Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sportreporter

Sportreporter

Titel: Sportreporter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ford
Vom Netzwerk:
unbilligerweise wieder verloren hat und der sich daraufhin ein Leben lang mit bitteren Tatsachen auseinandersetzen muß. Selbstmitleid mit anderen Worten, und so gerechtfertigt wie der Siegball für den Coach. Nur will und werde ich das nicht nachempfinden. Es ist zu dicht am furchtbaren Schmerz, als daß man damit Schindluder treiben dürfte. Und schlimmer als ein furchtbarer Schmerz ist nur ein unverdienter furchtbarer Schmerz. Und deshalb werde ich davor nicht in die Knie gehen, ja, ich werde mit meinem eigenen Schiff untergehen.
    Ich weiche rasch vier Schritte zurück. »Ich bin froh, daß wir uns kennengelernt haben, Herb.«
    Herb starrt mich an, das Gesicht verzerrt vor Verzweiflung. »Ja, sicher«, sagt er.
    Und dann sitze ich auf dem engen, modrigen Rücksitz in Mr. Smallwoods Taxi, und wir brausen davon, den Glacier Way hinunter, ohne Clarice auch nur Lebewohl gesagt zu haben, und Herb bleibt in seinem Rollstuhl auf der leeren Straße sitzen und winkt unseren Schlußlichtern nach, sein Gesicht von wahren, hilflosen Tränen überströmt.

Sieben
    Mr. Smallwood ist in meiner Lage der bestmögliche Verbündete.
    »Sie sehen aus, als könnten Sie eine kleine Stärkung vertragen«, sagt er während der Fahrt und reicht eine Flasche nach hinten, deren untere Hälfte in einer nicht sehr stabilen Tüte steckt. Ich nehme einen kräftigen Schluck, der meine Lippen zum Flattern bringt – es ist ein Pfefferminzlikör und so süß wie Hustensaft, aber ich bin trotzdem froh darüber und nehme noch einen großen Schluck. »Sie müssen verdammt was mitgemacht haben«, sagt Mr. Smallwood, als wir auf der Uferstraße an den Überresten eines landeinwärts gelegenen, langen, verkohlten Gebäudes vorbeifahren. Auf der anderen Straßenseite steht eine nicht mehr vollzählige Reihe von Kabinen. Das große Gebäude war früher mal eine Nissenhütte mit angebauter Scheune, doch jetzt liegt haufenweise Schnee auf dem Gebälk, aus dem eine lange Stange herausragt. Gras ist über vieles gewachsen. Anscheinend hat sich niemand die Mühe gemacht, eine neue Verwendung für das Land zu finden. Meine Vergangenheit im Zustand des Zerfalls und der belanglosen Unordnung.
    »Die Leute hier draußen, das sind alles Verrückte«, verkündet Mr. Smallwood weitläufig und fährt nun ganz im Stil eines Chauffeurs, eine riesige Hand an dem Plasticknauf am Lenkrad, die andere ausgestreckt auf der Rückenlehne. »Vorortleute, sag ich da nur. Kanonen in jedem Haus, alle immer nur wütend. Die sollten sich mal abregen, find ich. Ich war seit Jahren nicht mehr hier draußen, kenn mich auch mit den Straßen nicht mehr aus. Früher bin ich dauernd hier rausgefahren.« Wir fahren rauf auf die Schnellstraße und dann Richtung Großes D, im Augenblick unsichtbar hinter moosgrünen Wolken, die neuen Schnee und vielleicht sogar einen verheerenden Schneesturm ankündigen. »Ich hätt da eine Idee.« Mr. Smallwood fixiert mich im Rückspiegel und lehnt sich auf dem Rücksitz zurück, um sich zu strecken und nachzudenken. »Wieviel Geld haben Sie bei sich?«
    »Warum?«
    »Nun, für hundert Dollar könnte ich da vorn an einer Tankstelle kurz telefonieren, und bevor Sie recht wissen, was los ist, hat Sie jemand so verwöhnt, daß es Ihnen gleich viel besser geht.« Mit einem fröhlichen breiten Grinsen blickt Mr Smallwood nach hinten, und ich denke einen Augenblick über eine Hundertdollarhure nach, über die Freundlichkeit, die sie mit sich bringen mochte, wie wenn dir die Apotheke noch am Abend ein teures Medikament ins Haus bringt, damit dir eine schlimme Nacht erträglicher wird. Eine Reise zu den Thermalquellen. Etwas Wortloses zum Flicken des Gewebes aus unschuldigen Worten, das das Leben in seiner positivsten Haltung umhüllt. Ein Übermaß an ernster Aussprache und Selbstentblößung, und du bist erledigt.
    Was Herb braucht und nie bekommen kann, ist klar: Er müßte seine alten Footballklamotten mit den Schutzpolstern anlegen, irgendeinen Gegner zur Schnecke machen und aufhören, sich über Kunsttheorien Gedanken zu machen. Er ist ein Mann, der keinen Sport mehr hat, der aber den Sport dringender braucht als alles andere. Wenn es anders gelaufen wäre, hätten wir lebhafte Erinnerungen an seine Footballtage heraufbeschwören und uns die alten Filme ansehen können. Herb hätte wieder zu sich selber finden, das Gefühl der Entfremdung und die trübseligen Zweifel abschütteln und trotz der Schmerzen sein Spiel machen können – als Inspiration für

Weitere Kostenlose Bücher