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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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hast ja schon allerhand Unsinn verzapft, Katzmann, aber das ist nun wirklich der größte Blödsinn, den du je …«
    »Jago?«, fragte Kieron, der es satt hatte, sich ständig von seinem einstigen Herrn verspotten und herabsetzen zu lassen. Er war ein Teil dieser Mannschaft, hatte auf Leben und Tod gekämpft und sein Hände mit Blut besudelt. Ganz sicher verdiente er mehr Anerkennung.
    »Was denn, Menschlein?« Jago starrte ihn unwirsch an.
    »Halt die Klappe«, sagten Kieron und Shen entschieden und wie aus einem Munde. Verblüfft sahen sich die beiden an, und für einen kurzen Augenblick – oder erlag Kieron einer Täuschung? – lächelte sie.

4. Kapitel
    Ihren Vorsätzen gemäß hatte Kalliope ihre Kammer nicht mehr verlassen, weder zu den Mahlzeiten noch aus sonst einem Grund.
    Seit fast einer Woche hatte sie nichts gegessen – die Speisen, die ein Diener vor ihrer Tür abstellte, ließ sie unangetastet, was sie inzwischen einige Überwindung kostete. Doch es war ihre Art, ihren Protest und ihre Abscheu gegen Eriks Täuschung zum Ausdruck zu bringen – und um sich selbst zu bestrafen für ihre Leichtgläubigkeit und Naivität.
    Ihren Durst stillte sie, indem sie Schnee von der Fensterbank nahm, ihn in eine Schüssel gab und darin schmolz; ihre Notdurft verrichtete sie in der dafür vorgesehenen Nische in der Außenwand des Turmes. Nahrung gaben ihr die Bücher ihrer Meisterin, in denen sie während der Tagesstunden las, von den Weisheiten Auroras, die Cedara stets so am Herzen gelegen hatten, über die gesammelten Schriften der Metasophie bis hin zu den chronicae primarum , in denen die Frühgeschichte der Gilde festgehalten war. Vieles fand sie darin niedergeschrieben, aber nichts, das auch nur den geringsten Hinweis darauf gab, dass Erik die Wahrheit gesprochen hatte, als er von der Vergangenheit seines Volkes und den angeblichen Untaten der Gildeschwestern erzählte.
    Es war – wie wohl alles, was den Prinzen von Jordråk betraf – nur eine Lüge gewesen, eine arglistige Täuschung mit dem Ziel, sie vom Pfad der Tugend abzubringen. Und nicht viel hätte gefehlt, und Kalliope wäre ihm verfallen.
    »Was hast du dir nur dabei gedacht, mein Kind?«
    In der Einsamkeit ihrer Kammer, frierend vor Kälte und ausgezehrt vom Hunger, war ihr, als könnte sie die Stimme ihrer Meisterin hören.
    »Ich weiß es nicht«, entgegnete Kalliope halblaut und niedergeschlagen. Auf der Suche nach Trost hatte sie begonnen, mit der tönernen Urne zu sprechen, die Cedaras Asche enthielt und die sie nach Ethera zurückbringen wollte, um sie dort dem Codex gemäß den Schwingen des Windes zu überantworten. Und irgendwann hatte ihre Meisterin geantwortet.
    »Hatte ich dich nicht ausdrücklich gewarnt? Hatte ich dir nicht gesagt, dass du dich nicht mehr auf der Gildewelt befindest? Dass du dich wappnen musst gegen unsere Feinde?«
    »Ich weiß«, erwiderte Kalliope wieder. »Aber Ihr wart nicht da, und der Schmerz und die Trauer …«
    »Es ehrt mich, dass du so empfindest, Kind«, sagte Cedara wieder mit jener Sanftmut, die Kalliope so an ihr geschätzt hatte, »aber der Tod ist nicht alles. Auch du wirst eines Tages feststellen, dass dort, wo wir das Ende wähnen, der Neubeginn von etwas anderem liegt.«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Hast du das Stundenglas noch?«
    Kalliope nickte. Vom Boden, auf dem sie mit angewinkelten Beinen saß, konnte sie Audras Geschenk sehen. Es stand auf dem Tisch, umgeben von Schriftrollen und aufgeschlagenen Folianten.
    »Kann der Sand darin begreifen, was mit ihm geschieht?«, fragte Cedara rätselhaft. »Oder kennt er den Unterschied zwischen oben und unten?«
    »Was bedeutet das, Meisterin?« Kalliope schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Das musst du selbst herausfinden. Audra hat dir den Pfad gewiesen, nun musst du ihm weiter folgen. Dann, mein Kind, wirst du auch herausfinden, wer mich getötet hat.«
    »Ihr … Ihr kennt den Namen Eures Mörders?«
    »Ebenso, wie du ihn kennst. Benutze deinen Verstand, Kalliope, und durchforsche dein Inneres nach Antworten. Alles, was du wissen musst, ist bereits dort. Du musst es nur finden.«
    »Was soll das heißen?«, fragte Kalliope verwirrt. »Wie soll ich …?«
    »Indem du das Gleichgewicht wahrst. Es wird dir den Weg zeigen, das Rätsel zu lösen.«
    »Das Gleichgewicht wahren?« Kalliope starrte resignierend zu Boden. »Davon bin ich weiter entfernt als je zuvor! Ich bin ganz allein auf dieser Welt, und der einzige Freund, den ich zu haben

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