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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Gründen gab ich ihm eine ausweichende Antwort, die er als ein Ja auslegen und die ihn zu der Annahme verleiten konnte, mit ein bißchen gutem Zureden sei ich dazu zu bringen, viele weitere Geschichten zu schreiben (obwohl das alles nicht stimmte). Er sagte mir dann, er sei in großen Schwulitäten. Der Schriftsteller, der sonst immer am Berkshire College unterrichtet habe, ein älterer Mann, dessen Namen ich nicht kannte, sei am Ende des Frühjahrssemesters plötzlich Amok gelaufen, sei auf mehrere Leute – auch auf eine Frau – mit den Fäusten losgegangen und habe es sich angewöhnt, unter seiner Jacke immer einen Revolver zu tragen; er sei dann in eine Anstalt eingewiesen worden und stehe im Herbstsemester nicht zur Verfügung. Arthur Winston sagte, er wisse, daß die Chancen gering seien, aber Sid Fleisher habe gesagt, ich sei ein »recht interessanter« Mann, der, seit er nicht mehr schreibe, ein »recht ungewöhnliches« Leben führe, und er – Arthur – glaube, ein Semester als Lehrer sei genau das Richtige, um meine Arbeit wieder zu beflügeln, und wenn ich darauf eingehen wolle, würde er das als persönlichen Gefallen betrachten und dafür sorgen, daß ich alles unterrichten könne, wozu ich Lust habe. Und ich sagte einfach: »Ja, geht in Ordnung«, und versprach, im Herbst da zu sein.
    Ich weiß nicht genau, was ich mir dabei dachte. In meinem ganzen Leben war mir so etwas noch nie in den Sinn gekommen, und es hätte in gewisser Weise nicht verrückter sein können. Bei der Zeitschrift sieht man es natürlich gern, wenn jemand Urlaub beantragt, um, wie sie meinen, seine Erfahrungen zu vertiefen. Doch als ich X davon erzählte, stand sie nur da und blickte aus dem Küchenfenster hinüber zum Tennisplatz der Deffeyes, wo Paul und Clary Caspar beim Spiel mit einem seiner achtzigjährigen Freunde zuschauten – die alten Männer trugen beide einen strahlendweißen Pullover und spielten sich den leuchtend orangefarbenen Ball in hohen Bögen zu –, und sagte: »Was ist mit uns? Wir können nicht nach Massachusetts ziehen. Ich will da nicht hin.«
    »Das ist schon in Ordnung«, sagte ich und sah mich einen Moment lang tatsächlich in der Rolle dessen, der auf einem winzigen Campus mit altehrwürdigen Gebäuden den Studenten bei der Abschlußfeier die Diplome überreicht, mit Barett und hochrotem Talar und Zepter, im Mittelpunkt der allgemeinen Bewunderung. »Ich werde pendeln«, sagte ich. »Ihr drei könnt hin und wieder am Wochenende rauffahren. Dann übernachten wir in Gasthöfen auf dem Land, wo sie noch alte Obstpressen haben. Wir werden schöne Tage erleben. Und es geht ganz einfach.« Ich hatte es plötzlich eilig, dort hinzukommen.
    »Hast du den Verstand verloren?« X drehte sich um und musterte mich, als könne sie mir tatsächlich ansehen, daß ich den Verstand verloren hatte. Und dann lächelte sie mich seltsam an, als wisse sie zwar, daß etwas Schlimmes passierte, als stehe es aber nicht in ihrer Macht, zu helfen. (Das war während der schlimmsten Zeit mit den anderen Frauen, und sie hatte sich große Mühe gegeben, sich still zu verhalten.)
    »Nein, ich habe nicht den Verstand verloren«, sagte ich mit einem schuldbewußten Lächeln. »Es ist genau das, was ich schon immer tun wollte.« (Eine glatte Lüge.) »Und es kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, finde ich. Was meinst du?« Ich ging hinüber, um ihr einen Klaps auf den Arm zu geben, doch sie drehte sich einfach um und ging hinaus in den Garten. Und wir redeten nie mehr ein Wort darüber. Ich setzte mich mit dem College in Verbindung und bat darum, mir ein Haus zu besorgen. Ich fragte bei der Zeitschrift wegen des Urlaubs an und bekam ihn auch bewilligt (ein »Abrundungsprojekt« nannten sie es). Die von mir zu behandelnden Texte wurden mir im Laufe des Sommers zugeschickt, und ich bereitete mich so vor, wie ich es für angemessen hielt. Am 1. September packte ich dann den Chevy und fuhr nach Norden.
    Natürlich fand ich, als ich wieder Boden unter den Füßen hatte, daß ich am College ungefähr so viel zu suchen hatte wie eine Ente auf dem Fahrrad, denn in Wahrheit hatte ich, auch wenn ich mir noch so viel Mühe gab, nichts zu unterrichten .
    Es ist ja eigentlich irre, daß es überhaupt noch jemanden gibt, der irgend etwas zu unterrichten hat, wenn man sich nur überlegt, daß die Welt so kompliziert ist wie ein Mikrochip und daß wir alle nur langsam dazulernen. Ich wußte eine ganze Menge, alles, was sich in meinem Leben angesammelt

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