Sportreporter
altem Fahrrad rauffahre, öffnet morgens um fünf mit kostenlosem Kaffee. Die drei Banken lassen keinen Scheck platzen (ein Angestellter ruft vorher an). Schwarze und weiße Jungen – Ralph war einer von ihnen – treiben gemeinsam Sport, lernen abends zusammen für die Aufnahmeprüfung und besuchen die kleine Backsteinschule. Und wenn du im Schatten von Ulmen auf irgendeiner Straße zwischen Häusern, die historischen Vorbildern nachempfunden sind – meinem Tudor schräg gegenüber steht ein großes Second Empire, das einem ehemaligen Richter am Obersten Gericht von New Jersey gehört –, deine Geldbörse verlierst, so wie ich, dann kannst du sicher sein, daß noch vor dem Abendessen jemand anruft und seinen halbwüchsigen Sohn ankündigt, der sie dir wiederbringt, komplett mit all den Kreditkarten, und von Belohnung kein Wort.
Man könnte einwenden, daß eine solche Stadt nicht mit der Art und Weise übereinstimmt, wie es auf der Welt heute zugeht. Daß die wirkliche Welt einen schlimmeren und komplizierteren Rahmen für ein Leben angibt und daß ich mich mit den Rhonda Matuzaks des Lebens dort hinauswagen sollte.
Tatsächlich bin ich in den zwei Jahren seit meiner Scheidung öfter mal bei Dunkelheit, wenn ich noch irgend etwas zu erledigen hatte, durch diese gewundenen, baumreichen Straßen gegangen und habe in eben diese Häuser geschaut, während aus den Fenstern freundlich-warmes Licht fiel, dunkle Autos sich am Randstein drängten und Gelächter, das Klingen von Gläsern und angeregtes Geplauder die Luft erfüllten, und dachte bei mir: Was sind das doch für gute Zimmer. Was für ein vollkommenes Leben herrscht hier, hörbar – zum Beispiel das Leben des Richters, an das ich gerade denke. Und obwohl ich selbst kein Teil davon war und es auch nicht sehr gern wäre, bewegte mich doch die Vorstellung, wir alle führten ein standhaftes und verantwortliches Leben.
Wer weiß? Vielleicht hat auch der Richter seine dunklen Stunden auf den Straßen. Vielleicht stand das Leben irgendeines Mannes unten im traurigen Yardville auf des Messers Schneide, und die Lichter in meinem Haus – ich lasse sie gewöhnlich alle brennen – haben dem Richter Trost gespendet und ihn zu dem Gedanken bewegt, daß wir alle eine zweite Chance verdienen. Kann sein, ich sitze im Haus nur über irgendwelchen Baseballstatistiken, lese eine Boxillustrierte oder studiere in der Frühstücksnische eifrig einen Katalog und erhoffe mir nicht mehr als einen guten Traum. Doch genau für solche Zwecke sind Vorortstraßen ideal, und nur so können Nachbarn hier gute Nachbarn sein.
Gewiß ist es heute in einer Welt, in der es so vieles gibt, schwieriger zu beurteilen, was wesentlich ist und was nicht, bis hin zu der Frage des richtigen Wohnsitzes. Das ist auch ein Grund, weshalb ich das Schreiben aufgegeben und einen richtigen Job im verläßlichen Geschäft des Sports angenommen habe. Ich wußte nicht mit Sicherheit, was ich über die große Welt sagen sollte, und ich wollte nicht einfach spekulieren. Und das gilt immer noch. Daß wir die große Welt alle von irgendwoher und in irgendeiner hoffnungsvoll-nützlichen Weise betrachten, ist ungefähr alles, was ich sagen konnte – meine beste, ehrlichste Bemühung. Und das ist für Literatur zuwenig, obwohl mir das kaum etwas ausmachte. Heutzutage bin ich gewillt, zu möglichst vielen Dingen ja zu sagen: ja zu meiner Stadt, meiner Nachbarschaft, meinem Nachbarn und meiner Nachbarin, ja zu seinem Wagen, ja zu ihrem Rasen, zu Hecke und Dachrinne. Laßt die Dinge doch so gut sein, wie sie nur können. Schenk uns allen einen gesunden Schlaf, bis es vorbei ist.
Die Hoving Road ist heute morgen sonnengesprenkelt und frühlingshaft wie der schönste Ligusterweg in England. Auf der anderen Seite der Stadt ruft das Geläut Sankt Leos des Großen energisch zum Gottesdienst, und das erklärt, warum bei keinem der Nachbarn italienische Gärtner den Rasen bearbeiten, unter den Forsythien harken und den Feuerdorn zurückschneiden. Einige Häuser haben eine Dekoration aus sonnigen Osterglocken an der Tür, während andere immer noch an dem alten Brauch der Episkopalkirche festhalten und den Adventskranz bis zum Ostermorgen hängen lassen. In jeder Straße ist eine schöne ökumenische Feiertagsstimmung zu spüren.
Auf dem Marktplatz wimmelt es heute morgen von Menschen, die ihre Ostereinkäufe machen, und um nicht aufgehalten zu werden, nehme ich den »Schleichweg« und fahre auf den kleinen Einbahnstraßen
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