Sportreporter
berechnen; die Frau würde seekrank werden und das Boot zur frühen Heimkehr zwingen; kein Fisch würde beißen, und der Tag würde mit einer miserablen Fischsuppe in einem jämmerlichen Fischlokal nur einen Steinwurf von zu Hause entfernt zu Ende gehen. Mit anderen Worten: Alles, was kommt, ist zu beklagen; also fangen wir lieber gleich damit an. Ich hätte ihnen am liebsten zugebrüllt: Kopf hoch! Die Chancen stehen besser, als ihr denkt. Es könnte doch alles klappen. Es könnte ein toller Tag für euch werden, also geht an Bord. Aber irgendwie fehlte mir der Mut dazu.
Doch wie es sich dann ergab, hätte ich damit absolut recht gehabt. Ben Mouzakis hatte die andere Hälfte des Boots an eine griechische Familie namens Spanelis vermietet, die aus seinem eigenen Heimatdorf bei Parga im Ionischen Meer stammte, und die geschiedenen Männer kehrten alle ihre besten Manieren heraus, benahmen sich wie Botschafter des guten Willens auf einer glückverheißenden Mission; sie halfen den Frauen mit ihren kurzen Angelruten, befestigten Köder an den Haken und entwirrten Angelschnüre, die sich an der Haspel verwickelt hatten. Die griechischen Männer hatten ihre eigene Art, den Köder so zu befestigen, daß der Fisch ihn nicht sofort wegschnappen konnte, und viel Zeit wurde damit verbracht, diese Technik zu lernen. Ben Mouzakis wartete schließlich mit Retsina auf, und um sechs Uhr war mit dem Angeln Schluß, die wenigen Plattfische, die vor dem »verborgenen Riff« angebissen hatten, wurden auf Eis gepackt, das Radio wurde auf einen griechischen Sender in New Brunswick eingestellt, und alle – die geschiedenen Männer und die Familie Spanelis, zwei Männer, drei hübsche Frauen und zwei Kinder – saßen, die Ellbogen auf den Knien, in der langgestreckten Kabine, wippten vor und zurück, legten die Hände um die Weingläser und redeten ernst mit der besten, gut nachbarlichen Toleranz über den Wert der Drachme, Melina Mercouri und den Ausflug nach Yosemite, den die Spanelises für den Juni planten, falls ihr Geld bis dahin reichte.
Ich war zufrieden mit der Entwicklung, die der Tag genommen hatte. Manchmal überkommt mich ein furchtbares Gefühl des Verlusts, wenn ich mit diesen Männern zusammen bin, so ausgeprägt wie ein tropisches Tief. In der Vergangenheit war es allerdings meist schlimmer als gestern. Irgendwie kommen sie mir – alles aufrichtige, gutherzige Burschen – so verträumt vor, wie das nur möglich ist, weit mehr, als ich es bin. Und verträumte Menschen kommen oft nicht gut miteinander aus, ob Sie das nun glauben oder nicht. Tatsächlich haben sich verträumte Menschen wenig zu bieten, ja, sie neigen dazu, die Verträumtheit der jeweils anderen bis zur verschwommenen Nichtigkeit zu neutralisieren. Das Elend bedarf – anders als das Glück – keiner Gesellschaft. Deshalb habe ich es mir auch angewöhnt, anderen Sportreportern, wenn ich nicht arbeite, aus dem Weg zu gehen – ich meide sie wie Piranhas –, denn Sportreporter sind oft die verträumtesten Menschen überhaupt. Es ist auch einer der Gründe, weshalb ich nach Einbruch der Dunkelheit nicht in Gotham bleibe. Mehr als ein Drink mit den Jungs aus dem Büro bei Wally’s , einer beliebten Kneipe in der Third Avenue, und das Grauen tropft wie Zyankali von der falschen Glitzerdecke und aus den Tiffanylampen. Mein Knie fängt unter dem Tisch an zu hüpfen, und in drei Minuten habe ich jede Überzeugung verloren, bin stumm wie ein Fisch und blicke vom Tisch weg auf die Bilder an der Wand oder auf die Fugen zwischen den Gußformen an der Decke oder auf die Spiegel in der hinteren Bar, von denen ein weiterer Raum reflektiert wird, und stelle mir bereits vor, wie sehr ich meine Nachhausefahrt genießen werde. Eine Gruppe von Sportreportern kann deinen Blickwinkel weit über den Pessimismus hinaus verengen, denn die schlimmsten von ihnen sind Zyniker, die in den Keimen menschlicher Niederlagen einzig und allein schlechtes Theater sehen.
Was ist es darüber hinaus, was mich auch vom besten, gleichgesinnten Small talk zurückweichen läßt, wenn das Grauen ausbleibt und keine Spur von Zynismus zu erwarten ist und wenn ich, zumindest im Prinzip, die Idee der Kameradschaft mag. (Warum würde ich sonst mit den »Geschiedenen Männern« angeln gehen?) Einfach, daß ich es nicht ausstehen kann, wenn Dinge endgültig festgelegt werden, wenn Möglichkeiten durch den schäbigen Einfluß von Tatsachen eingeengt werden – und dazu gehört auch das simple Faktum
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