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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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sind und die dir auf Cocktailpartys Scotch trinkend gegenüberstehen und von Eigentumsanteilen an Ferienwohnungen in Telluride reden.)
    Delia erspäht mich hinter dem Klettergerüst der Kinder, befingert eine schon weit gediehene Rosenknospe und kommt, offenbar ohne ihre Zeitungslektüre zu unterbrechen, kopfschüttelnd auf die Hemlock-Tanne zu. Es ist ihr Signal und die Voraussetzung für unsere gute Nachbarschaft – alle unsere Unterhaltungen knüpfen da an, wo wir beim letzten Mal aufgehört haben, obwohl es oft um ganz andere Themen geht und Monate dazwischenliegen.
    »Also wirklich, Frank, schauen Sie sich das mal an.« Delia hält die Titelseite der Times hoch, um mir etwas zu zeigen. Überall in der Stadt lärmen und bimmeln nun die Kirchenglocken. Auf allen Straßen pilgern Familien in nagelneuen Osterkleidern zur Sonntagsschule – die Autos gewaschen und poliert, daß sie wie neu aussehen, jeder Streit ist vorübergehend aufgehoben. »Finden Sie’s richtig, wie unsere Regierung mit den armen Menschen in Mittelamerika umgeht?«
    »Ich hab das nicht so genau verfolgt, Delia«, sage ich aus den Rosen heraus. »Was tut sich denn zur Zeit da unten?« Mit einem heiteren Lächeln gehe ich auf sie zu.
    Ihre feuchten blauen Augen sind übergroß vor Empörung. (Ihr Haar hat exakt den blauen Ton ihrer Augen.) »Sie verminen all die Häfen da unten in, Moment mal«, sie sieht rasch nach, »Nicaragua.« Sie schlägt sich die offene Zeitung heftig gegen den Leib und blinzelt mich an. Delia ist klein und braun und faltig wie ein Leguan, hat aber ihre entschiedenen Ansichten über die Verhältnisse auf der Welt und wie sie sein sollten. »Caspar ist zutiefst bedrückt. Er glaubt, das gibt ein neues Vietnam. Er ist jetzt im Haus und ruft alle seine Leute in Washington an, um herauszufinden, was wirklich los ist. Er könnte immer noch einen gewissen Einfluß haben, meint er, aber ich kann mir das nicht vorstellen.«
    »Ich war ein paar Tage verreist, Dee.« Bewundernd blicke ich auf die zwei rosaroten Flamingos aus Ton, die Dee und Caspar in Mexiko gekauft haben.
    »Also, ich will nicht einsehen, warum wir uns gegenseitig die Häfen verminen sollen, Frank. Und Sie? Ehrlich?« Sie schüttelt den Kopf, persönlich enttäuscht von unserer ganzen Regierung, als sei ausgerechnet eine ihrer Lieblingsideen plötzlich unverständlich geworden. Im Augenblick herrscht in meinem Kopf jedoch gähnende Leere, so gefangengenommen bin ich vom Glockenspiel auf dem Turm des Seminars. »Wach auf, mein Herz, aus tiefer Nacht; es naht heran ein neuer Tag.« Ich komme im Moment nicht auf den Namen oder das Gesicht des Mannes, der Präsident ist, und statt dessen sehe ich, ohne es mir erklären zu können, den Schauspieler Richard Chamberlain im Burnus und mit einem gepflegten Stutzbart.
    »Es käme wohl darauf an, aus welchem Grund das gemacht wird. Aber es hört sich nicht gut an, finde ich.« Ich lächle sie über die sauber getrimmte Hecke hinweg an. Ich muß mir in Delias Gegenwart Mühe geben, richtig erwachsen zu sein, denn wenn ich nicht aufpasse, kann unser Altersunterschied – ungefähr fünfundvierzig Jahre – dazu führen, daß ich mir wie ein Zehnjähriger vorkomme.
    »Wir sind Heuchler, Frank, wenn wir diese Politik verfolgen. Denken Sie doch nur an Disraeli und seine Warnung vor konservativen Regierungen.«
    »Das hab ich vergessen, fürchte ich.«
    »Organisierte Heuchelei, hat er sie genannt, und er hatte recht damit.«
    »Ich erinnere mich, daß Thomas Wolfe vom Bemühen schrieb, die Welt zu einem sicheren Ort für die Heuchelei zu machen. Aber das ist nicht dasselbe.«
    »Caspar und ich finden, die Vereinigten Staaten sollten auf der ganzen Länge der mexikanischen Grenze eine Mauer errichten, so groß wie die Chinesische Mauer, und bewaffnete Männer darauf stationieren und diesen Ländern klarmachen, daß wir hier oben unsere eigenen Probleme haben.«
    »Das ist eine gute Idee.«
    »Dann könnten wir wenigstens unser eigenes Problem mit dem schwarzen Mann lösen.« Ich weiß nicht genau, wie Delia und Caspar über Bosobolo denken, aber ich habe nicht vor, sie zu fragen. Für eine Antikolonialistin hat Delia ziemlich ausgeprägte kolonialistische Ansichten. »Ihr Schriftsteller, Frank, ihr segelt doch mit jedem Wind.«
    »Der Wind weht einen oft an interessante Orte, Dee.« Ich sage das nur mit gespieltem Ernst, denn Delia kennt mein Herz.
    »Ich seh manchmal Ihre Frau im Supermarkt, und sie kommt mir nicht sehr

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