Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
Vom Netzwerk:
zu deinen Kindern zurück. Bring sie zu mir, und auch die anderen Menschen, die in Gehani ausharren. Denn wenn die letzten Quellen entfesselt sind, gehört Gharax für immer den Goldéi. Aber ihr Menschen werdet eine neue und bessere Welt bewohnen, die nicht von der Sphäre bedroht ist.«
    Jundala erhob sich. Sie glaubte dem Knaben nicht, spürte in jedem seiner Worte den Keim des Verrats. Doch sein Versprechen klang süß.
    »Zurück nach Gharax? Zurück zu meinen Kindern? Warum gehst du nicht selbst, wenn du so mächtig bist?«
    »Ich will dir die Wahrheit sagen. In Gehani befindet sich das letzte Nest der Bathaquar. Die verblendeten Tathril-Priester sind noch immer nicht besiegt. Ihr Rädelsführer Rumos verbrannte auf Tyran, ihr Hohepriester ist längst tot, und doch weigern sich die Bathaquari, meine Macht über die Sphäre anzuerkennen. Sie horten noch immer einen meiner Knochen, den Rumos Carputon ihnen überließ. Ich weiß nicht, wo dieser Knochen ist; aber ich fürchte, dass sie ihn gegen mich verwenden wollen. Dieses Wagnis darf ich nicht eingehen. Nein, es ist besser, wenn du gehst.«
    Jundala sah ihn verwirrt an. »Du hast Angst vor ein paar Priestern?«
    »Sie wollen Gharax nicht loslassen. Ich spüre es – ein Unheil zieht herauf. Der Fluch der Bathaquar! Ich selbst habe ihn in die Welt gesetzt; nun droht er auf mich zurückzufallen. Aber hier, jenseits des Silbermeers, bin ich sicher. Der Fluch der Bathaquar kann nicht hierher gelangen, niemals.« Seine Worte klangen unsicher. »Nun geh! Folge meiner Spur; sie führt dich zu einem Ort in Ganata, an dem ich vor langer Zeit gewesen bin. Dort wirst du deine Kinder in die Arme schließen. Das willst du doch, nicht wahr?«
    Sie nickte, und zugleich hasste sie sich dafür, ihm zu gehorchen. Geblendet und gebeugt, willenlos und ohne Mut … so stolperte Jundala an ihm vorbei, spürte die Macht der Maske, die nach den Sphärenströmen tastete. Sie erhaschte die rotglimmenden Fußspuren auf den Planken der Barke, Schritt für Schritt eingeprägt in den Schwarzen Schlüssel. Nebel wallte auf; er entströmte einem unsichtbaren Riß der Sphäre, hüllte ihren Körper ein. Schon trug er Jundala hinaus auf das Meer. Silberklauen stürzten aus dem Nichts, begleiteten die Fürstin ein Stück auf ihrem Weg nach Gharax und kehrten erst zurück, als ihr Körper sich ganz im Nebel aufgelöst hatte.
    Der Junge, der einst Laghanos gewesen war, blickte ihr lange nach. »Ich halte mein Versprechen, Baniter Geneder. Deine Familie wird in Sicherheit sein … und ich muss mich nicht länger mit den Bathaquari herumärgern. Wo immer der letzte Knochen steckt; es ist besser, wenn er auf Gharax bleibt und mit Gharax untergeht.«
    Jundala war längst im Nebel verschwunden. Die Barke aber hatte die Stege des Haffs erreicht. Ringsum erschienen Südsegler an Deck. Ihre Augen glommen golden, ihre Körper warfen keine Schatten im Sonnenlicht. Einige kletterten an den Masten empor und rafften die Segel. Die anderen umringten ehrfürchtig das Kind Laghanos.
    Ein wehmütiges Lächeln lag auf seinen Lippen. »Und ihr, meine treuen Südsegler – auch ihr sollt belohnt werden. Große Opfer habt ihr erbracht, als ihr für mich den Schlüssel aus Mondschlunds Verlies holtet und eure Suche begannt.«
    »Die Suche, die Suche …« Die Münder der Seeleute bewegten sich kaum, und doch vereinten sich ihre Stimmen zu einem Chor. »Die Karte, sie wies uns den Weg in den Süden; die vier dunklen Warte, verloren und still; sie kündeten von einem Kind, das uns führen, uns retten und schützen und fortbringen will.«
    Sie neigten die Köpfe.
    »Ich bin stolz auf euch«, erwiderte Sternengänger. »Seit ich in euren Träumen zu euch sprach, habt ihr euch der Suche verschrieben und sie nie aufgegeben. Ich wünschte, alle Menschen würden mir so vertrauen wie ihr.«
    Auf den Stegen warteten noch immer die Gyraner. Voller Angst blickten sie auf die Barke. Sternengänger aber achtete nur auf den Anführer, auf Tarnac von Gyr. Der König war der einzige, der sich seine Furcht nicht anmerken ließ.
    »Eine neue Welt entsteht«, fuhr Sternengänger fort. »Die Menschen sehnen sich nach einem Herrscher, um den sie sich scharen können. Götter und Könige … so war es immer, so wird es immer sein. Ob er wohl der Richtige ist? Oder doch Eshandrom?«
    Er winkte den Schiffsjungen der Südsegler zu sich, ein Knabe mit hellem Haar, kaum älter als Laghanos. Auch seine Augen waren aus Gold. In den Händen hielt er

Weitere Kostenlose Bücher