Sportreporter
glücklich vor, Frank. Und diese zwei reizenden Kinder.«
»Es geht ihnen allen gut, Dee. Vielleicht hatte sie gerade einen schlechten Tag. Wenn’s mal beim Golf nicht so läuft, macht ihr das zu schaffen. Für eine Profikarriere hatte sie anfangs schlechte Karten. Jetzt versucht sie, glaube ich, die verlorene Zeit wettzumachen.«
»Genau wie ich, Frank.« Delia nickt, ein Gesicht wie dünnes altes Handschuhleder, und dann faltet sie ihre Zeitung in der Art eines Zeitungsjungen so geschickt zusammen, daß es eine wahre Freude ist. Ich möchte mich jetzt langsam absetzen, zurück zu den Rosen und Holzäpfeln. Delia und ich stehen den persönlichen Angelegenheiten des jeweils anderen wohlwollend gegenüber; es ist uns beiden bewußt, und mir genügt das. Einen Moment lang sehe ich Frisker, ihren Siamkater, der bei Caspars Fahnenstange um den Hibiskus herumstreicht und zum Futterhäuschen hinaufspäht, wo sich eine kleine Ammer niedergelassen hat. Es kommt öfter mal vor, daß Frisker nachts auf meinem Dach herumschleicht und mich aufweckt, und ich habe schon daran gedacht, mir eine Schleuder zu besorgen, habe es aber noch nicht getan. »Der Mensch ist nicht dazu geschaffen, allein zu leben, Frank«, bemerkt Delia vielsagend und faßt mich plötzlich scharf ins Auge.
»Es hat auch seine Vorteile, Delia. Ich komme inzwischen ganz gut damit zurecht.«
»Wie lang ist es her, daß Sie Fiesta gelesen haben, Frank?«
»Das dürfte schon eine ganze Weile her sein.«
»Sie sollten es wieder einmal lesen«, sagt Delia. »Da stehen lehrreiche Dinge drin. Der Mann wußte Bescheid. Caspar hat ihn in Paris einmal kennengelernt.«
»Er gehörte immer zu meinen Lieblingsautoren.« Stimmt nicht, aber hier ist eine Lüge angesagt. Es kann nicht überraschen, daß Delias Sicht der komplizierten Welt aus der Zeit um 1925 stammt. Wer weiß, vielleicht waren das damals bessere Zeiten.
»Als wir heirateten, waren Caspar und ich über sechzig, müssen Sie wissen.«
»Das war mir allerdings nicht klar.«
»O ja. Caspar hatte eine nette, fette Frau, doch die ist dann gestorben. Ich bin ihr sogar mal begegnet. Mein eigener Mann ist natürlich schon Jahre vorher gestorben. Caspar und ich haben 1942 in Fez die Ehe gebrochen und uns danach dann nie mehr ganz aus den Augen verloren. Als ich vom Tod Almas, seiner fetten Frau, erfuhr, rief ich ihn an. Ich lebte zu der Zeit bei einer Nichte in Maine, und zwei Monate später waren Caspar und ich verheiratet und lebten am Fuße des Mount Reconnaissance in Guam, seiner letzten Dienststelle. Was mir das Leben geboten hat, habe ich bestimmt nicht erwartet, Frank. Aber ich hab auch keine Zeit verschwendet.« Sie lächelt grimmig, als könne sie in meine Zukunft blicken und erkennen, daß sie nicht so großartig sein wird.
»Es ist ein herrlicher Tag heute, was, Dee?«
»Ja, wirklich schön. Ich glaube, wir haben Ostern.«
»Ich kann mich nicht erinnern, daß es an Ostern schon mal schöner war.«
»Ich auch nicht, Frank. Kommen Sie diese Woche doch mal rüber, auf einen Scotch mit Caspar. So ein Gespräch von Mann zu Mann würde ihm richtig guttun. Ich glaube, diese Geschichte mit den verminten Häfen geht ihm ganz schön an die Nieren.« In den vierzehn Jahren, die ich jetzt hier lebe, bin ich nur zweimal im Haus der Deffeyes gewesen (beide Male, um irgend etwas zu reparieren), und Delias nicht ernst gemeinte Einladung hat nichts zu bedeuten. Wir sind an die natürlichen Grenzen unserer gutnachbarlichen Beziehungen gestoßen, auch wenn sie zu höflich ist, die Unvermeidlichkeit dieser Entwicklung zuzugeben, ein Zug, den ich an ihr mag. Ich blicke aus meinem Garten nach oben in den ruhigen blauen Ostermorgen und sehe zu meiner Überraschung einen Ballon, groß auf den Luftströmen einer leuchtenden Atmosphäre, mit herabhängenden Halteleinen, die aufgeblähte Hülle ein großer roter Mond mit lächelndem Gesicht. Zwei winzige Strichmännchenköpfe blicken über den Korbrand herunter, Arme zeigen in unsere Richtung, ziehen an einer Kette, die ein fernes Keuchen hervorruft.
Wo sind sie wohl aufgestiegen, frage ich mich. Auf dem Gelände einer der nahe gelegenen Weltzentralen? Vor der Villa eines reichen Mannes am Delaware? Wie weit können sie an einem klaren Tag sehen? Ist das alles auch sicher? Fühlen sie sich sicher?
Delia hat anscheinend nichts bemerkt und wartet noch darauf, daß ich auf ihre Einladung antworte.
»Mach ich, Dee.« Ich strahle sie an. »Richten Sie Cap aus, daß ich
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