Sportreporter
»Vertrauenswürdigkeit« eingebüßt hätte, was nicht überraschen kann, da es wahrscheinlich stimmte, vor allem, wenn sie dadurch glücklich zu werden hoffte, daß ich das Leben so sicher stellte, wie es nur ging, was damals für mich schwieriger gewesen wäre, als fliegen zu lernen. Und als ich das nicht schaffte, fing sie einfach an, hinter allem das Schlimmste zu vermuten, woraus ich ihr auch keinen Vorwurf mache, auch wenn ich wußte, daß das keine gute Idee war. Ich behaupte, daß ich mir trotz allem ziemlich vertrauenswürdig vorkam – wenn sie einfach darauf hätte vertrauen können, daß ich sie liebte, denn ich liebte sie wirklich. (Das Eheleben erfordert gemeinsame Geheimnisse, selbst wenn die Tatsachen alle bekannt sind.) Früher oder später wäre ich ihr entgegengekommen, da bin ich ganz sicher, und wenn dann alles beim alten geblieben wäre, hätte ich gewiß glücklich damit leben und gleichzeitig auf Verbesserungen hoffen können. Wenn du deine ganze Hoffnung verlierst, kannst du sie immer auch wiederfinden.
Nur wurde eben in unser Haus eingebrochen, abscheuliche Polaroidbilder überall verstreut, die Briefe der Frau in Kansas gefunden, und X schien plötzlich zu glauben, es sei schon zu weit gekommen mit uns, weiter, als wir selber wußten, und das Leben schien einfach auf einer absteigenden Linie zu sein und zwischen uns kaputtzugehen – keine grausame oder gar tragische Entwicklung, nur unabwendbar, wie die richtigen Schriftsteller sagen.
Eine Menge stößt dir in deinem Leben zu und trifft dich auf halbem Weg: Deine Eltern können sterben (meine sind allerdings schon vor Jahren gestorben), deine Ehe kann sich verändern und sogar zu Ende gehen, ein Kind kann einer Krankheit erliegen, dein Beruf kann dir zunehmend hohl vorkommen. Du kannst alle Hoffnungen verlieren. Schon für sich allein würde jedes dieser Ereignisse genügen, dich zum Rotieren zu bringen. Und demzufolge ist schwer zu sagen, was wodurch verursacht wird, da in einem sehr wichtigen Sinn alles alles andere verursacht.
Wie kann ich also, da all das wahr ist, sagen, ich »liebe« Vicki Arcenault? Wie kann ich wieder von vorn anfangen und meinen Instinkten trauen?
Eine gute Frage, der ich aber nicht ausgewichen bin, aus Angst, das Leben aller Beteiligten noch mehr durcheinanderzubringen.
Die Antwort besteht, wie die meisten verläßlichen Antworten, aus mehreren Teilen.
Ich habe eine ganze Menge preisgegeben. Ich bemühe mich nicht mehr ständig darum, vollkommen in einem anderen Menschen zu sein, da das sowieso unmöglich ist – und die Folge war ein angenehmes, bedingungsloses Geheimnis. Ich bin auch nicht mehr so streng sachlich und von »schriftstellerischem Ernst«, mache mir weniger Gedanken über die Komplexität der Dinge und sehe das Leben einfacher und direkter. Ich habe auch aufgehört, an meinen tatsächlichen Gefühlen vorbei nach anderen zu schielen, die ich vielleicht haben könnte. Bei all diesen achtzehn Frauen ging ich so sehr darin auf, eine komplizierte Illusion des Lebens zu schaffen und dann wieder aufzulösen, daß ich mein eigentliches Vorhaben aus den Augen verlor – einfach zu genießen und alles andere zu vergessen.
Wenn deine Gefühle so einfach und reizvoll sind, daß du voll in ihnen leben kannst, so daß der Abstand zwischen dem, was du empfindest, und dem, was du auch empfinden könntest , aufgehoben ist, dann kannst du deinen Instinkten vertrauen. Es ist der Unterschied zwischen zwei Männern, die beide ihren Job aufgeben, um Führer von Angeltouren am großen Forellensee zu werden; der eine läßt eines Tages, wenn er sich in der Abenddämmerung in seinem Kanu dem Anlegeplatz nähert, die Paddel sinken, um den Sonnenuntergang zu bewundern, und weiß jetzt, wie sehr er sich danach sehnt, Angeltouren am großen Forellensee zu leiten; der andere hört in derselben Situation ebenfalls zu paddeln auf, wird sich bewußt, wie froh er ist, denkt aber gleichzeitig, er könnte auch Angeltouren am Windigo-See aufziehen, wenn er das wolle, und würde dort vielleicht auch günstiger an Kanus herankommen.
Es ist, an einem anderen Beispiel klargemacht, der Unterschied zwischen einem literarischen Menschen und einem, der sich streng an Tatsachen klammert. Ein literarischer Mensch ist jemand, der es, während er auf einem Flughafen in Chicago festsitzt, genießt, einen Nachmittag lang Menschen zu beobachten, während einer, der sich streng an Tatsachen orientiert, nicht von der Frage loskommt, warum
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