Sportreporter
veranlagte Absolventen vornehmer Hochschulen, die keine Lust hatten, Börsenmakler oder Scheidungsanwälte zu werden. Die Zeit des alten, hartgesottenen Reporters, der in Des Moines beim Register oder in Fargo beim Dakotan angefangen hat – Leute wie Al Buck und Granny Rice –, ist längst vorbei, auch wenn das vor zwölf Jahren, als ich anfing, noch nicht ganz so stimmte.
Bert und ich haben auf unseren Bahnfahrten durch die Landschaft New Jerseys über dieses Thema gesprochen – warum er als Schriftsteller aufgehört hat, warum ich aufgehört habe. Und wir haben bis zu einem gewissen Grad darin übereingestimmt, daß wir in unserem Bemühen um Ernsthaftigkeit beide immer schwermütiger geworden sind und daß wir die absolute Notwendigkeit des Hell-Dunkel-Spiels in der Literatur nicht verstanden haben. Ich fand meine Storys damals gut (selbst heute noch glaube ich, sie könnten mir gefallen). Sie schienen ein Gefühl für das menschliche Dilemma zu haben, und sie schienen die Welt wirklich unsentimental und mit alten Augen zu sehen. Es stimmte aber auch, daß sie so manche Schilderung des Wetters und des Mondes enthielten und daß die meisten von ihnen in abgelegenen Jagdrevieren an kanadischen Seen oder in den neu entstandenen Vororten oder in Arizona oder Vermont spielten, Orte, an denen ich nie gewesen war, und viele endeten damit, daß Männer an Internaten irgendwo in Neuengland aus verschneiten Fenstern starrten oder daß jemand eine dunkle, unbefestigte Straße entlangraste oder mit dem Kopf gegen die Wand rannte oder einem anderen sagte, er könne seine Frau nie rückhaltlos lieben – so daß oft eine schwer zu verkraftende Leere zurückblieb. In den Storys schien auch die Stille eine entscheidende Rolle zu spielen. Offenbar klebte ich, so kam es mir jedenfalls später vor, an schlimmen Stereotypen. Alle meine Männer waren zu ernst, zu grüblerisch und humorlos, Typen im Kampf mit unwägbaren Dilemmas und viel weniger interessant als meine Frauenfiguren, die zwar immer von untergeordneter Bedeutung waren, dafür aber ungezwungen und scharfsinnig.
Das Bemühen um Ernsthaftigkeit führte bei Bert dazu, daß er schließlich nur noch Gedichte über Steine und zerstörte Vogelnester schrieb, über leere Häuser, wo imaginäre Brüder, in denen er sich selbst sah, schauerlichen Ritualmorden zum Opfer gefallen waren, bis er am Ende keine einzige Zeile mehr schreiben konnte und dafür nun soff wie ein Verrückter, mit seinen Studentinnen ins Bett ging und sie von der Wichtigkeit der Poesie dadurch zu überzeugen versuchte, daß er sich in ihrem Namen auf ihnen austobte. Er bezeichnete das mir gegenüber als Unfähigkeit, »intellektuell geschmeidig« zu bleiben.
Doch wir saßen beide fest wie zwei Kinder, die am Ende ihrer Weisheit sind, und das auch wissen. In den meisten Fällen wußte ich tatsächlich nicht, was andere empfanden – und ich wußte auch nicht, was ich sonst tun oder wie ich es herausfinden konnte. Und selbstverständlich ist genau das der Punkt, von dem sich die großen Schriftsteller – ein Tolstoi und eine George Eliot – zu ihrer wahren Größe emporschwingen. Aber da ich mich nicht zu wahrer Größe emporschwang – und Bert auch nicht –, muß ich annehmen, daß genau da unsere Vorstellungskraft ganz offenkundig versagte. Wir büßten unsere Autorität ein, um es deutlich auszudrücken.
Als ich anfing, Tanger zu schreiben, in dem ich einige autobiographische, in einer Militärakademie spielende Abschnitte unterzubringen hoffte, wurde ich immer ernster und prätentiöser – durch meine literarische Stimme, meine Sätze und ihre Konstruktion (sie wurden wie schwere, metallene Stickereien, die niemand, einschließlich meiner selbst, würde lesen wollen) und meine Themen, die immer düsterer wurden. Meine Charaktere verkörperten im allgemeinen die Einstellung, daß das Leben immer eine verdammt unangenehme und wahrscheinlich verwirrende Angelegenheit sein wird, aber irgend jemand muß nun mal weitermachen und sich durchbeißen. Das kann natürlich irgendwann zu einem schrecklichen Zynismus führen, denn ich wußte, daß das Leben keineswegs so war – es war sehr viel interessanter –, nur konnte ich nicht entsprechend darüber schreiben. Und bevor ich soweit war, verlor ich den Mut dazu, solche Dinge aneinanderzureihen, ließ mich verwirren und hörte auf. Bert versicherte mir, daß seine Zeilen die gleiche bedrückte, damastene Eigenart annahmen. »Beim täglichen Aufwachen / am
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