Sportreporter
mich ausgekundschaftet. Ich könnte noch viel mehr herausfinden. Aber wen interessiert das? Eddie Pitcock heißt er. Ist das nicht der passende Name für den Burschen, der mit deiner Frau durchbrennt?«
»Nur ein Name, Walter, sonst nichts.«
Walter faßte sich wieder an die Nase und schniefte.
»Stimmt. Da hast du recht. Das ist es auch gar nicht, worüber ich reden wollte, Frank.«
»Dann laß uns über Sport reden.«
Walter starrte verbissen auf die Fischbilder hinter der Theke und atmete heftig durch die Nase. »Ich komme mir ziemlich wichtigtuerisch vor, Frank, nachdem ich dich hier reingeschleppt habe. Es tut mir leid. Ich bin normalerweise kein Wichtigtuer. Ich möchte nicht, daß das zur Geschichte meines Lebens wird.« Walter hatte mein Angebot, den Sport zum Thema einer guten Unterhaltung zu machen, völlig ignoriert, und das bedeutete wohl, daß etwas Ernsteres kam, etwas, das mir noch leid tun würde. »Ein sehr amüsantes Leben ist es jedenfalls nicht.«
»Ja, ich verstehe«, sagte ich. »Vielleicht wolltest du einfach auf einen Drink in eine Bar, mit jemandem, den du kennst, dem du dich aber nicht anzuvertrauen brauchst. Das ist wirklich vernünftig. Ich hab das auch schon getan.«
»Frank, ich bin vorgestern in New York in eine Bar gegangen und hab mich von einem Mann aufreißen lassen. Ich bin dann mit ihm in ein Hotel gegangen – es war das Americana – und hab mit ihm geschlafen.« Walter blickte grimmig auf die Fischbilder. In seinem Blick lag so viel Intensität, daß ich wußte, nichts in der Welt wäre ihm lieber, als einer dieser glücklichen, stolzen Fischer in Khakihosen zu sein und an einem herrlichen Julitag seine fetten Barsche in der Sonne zu präsentieren, 1956 vielleicht, als wir beide, Walter und ich, elf Jahre alt waren – vorausgesetzt, wir sind gleich alt. Ich selber wäre im Augenblick mehr als glücklich gewesen, bei diesen Fischern zu sein.
»Ist es das, was du mir sagen wolltest, Walter?«
»Ja.« Walter Luckett sagte das wie betäubt; er wirkte todernst.
»Nun ja«, sagte ich, »für mich spielt das keine Rolle.«
»Ich weiß.« Walters Kinn bewegte sich irgendwie auf und ab, als nicke er sich insgeheim selber zu. »Ich hab das schon vorher gewußt. Oder ich hab es jedenfalls geglaubt.«
»Dann ist ja alles in Ordnung, nicht wahr?«
»Ich fühle mich ziemlich übel, Frank«, sagte Walter. »Nicht daß ich mich schmutzig fühle oder mich schäme. Es ist keine Schande. Ich sollte mich wahrscheinlich blöd fühlen. Aber nicht einmal das ist der Fall. Ich fühle mich einfach schlecht. Es ist, als sei plötzlich ein schlechtes Gefühl in mir freigesetzt worden.«
»Glaubst du, du willst es wieder tun, Walter?«
»Ich bezweifle es. Ich hoffe es jedenfalls nicht«, sagte Walter. »Es war ein netter Kerl, das muß ich sagen. Keiner dieser brutalen Ledertypen oder was es da alles gibt. So wenig wie ich. Er hat Frau und Kinder, oben im Norden von Jersey. Passaic County. Ich seh ihn wahrscheinlich nie wieder. Und ich hoffe, ich tu das nie wieder. Obwohl ich es könnte, glaube ich. Es würde sowieso keinen interessieren, da bin ich sicher. Verstehst du?« Walter kippte seinen Scotch und nahm mich rasch wieder ins Visier. Ich fragte mich, ob wir laut genug redeten, um von den Fischern gehört zu werden. Sie hätten wahrscheinlich über Walters Erfahrung einiges zu sagen gehabt, wenn wir sie einbezogen hätten.
»Was glaubst du, Walter, warum hast du’s mir erzählt?«
»Ich glaube, ich wollte es dir erzählen, Frank, weil ich wußte, daß es dir nichts ausmachen würde. Ich glaube, ich wußte, was für ein Typ du bist. Und wenn es dir doch etwas ausgemacht hätte, dann hätte ich mich besser gefühlt, ich wäre dann besser gewesen als du. Irgendwie bewundere ich dich, Frank. Als ich zur Gruppe kam, hab ich mir dein Buch aus der Bücherei geholt; gelesen hab ich’s allerdings nicht. Aber ich hielt dich für einen Mann, der keine festgefahrenen Meinungen hat.«
»Ich hab viele festgefahrene Meinungen«, sagte ich. »Aber normalerweise behalte ich sie lieber für mich.«
»Ich weiß. Aber nicht, wenn es um so eine Geschichte geht. Hab ich recht?«
»Es spielt für mich keine Rolle. Wenn ich eine Meinung dazu habe, werde ich das erst später wissen.«
»In dem Fall wäre es mir, ehrlich gesagt, lieber, du würdest mir nichts davon sagen. Ich glaube nicht, daß es mir weiterhelfen würde. Eigentlich sehe ich das hier nicht als Beichte an, Frank, denn ich will eigentlich
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