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Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
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attraktiv. Sie war pummelig, hatte große weiße Zähne und ein Gesicht, das exakt wie ein Stück Kuchen geschnitten war. Sie kam gerade aus Blanding in Kansas und war dabei, ihre Familie zu verlassen – vier Kinder und ihren Ehemann, der dort Isolierstoffe verkaufte –, zu ihrer Schwester in den Norden von Minnesota zu ziehen und Dichterin zu werden. Sie war eine gutmütige Frau mit hübschen Grübchen in den Wangen, wenn sie lächelte, und im Flugzeug fing sie an, mir von ihrem Leben zu erzählen – wie sie aufs Antioch College gegangen war, Geschichte studiert und Hockey gespielt hatte, bei Friedensmärschen dabei gewesen war, Gedichte geschrieben hatte. Sie erzählte mir von ihren Eltern, die schwedische Einwanderer waren – eine Tatsache, die ihr immer peinlich gewesen war; sie erzählte mir auch, daß sie manchmal von riesigen Lastwagen träume, die über Felsklippen stürzten, und daß sie dann immer in panischer Angst aufwache; sie redete von ihren Gedichten, die sie ihrem Mann Van zeige, nur um ihn darüber lachen zu hören, obwohl er ihr später versicherte, er sei stolz auf sie. Sie sagte mir, als Studentin sei sie eine Sexbombe gewesen und habe Van, der aus Miami in Ohio stamme, aus Liebe geheiratet, aber sie seien bildungsmäßig nicht auf demselben Niveau, was damals keine Rolle gespielt habe, heute aber um so mehr, und das sei auch der Grund, weshalb sie ihn verlasse.
    Als wir ausgestiegen waren und im Flughafengebäude standen, fragte sie mich nach meinem Hotel, und als ich ihr das Ramada nannte, sagte sie, sie könne ebensogut dort wie anderswo absteigen, und vielleicht könnten wir ja zusammen essen gehen, sie unterhalte sich so gern mit mir. Und da ich nichts anderes vorhatte, war ich einverstanden.
    In den nächsten fünf Stunden waren wir zuerst essen – es gab ein kaltes Büfett – und gingen dann auf mein Zimmer, um eine Flasche deutschen Wein zu trinken, den sie für ihre Schwester gekauft hatte, und sie erzählte noch mehr, während ich nur hier und da ein Wort hinzufügte. Sie erzählte mir von ihrem Bruch mit der lutherischen Kirche, von ihren Ideen zur Kindererziehung, von ihren Theorien des abstrakten Expressionismus, vom weltumspannenden Dorf und von einem Seminar über große Bücher der Weltliteratur, das sie zusammengestellt hatte und jederzeit unterrichten könne, falls ihr irgendwo die Gelegenheit dazu geboten würde.
    Um Viertel nach elf hörte sie auf zu reden, blickte auf ihre kleinen, dicken Hände hinunter und lächelte. »Frank«, sagte sie, »ich wollte Ihnen nur sagen, daß ich schon die ganze Zeit daran denke, mit Ihnen zu schlafen. Aber ich glaube, ich sollte es lieber nicht tun.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß, wir sollten tun, was unsere Sinne uns diktieren, und ich fühle mich stark zu Ihnen hingezogen, aber ich glaube einfach nicht, daß es richtig wäre. Was meinen Sie?«
    Ihr Gesicht wirkte gequält, doch dann strahlte sie mich mit einem hoffnungsvollen Lächeln an. Und in diesem Augenblick empfand ich für sie eine große, nostalgische Verbundenheit, denn aus irgendeinem Grund glaubte ich genau zu wissen, wie ihr zumute war, allein und der Welt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, so wie ich mich damals bei den Marines gefühlt hatte, als ich an einer unbekannten Krankheit litt und sich, außer unfreundlichen Schwestern und Ärzten, niemand um mich kümmerte und ich mir über das Sterben Gedanken machen mußte, als ich das gar nicht wollte. Und das weckte den Wunsch, mit ihr ins Bett zu gehen – ja, es war ein starkes Verlangen, wie ich es seit langem nicht mehr gehabt hatte. Du kannst dich plötzlich zu einer Frau hingezogen fühlen, die du im Grunde nicht attraktiv findest, einer Frau, die du nie zum Essen ausführen oder auf einer Cocktailparty ansprechen oder im Aufzug zweimal ansehen würdest; doch dann passiert es, ganz plötzlich, und so ging es mir mit Peggy.
    Doch ich sagte zu ihr: »Nein, Peggy, ich glaube auch nicht, daß es richtig wäre. Ich glaube, es würde eine Menge Ärger nach sich ziehen.« Ich weiß nicht, warum ich das sagte oder warum ich es in dieser Form sagte, denn es war bestimmt nicht das, was meine Sinne mir diktierten.
    Peggys Miene hellte sich auf, verriet Freude und wohl auch Überraschung. (Das ist immer die heikelste Phase bei solchen Begegnungen. Just in dem Augenblick, da beide sich von der Absicht, etwas Falsches zu tun, freigesprochen haben, sinken sie einander oft in die Arme. Wir allerdings nicht.) Peggy kam zum

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