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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Ende / einer langen Höhle / wird mir Erde / in die Nasenlöcher gestopft / ich beiße durch / Erde und Wurzeln / und Knochen und / träume von einer getrennten Existenz« waren solche Zeilen, die er mir eines Tages in der Bahn aus dem Gedächtnis zitierte. Kurz nachdem diese Zeilen entstanden waren, gab er das Schreiben auf und vertrieb sich die Zeit lieber damit, seinen Studentinnen nachzustellen.
    Es ist kein Zufall, daß ich just in dem Augenblick heiratete, als meine literarische Laufbahn und meine Begabung zum Schreiben schwerer Ernsthaftigkeit erlagen. Ich sehnte mich, könnte man sagen, nach dem Spiel von Hell und Dunkel, und in der Hinsicht sind Ehe und Privatleben nicht zu übertreffen. Ich sah die gleiche lange und leere Horizontlinie, die X heute sieht, wie sie sagt, jenen Tisch, an dem nur für einen gedeckt ist, und ich mußte der Literatur den Rücken kehren und mich wieder dem Leben zuwenden, wo ich weiterkommen konnte. Es ist kein Verlust für die Menschheit, wenn ein einzelner Schriftsteller beschließt, mit dem Schreiben Schluß zu machen. Wen außer die Affen kümmert’s, wenn im Wald ein Baum umstürzt?

Drei
    Um Viertel vor zehn bin ich soweit, mich dem Tag zu stellen. Ich sitze in meinem Malibu und fahre auf der Hoving Road zur Great Woods Road und zu den Wohnanlagen Pheasant Run & Meadow, wo Vicki wohnt – in Wirklichkeit Highstown näher als dem eigentlichen Haddam.
    Ein paar Worte sollte ich wohl über Haddam verlieren, wo ich seit vierzehn Jahren lebe und ewig leben könnte.
    Es ist keine Stadt, die einem Rätsel aufgibt. Man stelle sich ein Städtchen in Connecticut vor, sagen wir Redding Ridge oder Easton oder einen der schöneren Vororte voller Natursteinmauern etwas abseits vom Merritt Parkway – Haddam gleicht ihnen mehr als einem typischen Ort in New Jersey.
    Von einem aus Long Island kommenden Wollhändler namens Wallace Haddam 1795 gegründet, liegt die Stadt mit ihren zwölftausend Einwohnern in der waldreichen, sanften Hügellandschaft im Zentrum New Jerseys, östlich des Delaware River, direkt an der Bahnlinie, auf halbem Weg zwischen New York und Philadelphia, so daß schwer zu sagen ist, wem wir uns als Vorort zugehörig fühlen – Pendler fahren in beide Richtungen. Als Folge davon herrscht hier allerdings das Gefühl, daß man in einer Kleinstadt lebt, fernab von der großen Welt – ein Gefühl, das nicht weniger ausgeprägt ist als beispielsweise in New Hampshire, das jedoch das Beste einschließt, was New Jersey zu bieten hat: Die Gewißheit, daß Geheimnisse nie herbeigesehnt werden, daß aber bedeutsamen Geheimnissen auch nicht ausgewichen wird. Das ist der Grund, weshalb sich eine Stadt wie New Orleans selbst zu Fall bringt. Sie sehnt sich nach einer Rätselhaftigkeit, die sie nicht hat und auch nie haben wird und möglicherweise nie gehabt hat. New Orleans sollte auf meinen Rat hören und Haddam nacheifern, wo es für einen Realisten überhaupt nicht schwer ist, über die Welt nachzudenken.
    Es ist keine kirchlich ausgerichtete Stadt, obwohl es wegen des winzigen Theologischen Seminars am Ort (ein Vermächtnis von Wallace Haddam) genügend davon gibt. Sie haben eine eigene schottisch-reformierte Backstein- und Kupferkirche mit einem Chor und einer Orgel, die dreimal in der Woche die Fenster klirren läßt. Das Städtchen ist aber ganz in dieser Welt angesiedelt.
    Es gibt in der Stadtmitte so etwas wie einen kleinen Marktplatz, nach Norden offen und von weißgestrichenen Häusern im Kolonialstil eingerahmt; aber es gibt keine eigentliche Hauptstraße. Von denen, die hier leben, arbeiten die meisten anderswo, oft in einer der privatwirtschaftlichen Denkfabriken draußen auf dem Land. Die anderen sind Seminaristen oder reiche Ruheständler oder Mitglieder des Lehrkörpers der De Tocqueville Academy draußen auf der Landstraße 160. Es gibt ein paar teure Läden, deren Schaufenster durch Mittelpfosten geteilt sind – Geschäfte für Herrenbekleidung und exklusive Boutiquen für Damenunterwäsche sind im Kommen. Buchhandlungen haben keine Chance. Geschiedene Frauen, energisch und zuweilen schlecht gelaunt (darunter Ex-Ehefrauen von Seminaristen), besitzen die meisten der Läden, und durch sie hat die Stadtmitte ein geziertes, kunstgewerbliches Aussehen bekommen, das mich an die Illustrationen in Katalogen erinnert (für mich ein sympathischer Anblick). Es ist jedenfalls keine Stadt, die sehr geschäftig wirkt.
    Das Postamt steht hoch im Kurs, denn wir sind eine Stadt

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