Splitterwelten 01 - Zeichen
ehe einer ihrer Gefährten etwas erwidern konnte, hatte sie bereits die Sichelklinge zwischen die Zähne genommen und stieß die Luke zum Deck, die sich genau über ihrem Sitzplatz befand, ein Stück weit auf. Blutrotes Abendlicht flutete herein, das von einem feurig gefärbten Himmel rührte, hinter dem bereits die Sterne zu erkennen waren – sie hatten den Nebel hinter sich gelassen.
»Los!«, ordnete Croy an, worauf Darg die Falltür nach oben stieß. Der Deckel flog auf, und Shen schnellte wie von einem Katapult geschleudert lotrecht nach oben.
»N-nicht schlecht«, stieß Kieron hervor.
»Ja«, stimmte Croy zu, »sie macht das wohl nicht zum ersten Mal. Ich fürchte, die Vergangenheit unserer Freundin ist eher zweifelhaft …«
Von oben war bereits Kampflärm zu hören. Schwertergeklirr, dazu das Heulen der überraschten Schakale. Als Nächster hatte sich Darg durch die Öffnung gezwängt, die gerade groß genug für ihn war. Gerade schlüpfte Opossum hindurch, wobei er ein schrilles Pfeifen ausstieß. Wits übte sich, seiner Art entsprechend, in Zurückhaltung, während Jago reglos in der Ecke kauerte und die Augen zusammenkniff. Abgesehen von den roten Flecken, die er nicht ganz loszuwerden vermochte, hatte seine Haut die Farbe der Umgebung angenommen, sodass er im Halbdunkel kaum noch auszumachen war.
Die Reihe war an Kieron und Croy.
Rasch kletterten auch sie auf das Deck, hinein in ein wildes Scharmützel. Ein Schakalkrieger lag mit durchschnittener Kehle auf dem Vordeck – er hatte wohl das Pech gehabt, dort zu stehen, wo Shen wie ein Geist aus der Tiefe aufgetaucht war. Ein zweiter flog gerade über Bord und verschwand unter fürchterlichem Geheul in der Tiefe – Darg hatte ihn kurzerhand über die Reling geworfen. Opossum, der mit einem der erbeuteten Speere bewaffnet war, lieferte sich einen wilden Kampf mit einem weiteren Legionär, während Shen mit zweien gleichzeitig focht.
Kieron beobachtete Shen. Im »Feuerkürbis« auf Madagor war er oftmals Zeuge von Fechtduellen und Messerstechereien geworden, jedoch hatte er nie zuvor jemanden mit größerer Eleganz ein Schwert führen sehen. Die junge Frau von Katana bewegte sich so rasch und mit derartigem Geschick, dass ihre beiden Kontrahenten ihr kaum etwas entgegenzusetzen hatten. Blitzschnell wirbelte sie um ihre Achse und schlug zu. Schon hatte der eine seine Schwerthand eingebüßt und verfiel in heiseres Gebrüll, während er auf den blutigen Stumpf starrte. Der andere war geschickter und wehrte Shens Angriffe mit dem Schild ab, ehe er selbst zum Angriff überging. Kieron, der mit einem der erbeuteten Speere bewaffnet war, wollte ihr zu Hilfe kommen, aber Croy hielt ihn zurück.
»Glaub mir, sie kommt allein zurecht«, schärfte er dem Jungen ein. »Unser Ziel ist der Steuermann!«
Er deutete zum Heck des etwa dreißig Fuß langen Bootes. Dort stand ein mit zottigem Fell bewachsener und von ausladenden Hörnern gekrönter Animale; in seinen Pranken hielt er die ledernen Zügel, die wiederum mit dem aus Ketten gefertigten Geschirr des Sturmhais verbunden waren. Als netzartiges Geflecht umhüllte es die spitze Schnauze des Tieres und hinderte es daran, sein furchterregendes Maul zu öffnen und so womöglich Schiff und Mannschaft zu gefährden.
Auf Kieron gestützt, humpelte Croy über das Deck, während links und rechts von ihnen weiter gefochten wurde. Shen hatte ihren Gegner inzwischen besiegt, während Darg in ein Handgemenge mit einem Schakalkrieger verwickelt war, der auf die hölzerne Back gesprungen war und ihn von dort aus mit Keulenhieben eindeckte. Plötzlich sahen sich auch Kieron und Croy einem Feind gegenüber – der aufwendigeren Rüstung und dem wehenden Umhang nach war es der Kommandant der Patrouille.
»Im Namen der Kaiserin, ergebt Euch!«, schleuderte er ihnen entgegen und riss sein Schwert aus der Scheide. Croy mochte geschwächt sein von den Strapazen der Flucht, vom Verlust seiner linken Hand und den zahlreichen Verwundungen, die er erlitten hatte – jedoch reichten seine Reflexe noch immer aus, um seine Klinge zur Abwehr emporzureißen. Aber der Hieb, den der Unterführer vortrug, war mit derartiger Wucht geführt, dass die Kräfte des Pantheriden nicht ausreichten, ihn zu parieren. Zwar drang die Klinge nicht durch, jedoch wurde Croy von Kierons Seite gerissen und ging nieder – und im nächsten Augenblick sah sich der Junge dem Kommandanten des Schiffes allein gegenüber, stand sein Speer gegen den schwer
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