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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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jedenfalls als ständige Gewohnheit, und du solltest sie vermeiden, falls du das Glück hast, von ihrer Existenz zu wissen, und nicht alle haben dieses Glück. Eine Zeitlang – das war nach Ralphs Tod – hatte ich selbst keine Ahnung davon, ja, ich glaubte, ich sei einer großen Sache auf der Spur – ich würde ein neues Leben beginnen, die Anker lichten, Frauen, Reisen, ein anderer Trommler würde das Marschtempo bestimmen. Aber ich täuschte mich.
    Bleibt eine Frage, die in der Tat interessant sein könnte.
    Warum hörte ich auf zu schreiben? Wenn wir für den Augenblick außer acht lassen, daß ich damit aufhörte, um Sportreporter zu werden, was dem Dasein eines Kaufmanns oder eines altmodischen Handelsvertreters mit einem Sortiment neuartiger Haushaltsartikel näherkommt als dem eines echten Schriftstellers, da in so vielerlei Hinsicht Worte einfach unsere Währung sind, unser Tauschmittel im Umgang mit unseren Lesern, und da ein sehr geringer Teil dieser Tätigkeit jemals echt schöpferisch ist – selbst wenn du nicht viel mehr bist als ein Null-Acht-Fünfzehn-Reporter, was ich nicht bin. Echtes Schreiben ist schließlich viel komplizierter und rätselhafter als alles, was gewöhnlich mit Sport zu tun hat, womit aber nichts gegen die Arbeit des Sportreporters gesagt sein soll, die mir lieber ist als jede andere.
    Lag es einfach daran, daß mir die Einfälle nicht mühelos genug kamen? Oder daß ich meine persönlichen Erkenntnisse nicht in das dunkle Gewebe komplexer Literatur umsetzen konnte? Oder daß ich nichts mehr hatte, über das ich schreiben konnte, keine Überraschungen mehr in petto, nicht mehr den Mumm für ein umfangreicheres Werk?
    Und meine Antwort lautet: Es gibt diese Gründe und mindestens zwanzig andere noch bessere. (In manchen Menschen steckt nur ein einziges Buch. Es gibt Schlimmeres.)
    Fest steht, daß ich mit fünfundzwanzig Jahren irgendwie meinen Vorausblick verloren hatte, die reizvolle und zugleich quälende Fähigkeit, jederzeit zu wissen, was als nächstes kommt – ein Muß für jeden richtigen Schriftsteller. Und was ich als nächstes schreiben würde – als nächsten Satz, am nächsten Tag –, interessierte mich nicht mehr als das Gewicht eines Steins auf dem Mars. Und ich glaubte auch nicht, daß das Schreiben eines Romans mein Interesse wieder wecken könnte.
    Aber es störte mich schon gewaltig, daß ich meinen Vorausblick verloren hatte. Und dieses teuer aufgemachte Sportmagazin versprach mir, daß es immer etwas geben würde, dem ich erwartungsvoll entgegensehen könnte, alle vierzehn Tage. Dafür würden sie sorgen. Und es würde nie etwas sein, das schwierig in Worte zu fassen war. (Mein erstes »Revier« war der Schwimmsport, und einige der älteren Reporter gaben mir einen recht wirkungsvollen Schnellkurs, wie sie das immer tun.) Ich hatte im Sport keine besonderen Kenntnisse zu bieten, aber das wurde auch nicht verlangt. Ich fühlte mich so wohl wie ein altes Handtuch in einem Umkleideraum, hatte jede Menge Meinungen und hatte Sportler sowieso schon immer bewundert. Die fröhlich-männliche Gegenwart nackter Weißer und Schwarzer hat mir schon immer das Gefühl vermittelt, am richtigen Ort zu sein, und ich war nie fehl am Platz, wenn ich ein paar leicht zu beantwortende Fragen stellte und etwas weniger aufdringlich war als all die anderen.
    Zudem würde ich dafür bezahlt werden. Gut bezahlt – und ich würde viel unterwegs sein. Über fachmännisch geschriebenen Artikeln, die viele Leute lesen und möglicherweise genießen würden, stünde regelmäßig »Frank Bascombe«. Gelegentlich würde ich in Fernsehsendungen als Gast mitwirken (eine Konferenzschaltung in mein eigenes Wohnzimmer) und Fragen von Fans in St. Louis oder Omaha beantworten, wo ich mit einem meiner Artikel in ein Wespennest gestochen hatte. »Mein Name ist Eddie, und ich rufe aus Laclede an. Können Sie mir sagen, Mr. Bascombe, was heutzutage eigentlich mit dem Wettkampfsport an den Unis los ist? Also, ich finde, Mr. Bascombe, das stinkt zum Himmel, find ich.« – »Ich muß sagen, Eddie, das ist eine sehr gute Frage …« Und zu alldem konnte ich damit rechnen, gelegentlich mit gutmütigen Männern zusammenzukommen, die, zumindest oberflächlich gesehen, meine Meinungen teilten – etwas, was bei einem richtigen Schriftsteller nur selten vorkommt.
    Ich faßte den Entschluß, über alles zu schreiben und es gut zu machen, was von mir verlangt wurde, Bodybuilding für Paare, Fallschirmspringen,

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