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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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auch die Entwicklung anderer Fähigkeiten beeinträchtigen. Dies insbesondere dann, wenn die Spracherwerbsstörung bis Schuleintritt persistiert.
    Kinder mit Spracherwerbsstörungen fallen oftmals in einem frühen Stadium ihrer Sprachentwicklung auf. Sie beginnen verspätet zu sprechen, nicht wie erwartet um den ersten, sondern eher kurz vor dem zweiten Geburtstag. Mit zwei Jahren produzieren sie dann erst wenige Wörter. Solche Kinder werden als Late Talkers bezeichnet und sind Risikokinder für Spracherwerbsstörungen.
    Late Talkers können im Alter von zwei Jahren zuverlässig erkannt werden. Eine Spracherwerbsstörung kann in diesem Alter jedoch noch nicht sicher diagnostiziert werden, da der Verlauf der Sprachentwicklung bei den Late Talkers unterschiedlich ist. Manche Late Talkers holen die Verzögerung auf, bis sie drei Jahre alt sind, andere bilden eine Spracherwerbsstörung aus oder zeigen sprachliche Auffälligkeiten.
    Von Vorteil wäre es, wenn wir bereits bei zweijährigen Late Talkers erkennen könnten, welche Kinder eine Spracherwerbsstörung ausbilden. Dann könnten diese Zweijährigen gezielt unterstützt werden. In der Late Talker-Studie in Zürich wurde deshalb der Verlauf der Sprachentwicklung von Late Talkers undReferenzkindern untersucht. Die sprachlichen Fähigkeiten der Studienkinder wurden im dritten Lebensjahr zu fünf Zeitpunkten überprüft. Es wurden Faktoren gesucht, mit welchen die Entwicklungsverläufe bei zweijährigen Late Talkers mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden können.
Late Talkers
    Welche Kinder gehören zur Risikogruppe der Late Talkers? Eine im deutschen Sprachraum übliche Definition ist, dass Kinder, die mit zwei Jahren weniger als 50 Wörter sprechen und keine Zweiwortkombinationen bilden, Late Talkers sind (Grimm & Doil 2006, Kauschke 2006). Die Prävalenz von Late Talkers wird international mit 10 – 15% angegeben (Rescorla 1989, Horwitz et al. 2003, Sachse & Suchodoletz 2007). Der prozentuale Anteil hängt mit den verwendeten Erfassungsinstrumenten und den gewählten Risikokriterien zusammen. Bei manchen Erfassungsinstrumenten werden die jeweils untersten 10% der Kinder als Late Talkers bezeichnet (Fenson et al. 2007, Szagun et al. 2009).
    Mit Elternfragebögen zur Wortschatzentwicklung können Late Talkers mit zwei Jahren verlässlich identifiziert werden. Unklar ist der weitere Verlauf der Sprachentwicklung bei diesen zweijährigen Risikokindern. Erwiesen ist, dass ein Teil der Late Talkers die sprachliche Verzögerung ohne Intervention bis ins Alter von drei Jahren aufholt. Der andere Teil bildet eine Spracherwerbsstörung aus oder bleibt weiterhin sprachlich auffällig. Welche Late Talkers im dritten Lebensjahr aufholen und welche eine Spracherwerbsstörung ausbilden, ist bis anhin nicht geklärt. Die bisherigen Studien, vor allem aus dem angloamerikanischen Raum, zeigen unterschiedliche Ergebnisse. Im deutschsprachigen Raum existiert erst eine einzige Längsschnittstudie zum Verlauf der Sprachentwicklung bei zweijährigen Late Talkers (Sachse 2007). In der Deutschschweiz gibt es keine Daten dazu.
    Tabelle 1: Prädiktoren zur Vorhersage der weiteren Sprachentwicklung bei Late Talkers
    Der Anteil an Late Talkers, die im Alter von drei Jahren eine Spracherwerbsstörung oder Sprachauffälligkeiten zeigen, schwankt in den verschiedenen Studien beträchtlich. In der deutschen Längsschnittstudie von Sachse (2007) sind bei 66% der Risikokinder im Alter von drei Jahren Sprachstörungen oder Sprachauffälligkeiten feststellbar, in der großen englischen Zwillingsstudie von Bishop et al. (2003) und Dale et al. (2003) liegt der Anteil bei 44%. Auch die in den Studien gefundenen Faktoren zur Vorhersage des weiteren Verlaufs der Sprachentwicklung sind unterschiedlich. Diskutiert werden die nachfolgend aufgeführten Prädiktoren (vgl. Desmarais et al. 2008, Olswang et al. 1998).
    Der Vergleich von Studienergebnissen ist erschwert durch unterschiedliche Stichproben, Einschluss- und Diagnosekriterien, Erfassungsinstrumente und Sprachen. Einzelne Vorhersagefaktoren konnten in mehreren Studien bestätigt werden. Es fehlt jedoch eine optimale Kombination von Prädiktoren, welche eine Vorhersage mit hoher Wahrscheinlichkeit erlauben. Daher sind weitere Studien zur Prädiktion des Verlaufs der Sprachentwicklung bei Late Talkers notwendig.
    Für die Praxis bieten die bisherigen Studien wenig Entscheidungsgrundlagen. Eine annähernd zuverlässige Vorhersage der weiteren

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