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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Augenspiel gewichen.
    »Die Menschenfrau hat unrecht«, tat Croy von der anderen Seite des Feuers seine Meinung kund. Den Dolch hatte er fertig bearbeitet. Nun war er dabei, sich eine zweite Klinge vorzunehmen.
    Shen warf ihm einen finsteren Blick zu.
    »Inwiefff-fern?«
    »Deine seltsame Sprache. Sie hat mit etwas zu tun, das in dir ist und das dich hemmt.«
    »Wa-was meinst du?«
    »Deine Ängste«, erwiderte der Pantheride unumwunden. »Du solltest dich ihnen stellen und versuchen, der zu sein, der du tief in deinem Herzen bist. Nicht mehr und nicht weniger.«
    »We-wer ich bin?«, fragte Kieron ratlos. »Aber das weiß ich doch schon lä-längst.«
    Der Blick der Raubtieraugen wurde forschend. »An deiner Stelle wäre ich mir da nicht so sicher. Denn eines weiß ich ganz bestimmt.«
    »Wa-was?«
    »Du hast vorhin im Schlaf gesprochen«, beschied Croy ihm über die Flammen hinweg. »Und dabei, mein Junge, hast du keine Spur gestottert.«

6. Kapitel
    »Wohin bringt ihr mich?«
    Kalliope stellte die Frage, obwohl sie wusste, dass sie keine Antwort bekommen würde. So, wie sie sich im Griff ihrer Häscher wand, obwohl ihr klar war, dass sie nicht die geringste Chance hatte. Jedenfalls nicht, solange die Wirrnis in ihrem Inneren andauerte und die Quelle der Kraft ihr verschlossen war.
    Die Einherjar würdigten die Gildeschwester keines Blickes, während sie sie durch die Gänge der Burg bugsierten. Das letzte Mal hatten sie zusammen gegessen, hatten gelacht, getanzt, gefeiert – nun waren sie wie Feinde, und Kalliope fragte sich, wie sie jemals so einfältig hatte sein können. Hatte man ihr nicht stets eingeschärft, dass den Schwestern der Gilde eine Sonderstellung zukam? Dass es ihr nicht möglich war, ihre Freunde unter gewöhnlichen Menschen zu suchen? Wieso hatte sie geglaubt, dieses ungeschriebene Gesetz brechen zu können? Weshalb hatte sie überhaupt das Wohlwollen dieser Barbaren gewinnen wollen, deren junger Anführer sich als seelenlose, dem Nox verfallene Kreatur erwiesen hatte?
    Auch Erik, der der kleinen Gruppe vorausschritt, wandte sich nicht ein einziges Mal zu ihr um – dabei war er es, der sie getäuscht und belogen hatte und der womöglich …
    Den Gedanken zu Ende zu bringen, war ihr unerträglich.
    Am Treppenabsatz befand sich eine Tür, die Erik öffnete und durch die er nach draußen schritt. Grelles Tageslicht fiel herein, das Kalliope blendete, während auch sie durch die Tür auf den angrenzenden Söller trat, der in schwindelerregender Höhe über Jordråks östlichem Weltenrand thronte. Doch es waren weder die senkrecht abfallenden Klippen noch die jenseits davon klaffende Leere, die Kalliopes Aufmerksamkeit auf sich zog, sondern der Anblick der zwei Dutzend Schiffe, die drohend wie ein Ungewitter am grauen Himmel hingen. Kriegsschiffe unter voller Bewaffnung, und sie trugen das königliche Banner am Mast.
    »Nun?«, fragte Erik nur und blickte sie durchdringend an.
    »Was meinst du?«
    »Woher kommen diese Schiffe?«
    »Von Tridentia, nehme ich an. Sie tragen das Banner der königlichen Flotte.«
    »Und warum sind sie hier?«
    Kalliope starrte den Prinzen verständnislos an. Es dauerte einen Moment, bis sein vorwurfsvoller Blick sie erkennen ließ, worauf er hinauswollte. »Du glaubst, dass ich etwas damit zu tun hätte.«
    »Habt Ihr etwa keine Nachricht nach Ethera geschickt?«, fragte er ungerührt.
    »Doch, um meine Mitschwestern über den Tod von Meisterin Cedara in Kenntnis zu setzen«, versicherte sie. »Ganz sicher jedoch habe ich nicht um eine militärische Intervention gebeten.«
    »Eure Mitschwestern, wie Ihr sie nennt, sehen dies offenbar anders.«
    Kalliope deutete hinaus auf die Flotte. »Dies sind königliche Schiffe. Was bringt dich auf den Gedanken, dass die Gilde etwas mit ihrem Auftauchen zu tun haben könnte?«
    Erik erwiderte nichts. Wortlos hielt er ihr ein Stück Pergament hin, das sie sorgsam entrollte. Es trug das Wappensiegel Tridentias, die drei übereinandergestellten Kronen – ein königliches Dekret.
    Es war ein Ultimatum.
    Eine Aufforderung zur kampflosen Übergabe von Thulheim an die königlichen Truppen bis Sonnenuntergang. Nach erfolgter Übergabe sollte die Stadt besetzt und die Herrschaft über Jordråk in die Hände des militärischen Oberbefehlshabers gegeben werden, um, wie es weiter hieß, der Inquisitorin der Levitatengilde volle Handlungsfreiheit bei der »Aufdeckung verschwörerischer und blasphemischer Umtriebe« zu

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