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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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Rennrodeln, Nebraska-Football mit acht Mann – mir wären für jeden Auftrag drei verschiedene Reportagen eingefallen. Mitten in der Nacht hatte ich manchmal Einfälle, sprang aus dem Bett, eilte praktisch im Laufschritt hinunter ins Arbeitszimmer und schrieb sie auf. Mein bisheriges Rohmaterial – Grübeleien, bruchstückhafte Erinnerungen, Impulse, die ich ansonsten in eine Short Story hatte zwingen müssen – kam mir nun plötzlich wie das Leben vor, das ich bereits bestens verstand und über das ich schreiben konnte: Es ging um den Kampf gegen das Älterwerden, um die Entdeckung realistischer Vorstellungen von der Zukunft.
    Es muß Tausenden von Menschen widerfahren, daß eine späte Berufung übergangen wird und daß danach nur noch halbe Sachen zustande kommen – ein totgeborenes Glücksgefühl. Doch bei mir war es genau umgekehrt. Ohne überhaupt zu wissen, daß es eine natürliche Berufung für mich gab, war ich auf diese für mich perfekte Betätigung gestoßen: auf der leeren Tribüne eines Baseballstadions in Florida zu sitzen und die Geräusche von Handschuhleder und Stimmengeplauder zu hören; mit Trainern und Betreuern in den böigen Herbstwinden Wyomings zu reden; bei einem Trainingslager in einer mittelgroßen Stadt im ländlichen Illinois im Gras zu stehen und einen Football nach dem anderen durch die Luft segeln zu sehen; die einschlägigen Statistiken zu büffeln, dann nach Hause oder zurück ins Büro zu gehen, mich an meinen Schreibtisch zu setzen und darüber zu schreiben.
    Kann es, dachte ich und denke ich immer noch, etwas Besseres überhaupt geben? Wie ließe sich die lebenslange schmerzende Sehnsucht nach einem Blick in die Zukunft leichter lindern als mit dem Schreiben von Sportreportagen – eine Sehnsucht, ohne die nur Zenmeister und Koma-Opfer glücklich leben können?
    Ich habe mich über genau dieses Thema mit Bert Brisker unterhalten, der auch einmal als Reporter für das Magazin gearbeitet hat, inzwischen aber für eine der schicken Wochenzeitungen Buchbesprechungen schreibt, und er hat eine Reihe von bemerkenswert ähnlichen Erfahrungen gemacht. Bert ist ein Bär von einem Mann, groß und kräftig, aber sanft wie ein Lämmchen, seit er nicht mehr trinkt. Unter den noch am Ort wohnenden Bekannten aus den alten Tagen der Cocktail- und Dinnerpartys steht er mir am nächsten, und wir versuchen dauernd, uns wieder einmal bei ihm zu Hause zum Essen zu treffen, obwohl Bert an dem einen Abend, den ich dort war, schon bald so nervös wurde wie eine alte Wachtel (das war ungefähr zu dem Zeitpunkt, als klarwurde, daß wir uns nichts zu sagen hatten) und schließlich mehrere Wodkas kippte und mir androhte, er werde mich durch die Wand schleudern. Folglich sehen wir uns nur noch in der Bahn nach Gotham, und das einmal die Woche. Es ist, glaube ich, die Essenz einer modernen Freundschaft.
    Bert war früher einmal ein Dichter und hat zwei, drei zierliche, schmale Bändchen veröffentlicht, die ich gelegentlich in den Regalen moderner Antiquariate sehe. Jahrelang hatte er den Ruf, ein Wilder zu sein, der sich bei öffentlichen Lesungen betrank, sein Publikum aus Nonnen und kulturbeflissenen Damen zum Teufel wünschte, oft von der Bühne kippte und in einen tiefen, tranceähnlichen Schlaf sank, Schlägereien in den Häusern von Professoren anfing, die ihn dorthin eingeladen hatten und ihn für einen Künstler hielten. Am Ende landete er natürlich in einer Rehabilitationsklinik in Minnesota und später dann in einem kleinen College in New Hampshire – das viel Ähnlichkeit mit dem College hatte, an dem ich unterrichtete –, wo er ein Lyrikprogramm aufzog, ehe er schließlich gefeuert wurde, weil er mit fast allen seinen Studentinnen ins Bett ging und einige sogar veranlaßte, bei ihm und seiner Frau im Haus zu wohnen. Es ist keine ungewöhnliche Geschichte, obwohl das alles schon Jahre zurückliegt. Er wurde Sportreporter wie ich und lebt heute mit seiner zweiten Frau Penny und ihren beiden Töchtern auf einer Farm in den Hügeln bei Haddam, wo er neben seiner Arbeit als Buchkritiker Schäferhunde züchtet. Damals als Sportreporter hatte sich Bert auf Eishockey spezialisiert, und zu seinem Lob will ich sagen, daß er sehr gut darin war, ein von Kanadiern betriebenes, uninteressantes Spiel manchmal mehr als uninteressant erscheinen zu lassen. Viele unserer Autoren sind ehemalige College-Lehrer oder einstmals aufstrebende Schriftsteller, die es einfach nicht mehr ertragen konnten, oder robuster

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