Sportreporter
acht.«
»Hat er sich bei dir auch von hinten angeschlichen?«
»Onein.« Sie hebt überrascht den Blick. »Schmutzige Phantasie. Ich paß auf, wer hinter mir ist.«
»Was, glaubst du, glaube ich?«
»Es steht dir überdeutlich im Gesicht geschrieben.«
»Ich bin nur eifersüchtig«, sage ich. »Merkst du das nicht?«
»Woher soll ich das wissen.« Sie findet in ihrer Tasche ein winziges Parfümfläschchen, macht es auf und fährt damit, am Boden kniend, über Hals und Arme. Mit einem begehrlichen Blick, den ich – und sie weiß das – an ihr mag, lächelt sie zu mir herauf. »Glaub mir, Mann, du hast nichts zu befürchten. Du bist Numero uno , und eine Nummer zwei gibt’s nicht.«
»Dann erzähl mir die Sache mit Fincher.«
»Irgendwann einmal. Es wird dich aber nichtüberraschen, das kann ich dir jetzt schon sagen.«
»Du würdest überrascht sein, was mich überrascht.«
»Und was mich nicht überrascht. Nie.« Sie stellt sich neben mich in die Schlange und greift nach meiner Hand. Ihre Hand ist feucht, und um mich her duftet es nach Chanel No. 5.
»Ich gebe mich geschlagen.«
»Richtig so. Ich gewinne mal wieder auf der ganzen Linie«, sagt sie munter. Und wenn ich diesen Augenblick für immer festhalten könnte – verloren im Vorgefühl einer sicheren Reise, eines tödlichen Unfalls, eines Bombenerfolgs, eines entnervenden, bitteren Scheiterns –, dann würde ich das tun und diesen Flughafen nie mehr verlassen, nie mehr zu mir selbst zurückkehren oder mich wiederfinden und nie mehr wissen, was die Zukunft bringt, so wie du das sonst immer wissen mußt, obwohl es immer nur dasselbe ist, dasselbe Du, das wartet.
Vier
In dem Augenblick, da wir im Flugzeug unsere Plätze eingenommen haben, sind wir im mittleren Westen; seine erdenschwere Sinnlichkeit bringt die ganze Kabine unserer 707 praktisch zum Vibrieren. Stämmige Stewardessen, deren Lächeln signalisiert: »He, ich könnte dich lieben, wenn wir erst wieder am Boden und in Sicherheit sind«, helfen uns beim Verstauen des Handgepäcks. Vicki steckt den Tragriemen in ihre Reisetasche und reicht sie nach oben. »Oha, die ist ja vielleicht Klasse!« sagt eine große Blondine namens Sue und stemmt voll freimütiger Bewunderung die Hände in die Hüften. »Die muß ich Barb zeigen. Was wir an Gepäck haben, ist nämlich das letzte. Wohin soll die Reise gehen?« Sues Lächeln entblößt einen großen Eckzahn, der bräunlich verfärbt ist, aber sie ist voller Liebenswürdigkeit und guter Laune. Jede Wette, daß ihr Vater in der Air Force war und daß sie eine Reihe sportlicher jüngerer Brüder hat. Sie hat schon allerhand erlebt.
»De-troit«, verkündet Vicki stolz und mit einem verstohlenen Blick in meine Richtung.
Sue neigt den blonden Kopf voller Stolz zur Seite. »Detroit ist einfach herrlich, Sie werden sehen.«
»Also, ich freu mich schon richtig darauf«, sagt Vicki mit einem Grinsen.
»Super, einfach super«, sagt Sue und geht hüftschwenkend davon, um mit ihrer Kaffeerunde zu beginnen. Rings um mich her beginnen fast augenblicklich die Gespräche in den sanft näselnden Tönen und mit den sanften Gefühlsregungen, die mir aus meiner Studentenzeit vertraut sind. Alle scheinen gebürtige Detroiter zu sein, die für die Feiertage nach Hause fliegen, niemand, der im Westen nur einen Besuch machen will wie wir. Ganz in der Nähe behauptet jemand, er sei aufgeblieben, um eine dieser Mammutsendungen zu sehen, und das habe ihn zwei Arbeitstage gekostet. Ein anderer war auf einer Angeltour zum »Daumen« raufgefahren, hatte aber einen Motorschaden und saß das ganze Wochenende in Bad Axe fest. Einer hatte an der Wayne State University zu studieren begonnen und war Anwärter bei der Verbindung Sigma Nu, doch schon an Weihnachten arbeitete er wieder zu Hause in der Blechhandlung seines Vaters. Man könnte natürlich sagen, daß einen die Inneneinrichtung aller modernen Verkehrsmittel an den mittleren Westen denken lassen. Die kompakten Gepäcknetze über den Sitzen, die bequemen, pastellfarbigen Liegesitze, wegklappbare Minitische und im großzügigen Smörgasbord-Stil das Angebot: »Innerhalb vernünftiger Grenzen alles, was Sie wollen.« Alles Produkte der Findigkeit des mittleren Westens, so sicher wie die Tatsache, daß der Wiener Walzer aus Wien kommt.
Etwas später kommen Barb und Sue auf ihrer Runde nach hinten und machen mit Vicki ein ernsthaftes Frage-und-Antwort-Spiel hinsichtlich ihrer Reisetasche, die sie beide in dieser
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