Sportreporter
Landstraße auf der Hin- und Rückfahrt nie gleich. Wenn mir Autos entgegenkommen, denke ich manchmal sogar, ich begegne mir selbst. Das meiste vergesse ich eigentlich sofort wieder, aber es ist sowieso meine Art, viele Dinge einfach zu vergessen.«
»So zu sein ist bestimmt besser«, sagte Walter.
»Für mich macht es die Welt interessanter.«
»Ich werde das wohl lernen müssen, Frank«, meinte Walter und schüttelte den Kopf.
»Ist irgendwas nicht in Ordnung, Walter?« fragte ich – und hätte es nicht tun sollen, denn damit verstieß ich gegen die Regeln des »Klubs der Geschiedenen Männer«, die besagen, daß keiner von uns an dieser Art der Selbstdarstellung sonderlich interessiert ist.
»Doch, doch«, sagte Walter bedrückt. »Es ist alles in Ordnung.« Und wieder starrte er eine Weile hinüber zu der tiefschwarzen Küste Jerseys, wo die eckigen Lichter der Strandhäuser uns mit allem verbanden, was sich an hoffnungsvollem Leben dort abspielen mochte. »Nur eins hätte ich gern noch gefragt, Frank«, sagte Walter.
»Na klar.«
»Wen hast du, dem du dich anvertrauen kannst?« Dabei schaute mich Walter nicht an, aber irgendwie ahnte ich, daß sein glattes, sanftes Gesicht zugleich Traurigkeit und Hoffnung ausdrückte.
»Ich wüßte eigentlich niemanden, um ehrlich zu sein«, sagte ich. »Nein, da ist niemand.«
»Hast du dich nicht mal deiner Frau anvertraut?«
»Nein«, sagte ich. »Wir haben oft genug über alles geredet, so viel ist klar. Vielleicht meinen wir mit ›sich anvertrauen‹ nicht dasselbe. Ich bin kein Mensch mit großen Geheimnissen.«
»Gut. Das ist gut«, sagte Walter. Ich sah, daß ihn meine Antwort verwirrte, aber auch befriedigte, und was noch wichtiger ist: Es war die beste Antwort, die ich ihm geben konnte. »Dann bis später, Frank«, sagte Walter unverhofft mit einem Klaps auf meinen Arm und ging davon, dorthin, wo es an Bord dunkel war und wo einer aus der Familie Spanelis immer noch fischte, obwohl die Wasseroberfläche schwarz und die scharfe Frühlingsluft ganz schön kühl war; ich ging jedenfalls hinein und sah mir auf dem an Bord befindlichen Fernseher ein paar Durchgänge Baseball an, ein Spiel mit den Yankees.
Doch als wir dann wieder an Land waren und uns nach allen Richtungen verabschiedet hatten und die »Geschiedenen Männer« die wenigen Seebarsche und Plattfische den Spanelis-Kindern geschenkt hatten, ging ich über den Schotterplatz zu meinem Auto, bereit, direkt zu Vicki zu fahren und sie nach Lambertville zu entführen, und da stand Walter Luckett und scharrte mit seinen Segeltuchschuhen im Schotter neben meinem Wagen und hatte im Dunkeln das eigenartige Aussehen eines Mannes, der Geld pumpen wollte.
»Hallo, Wally«, sagte ich gut gelaunt und ging daran, den Wagen aufzuschließen. In spätestens einer Stunde mußte ich dort sein, und ich wollte los. Vicki geht früh zu Bett, selbst wenn sie tags darauf nicht arbeiten muß. Sie nimmt ihren Beruf als Krankenschwester verdammt ernst und möchte immer frisch und munter sein, da nach ihrer Überzeugung die Patienten sonst niemanden haben, der ihre mißliche Lage versteht. Und das bedeutet, daß ich nach acht keinen Besuch mehr bei ihr mache, mag sein, was will.
»Es ist ein irres Leben, was, Frank?« sagte Walter und lehnte sich, die Arme verschränkt, an meinen hinteren Kotflügel und verfolgte scheinbar belustigt, wie sich die anderen »Geschiedenen Männer« und die Spanelis’ vom Parkplatz herunter mit schaukelnden Lichtern auf die Landstraße 35 zubewegten. Sie hupten und brüllten, und die Spanelis-Kinder quietschten vor Vergnügen.
»Da hast du recht, Walter.« Ich machte die Tür auf und blieb stehen, um ihn im Dunkeln anzusehen. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ließ die Schultern hängen, um die er im alten Country-Club-Stil einen hellen Pullover geschlungen hatte. »Ich finde aber, es ist ein ganz gutes Leben.«
»Man kann es eigentlich nicht planen, oder?«
»Auf keinen Fall.«
»Es gibt so vieles, was sich nicht vorhersehen läßt, und doch liegt alles offen und klar vor einem.«
»Sieht aus, als ob du frierst, Walter.«
»Laß uns einen trinken, Frank, ich lad dich ein.«
»Das geht jetzt nicht. Hab noch was vor.« Ich sagte das mit einem verschwörerischen Lächeln.
»Nur einen kleinen Seelenwärmer. Wir können gleich da rüber ins Manasquan .« Auf der anderen Seite des Parkplatzes lag die Manasquan Bar , ein wie eine Scheune aussehendes altes Fischerlokal mit Walmdach
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