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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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diesen Breiten in Gipfelnähe schon rot und gelb. Vom nächsten Tag an mußte ich Studenten unterrichten, mit denen ich – das wußte ich jetzt schon – nichts würde anfangen können, und alles schien in eine neue und gefahrvolle Richtung zu gehen. Ich wußte aber, ich wollte Mindy Levinson Karp Strayhorn ein letztes Mal sehen. Viele, sehr viele Dinge würden sich geändert haben, aber wenn sie die war, die sie war, würde auch ich immer noch ich sein.
    »Mindy?«
    »Ja?«
    »Ich würde mich verdammt gern mit dir treffen.« Ich spürte, wie ich voller Überredungskunst das Telefon anlächelte.
    »An wann hattest du denn gedacht, Frank?«
    »In zehn Minuten? Ich rufe hier ganz aus der Nähe an. Ich bin zufällig hier durchgefahren.«
    »In zehn Minuten. Großartig. Unser Haus ist ganz leicht zu finden. Ich beschreib dir den Weg.«
    Was dann noch kam, war kurz, aber all das, was ich mir erhofft hatte (wenn auch nicht das, was die meisten vielleicht denken werden). Ich fuhr zu ihrem Haus, einem weitläufigen, umgebauten mährischen Bauernhaus mit einer Scheune, einer Reihe von Nebengebäuden und einem hübschen Teich, in dem sich der Himmel und die herumschwimmenden Gänse spiegelten. Ein goldgelber Hund und eine Haushälterin sahen mich argwöhnisch an. Zwei Kinder von vielleicht zehn und acht und ein größeres Mädchen von vielleicht siebzehn standen im hinteren Teil des Gangs und lächelten mir zu, als ihre Mutter und ich aus dem Haus gingen. Mindy und ich machten in meinem Wagen mit offenem Verdeck eine Spazierfahrt Richtung Sunapee Lake und setzten uns gegenseitig ins Bild. Ich erzählte ihr von X und Ralph und meinen anderen Kindern und von meiner Schriftstellerkarriere und meinem Sportreporterdasein und meinen Plänen, mich eine Weile als Lehrer zu versuchen, was sie alles nicht sonderlich zu interessieren schien, aber sie zeigte mir das auf eine liebenswerte Art (ich hatte nichts anderes erwartet). Sie erzählte mir von Spencer Karp und von ihrem Mann und ihren Kindern und wie sehr sie allein schon die »allgemeine Geisteshaltung« der Menschen »hier oben im Norden« schätze und wie sich das ganze Land ihrer Meinung nach verändere, nicht zum Guten, sondern eher zum Schlechten, und daß sie jetzt keine zehn Pferde mehr nach Detroit zurückbringen könnten. Anfangs war sie zurückhaltend und ängstlich, redete während unserer ruhigen Fahrt über die Landstraße wie die Vertreterin eines Reisebüros und saß dabei dicht an der Tür, als könne sie nicht ausschließen, daß ich irgendein finsterer Zerstörer war, der die Absicht hatte, mit uralten Erinnerungen ihre Existenz zu vernichten. Doch nach einiger Zeit, als sie sah, wie friedlich ich bei aller Begeisterung wirklich war, und als sie begriff, daß ich nichts anderes wollte, als ein paar Stunden ihrem Leben nahe zu sein, ohne Bedingungen zu stellen, nur mit der Absicht, alles aus der Distanz zu bewundern, und daß ich nicht versuchen würde, »ranzugehen« oder auf dem Weg nach Concord in irgendeinem schäbigen Motel mit ihr ins Bett zu steigen (genau wie ich das früher gemacht hatte) – da mochte sie mich wieder rundum und lachte und war die verbleibende Zeit nur noch glücklich. Ja, sie konnte es sich schließlich nicht verkneifen, mich in kurzen Abständen zu küssen und an sich zu drücken; und als wir von West Ovid weit genug weg waren, daß für sie keine Gefahr mehr bestand, von Bekannten gesehen zu werden, legte sie mir den Kopf auf die Schulter. Sie sagte mir sogar, sie habe nicht vor, Pete von meinem Besuch zu erzählen, denn das werde alles »nur noch köstlicher« machen, was mich veranlaßte, sie noch einmal zu küssen und in Verlegenheit zu bringen.
    Und dann fuhr ich sie einfach nach Hause. Sie trug ein pfefferminzgrünes Baumwolldirndl, das direkt aus dem Katalog stammte und das sie, sobald sie im Auto saß, über die prachtvollen Knie hochzog. Und sie war so hübsch wie ihr Bild, und so behalte ich sie in Erinnerung, und so stelle ich sie mir jedesmal vor, wenn ich sie sehe, von einer Jahreszeit in die nächste, stets in strahlend heller, traditioneller Kleidung immer weiter, in eine perfekte Zukunft.
    Und als ich am Abend auf der langen, langsamen Straße in den kleinen Ort zurückfuhr, in dem das Berkshire College liegt, als ich den Connecticut River überquerte und wieder die Bilderbuchlandschaft Vermonts um mich hatte, da beherrschte mich ein einziges Gefühl: Ich fühlte mich besser. Besser in jeder Hinsicht. X und ich waren

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