrte den Gang.
    Aelarian war allein in Athyr’Tyran … der ältesten Stadt der Menschheit.
     
    Asche rieselte auf den nackten Körper herab, mattgraue Flocken, die im Sonnenlicht wie Eisenspäne glitzerten. Sie blieben auf der Brust des Knaben haften, setzten sich in den Narben auf seinen Armen und Händen fest. Nur auf der Maske fanden sie keinen Halt; von ihr perlten sie ab und fielen auf den Sand, der den Grund der Ruine bedeckte.
    »Du fühlst dich schwach«, wisperte eine Stimme. »Die Sphäre zehrt dich aus … so wie mich. Ich weiß es, mein Kind. Ich kenne deinen Schmerz.« Die Worte gingen in ein gequältes Kichern über. »Ja, die Ewige Flamme! Sie brennt in uns, Carputon, wir werden bald an ihr zugrunde gehen. Du aber, Laghanos, kannst dem Feuer standhalten … wir sind schwach, und du bist stark. Du kannst uns von dem Fluch befreien.«
    Eine Hand streichelte den Kopf des Knaben. Sie war pechschwarz und trocken wie Kohle. Rumos Rokariac blickte voller Zärtlichkeit auf seinen Gefangenen. Er hatte Laghanos auf eine Steinplatte gebettet, die im Mittelpunkt der Ruine aus dem Sand ragte, halb darin vergraben, halb vom Wind freigelegt. Die Mauern ringsum waren zerfallen, nur einige Säulen zeugten von der vergangenen Pracht des Gebäudes. War es ein Tempel gewesen, der Sitz eines reichen Mannes oder gar der Kahida selbst? Nun fielen Sonnenstrahlen durch das zertrümmerte Dach, und Sand wehte zwischen den Mauern umher.
    Laghanos schlug die Augen auf. Die Asche, die sich in seinen Wimpern verfangen hatte, wirbelte empor. Braune Augen blickten zum Himmel, sahen die Sonne und die Wolkenschleier … und das verdorrte Gesicht des Bathaquari.
    Rumos streckte die Hände aus, als wolle er Laghanos segnen. Flammen waberten zwischen seinen Fingern. Aus einer Wunde am linken Arm rieselte Asche.
    »Rumos«, presste Laghanos zwischen den Zähnen hervor. »Rumos Carputon!«
    »An meinen Namen erinnerst du dich also«, lobte

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