Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
Vom Netzwerk:
bin ich Mitglied einer kleinen Gruppe in der Stadt, die sich zusammengefunden und sich den – bewundernswert prosaischen – Namen »Klub der Geschiedenen Männer« gegeben hat. Wir sind insgesamt fünf, obwohl sich die Zusammensetzung ein-, zweimal änderte, da sich einer wieder verheiratet hat und von Haddam nach Philadelphia gezogen ist und ein anderer an Krebs gestorben ist. In beiden Fällen ist im richtigen Augenblick jemand gekommen, um die Lücke zu füllen, und wir haben uns alle gefreut, daß wir weiterhin fünf sind, denn bei der Zahl stimmt irgendwie das Gleichgewicht. Ein paarmal war ich kurz davor, den Klub zu verlassen, wenn man überhaupt von einem Klub sprechen kann, denn ich bin nicht der typische Vereinsmensch und habe auch nicht – jedenfalls nicht mehr – das Gefühl, daß ich die Unterstützung des Klubs brauche. Tatsächlich finde ich fast alles, was damit zu tun hat, entsetzlich langweilig, und seit ich mich darauf zu konzentrieren versuche, stärker in mir selbst zu ruhen, habe ich das Gefühl, mich ein wenig abgesetzt zu haben und auf dem Weg zurück zur Hauptrichtung meines eigenen gelebten Lebens zu sein. Aber es hat gute Gründe gegeben, dabeizubleiben. Ich wollte nicht der erste sein, der von sich aus den Klub verläßt. Das schien mir schäbig – mich hämisch darüber zu freuen, daß ich es überstanden hatte, während die anderen vielleicht noch nicht soweit waren, auch wenn niemand je zugab, daß wir irgend etwas zur gegenseitigen Unterstützung tun. Ohnehin ist keiner von uns der Typ, der anderen gern sein Herz ausschüttet. Wir sind alle gebildet. Einer ist Banker. Einer arbeitet in einer »Denkfabrik« am Ort. Einer ist Seminarist, und der letzte ist Effektenberater. Es geht bei uns nicht allzu ernst zu, viel eher herrscht eine liederlich-schelmische Ausgelassenheit. Meistens fahren wir runter zur August Inn , paffen Zigarren, unterhalten uns mit dröhnenden Unternehmerstimmen und hauen einmal im Monat auf den Putz. Oder aber wir zwängen uns in Carter Knotts alten Kombi und fahren zu einem Baseballspiel nach Philadelphia runter oder zum Angeln rüber an die Küste, wo wir bei Ben Mouzakis’ Paramount Show Boat Dock einen günstigen Gruppenrabatt bekommen.
    Es gibt aber noch einen anderen Grund, weshalb ich den Klub nicht verlasse: keiner von uns fünfen ist – in Anbetracht unserer besonderen Umstände – der Typ für einen Klub geschiedener Männer, ja, keiner von uns scheint in einen Ort wie Haddam zu gehören. Und doch sind wir jedesmal wieder dabei, mit der großen Angst eines Soldaten, der in ein Erschießungskommando zwangsverpflichtet wird, nach Kräften bemüht, so redselig und freundlich zu sein wie ein Rotarier – und zum Ausklang unserer Abende reden wir, wo wir auch sein mögen, über das Leben und den Sport und das Geschäft, ernst über unsere Knie gebeugt, hier und da die rot aufleuchtende Glut einer Zigarette, während das Boot auf die beleuchtete Anlegestelle zuhält, oder kurz vor der Sperrstunde in der Press Box Bar an der Walnut Street – und alle tun wir unser möglichstes füreinander und für persönliche, aber nie bekennerhafte Äußerungen. Tatsächlich kennen wir uns kaum und haben manchmal Mühe, ein Gespräch in Gang zu halten, solange wir nichts getrunken haben. Ebenso ist es auch schon vorgekommen, daß ich es kaum erwarten konnte wegzukommen und mir selber gelobt habe, nie wieder hinzugehen. Doch in Anbetracht unserer Persönlichkeiten ist das, glaube ich, das höchste Maß an Freundschaft, das sich jeder von uns erhoffen kann. (X schätzt mich in dieser Beziehung absolut richtig ein.) Die Vororte sind ohnehin keine Umgebung, in der Freundschaften gedeihen. Und wenn ich auch nicht behaupten kann, daß wir uns besonders sympathisch sind, so kann ich doch eindeutig sagen, daß wir uns nicht unsympathisch sind, und das ist möglicherweise der Kern all jener Freundschaften, die dich nicht mit Leuten verbinden, die du schon gekannt hast, bevor du über dein eigenes Leben Bescheid gewußt hast – was bei mir und wahrscheinlich auch bei den anderen der Fall ist, auch wenn ich sie wirklich nicht gut genug kenne, um das mit Sicherheit sagen zu können.
    Wir – die ursprünglichen fünf – lernten uns kennen, weil wir uns für die Kurse an der Haddam High School eingeschrieben hatten, die unter dem Motto »Für Leute, die’s wissen wollen« liefen, genau richtig für Leute wie uns, die sich in den entsprechenden Vereinen nicht wohl fühlten. Ich

Weitere Kostenlose Bücher