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Splitterwelten 01 - Zeichen

Splitterwelten 01 - Zeichen

Titel: Splitterwelten 01 - Zeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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nicht, dass ich der oberste Reichsverwalter bin, vom König selbst eingesetzt.«
    »Das vergesse ich nicht – ebenso wenig, wie ich vergesse, dass das wichtigste Amt am königlichen Hof unter dir zu einer Farce verkommen ist. Dennoch bildest du dir ein, über Dinge urteilen zu können, die sich noch vor deiner Geburt ereignet haben. Ich habe damals in vorderster Front gegen die nokturnen Verschwörer gekämpft, und ich habe dabei größere Opfer gebracht, als dein karger Verstand sie sich auszumalen vermag. Ich musste erleben, wie die Nokturnen nach der Krone Tridentias griffen, und es begann damals genau wie heute – mit dunklen Mächten, die im Verborgenen arbeiteten, und mit verblendeten Idioten, die die Wahrheit erst erkannten, als es schon beinahe zu spät war. Deshalb weiß ich, dass wir handeln müssen, oder das Reich und die Krone werden zerfallen.«
    »Und mit ihnen auch die Macht der Gilde«, fügte Arion gehässig hinzu.
    »Die Macht der Gilde beruht auf anderen Gesetzen als jene weltlicher Herrscher, und sie erstreckt sich auf anderem Gebiet. Wer auch immer aus Tridentias Trümmern zur Macht emporsteigen würde, hätte keine andere Wahl, als sich des Wohlwollens der Gilde ebenso zu versichern, wie es alle anderen Potentaten tun – doch die Schwestern Etheras stehen lieber in den Diensten der Ordnung als des Chaos, deshalb beschwöre ich Euch zu handeln, Hoheit. Presst Euer Siegel in das Wachs, solange es noch nicht erkaltet ist, und bereitet dem Schrecken ein Ende, ehe der Schrecken Euch ein Ende bereitet.«
    Ardath, der wie in Trance auf seinem Thron saß, streckte seine freie Hand nach dem Pergament aus. Harona gab es ihm, und er hielt es in seiner zitternden Linken, während er den Wortlaut überflog, um ihn sich noch einmal zu vergegenwärtigen.
    »Bedenkt Eure Entscheidung, Majestät«, hauchte Arion, der ihm dabei über die Schulter sah. »Wenn Ihr dieses Schriftstück unterzeichnet, gebt Ihr das Privileg der Rechtsprechung aus den Händen. Ihr macht die Gildemeisterin zur obersten Richterin und räumt ihr damit größere Macht als allen anderen Hofbeamten ein.«
    »Nicht um meinetwillen und auch nur, bis die Verschwörung aufgedeckt und die Gefahr gebannt ist«, versicherte Harona an Ardath gewandt, »danach wird alles sein wie vorher.«
    »Und Ihr erwartet, dass wir das glauben?«, fragte Arion, dessen Blicke unsichtbare Pfeile zu verschleudern schienen. »Wird es wenigstens Teile des Hofes geben, die vor Euren Nachstellungen sicher sind? Was ist mit dem Hofstaat? Den Offizieren? Den hohen Beamten?«
    »Wenn wir der Wahrheit auf den Grund gehen und das Übel ausmerzen wollen, so darf es keine Tabus geben«, erklärte Harona. »Sollte es erforderlich sein, werde ich auch gegen Hofbeamte vorgehen, vom geringsten Diener bis hinauf zum maior domus .«
    »Hört Ihr das, Majestät?«, fragte Arion, der keine andere Antwort erwartet zu haben schien. »Sie will Euren gesamten Hofstaat entmachten! Das könnt Ihr keinesfalls dulden!«
    Ardath nickte, ein schwacher Hinweis darauf, dass er den Wortwechsel der beiden tatsächlich verfolgte. »Was, wenn ich nicht unterzeichne?«, fragte er, mit dem doppelten Kinn auf das Pergament deutend.
    »Natürlich habt Ihr diese Möglichkeit, Majestät«, räumte Harona ein, »jedoch solltet Ihr Euch nicht wundern, wenn Eure Macht weiter unterwandert wird und die Krone am Ende in die Hand Eurer Feinde gelangt. Dann allerdings wird die Gilde Euch nicht mehr schützen können, und sobald Ihr nicht mehr in der Lage seid, für die Sicherheit unserer Levitatinnen zu garantieren, wie der Pakt es verlangt, werden wir uns von Tridentia zurückziehen und die Königswelt ihrem selbst gewählten Schicksal überlassen.«
    »Da«, zischte Arion triumphierend, »hört Ihr es? Hört Ihr, wie sie Euch droht?«
    »Ich drohe nicht«, stellte die Gildemeisterin klar, »ich stelle dem König lediglich die Konsequenzen seines Handelns vor Augen, wie es eigentlich Eure Aufgabe wäre – ehrlich und offen und nicht kriecherisch und in schöne Worte gekleidet, bis von der Wahrheit nichts mehr übrig ist.«
    »Das ist nicht wahr«, widersprach Arion verzweifelt. »Merkt Ihr, Majestät, wie sie Euch mit Worten umgarnt? Wie sie Euch einzuschüchtern versucht, sodass Euch am Ende keine andere Wahl bleibt, als in ihrem Sinne zu handeln?«
    »Im Sinne des Reiches«, verbesserte Harona. »Macht Euch frei von Euren Beratern, die doch nur ihr eigenes Wohl im Sinn haben, und folgt dem Erbe Eures

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