Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung
die Referenzkinder bereits 168 Wörter (Geissmann 2012, Margelist 2010).
Im dritten Lebensjahr fanden nicht nur im Alter von 2;0 Jahren, sondern auch im Alter von 2;6 und 2;11 Jahren Sprachabklärungen statt. Die Abklärungen dauerten jeweils eineinhalb Stunden. Zu allen drei Messzeitpunkten wurden die sprachliche und kommunikative Entwicklung sowie das Spielverhalten differenziert erfasst. Im Alter von drei Jahren wurde zusätzlich eine entwicklungspädiatrische Abklärung durchgeführt. Dabei wurde die nonverbale Intelligenz mit dem SON-R-Test (Tellegen et al. 2007) überprüft sowie die körperliche und motorische Entwicklung differenziert untersucht. Da bei drei Late Talkers im SON-R-Test der Wert unterhalb des Normbereichs lag, wurden diese nachträglich von der Studie ausgeschlossen. Bei einem weiteren Late Talker-Kind bestand ein Verdacht auf ein genetisches Syndrom – eswurde ebenfalls ausgeschlossen. Somit verblieben noch 52 Late Talkers in der Studie.
Die Datenerhebung erfolgte sowohl bei den Late Talkers als auch den Referenzkindern mittels Elternfragebogen, Testverfahren, systematischer Beobachtung und Spontansprachanalyse. Die rezeptive und die expressive Sprachentwicklung wurde anhand des Sprachentwicklungstests SETK-2 (Grimm 2000) und des Elternfragebogens ELFRA-2 (Grimm & Doil 2006) aufgezeichnet. Den ELFRA-2 füllten die Eltern im dritten Lebensjahr alle drei Monate aus, das heißt insgesamt fünfmal. Da sich in verschiedenen Studien gezeigt hat, dass das Sprachverständnis ein essentieller Prädiktor für die Sprachentwicklung von Late Talkers ist, wurde die Originalversion des ELFRA-2 um einen Wortverständnisteil erweitert. Der zusätzliche Wortverständnisteil enthält dieselben Wörter wie der Wortproduktionsteil. Mit den Instrumenten von Fox (2005) und der Spontansprachanalyse wurden die phonetisch-phonologischen Fähigkeiten erfasst. Die Kommunikationsentwicklung wurde anhand systematischer Beobachtung beschrieben (Zollinger 1999). Die Spielentwicklung wurde mit dem Symbolicplay-Test SPT (Lowe & Costello 1988) und systematischer Beobachtung überprüft (Zollinger 1999, Jenni 2009).
Vergleiche zwischen Late Talkers und Referenzkindern
Die Daten der dokumentierten Sprachentwicklungsverläufe beider Gruppen wurden miteinander verglichen. In der vorliegenden Studie gehören 32 Knaben und 20 Mädchen zur Gruppe der Late Talkers. Damit beträgt der Anteil an Knaben zwei Drittel, was mit dem in der Literatur beschriebenen wesentlich höheren Anteil von betroffenen Knaben übereinstimmt (Grimm & Doil 2006, Sachse & Suchodoletz 2007). In der Referenzgruppe sind die Verhältnisse der beiden Geschlechter mit 14 Knaben und 16 Mädchen nahezu ausgeglichen. Die Late Talkers sind in unserer Studie häufiger Zweit- oder Drittgeborene als die Referenzkinder. Auch dies ein Ergebnis, das mit anderen Studien übereinstimmt (Grimm & Doil 2006, Szagun et al. 2009).
Die Strategie, Studienkinder mittels Vorsorgeuntersuchung zu rekrutieren, hat dazu geführt, dass Eltern mit mittlerem und hohem Bildungsniveau etwas überrepräsentiert sind. Zwischen Late Talkers und Referenzgruppe sind bezüglich Bildungsniveau und Beruf der Eltern jedoch keine signifikanten Unterschiedefeststellbar. Bei den Late Talkers gibt es bei mehr als drei Fünfteln der Familien mindestens eine Person mit einer Sprach- oder Lese-Rechtschreib-Störung, in der Referenzgruppe trifft dies bei zwei Fünfteln der Familien zu. Damit sind mündliche und schriftliche Sprachstörungen in Familien mit Late Talkers signifikant häufiger.
Die Late Talkers beginnen erheblich später zu sprechen als die Kinder der Referenzgruppe. Bei Ersteren liegt der Sprechbeginn im Mittel bei 1;6 Jahren, bei Letzteren bei 1;1 Jahren. Mehr als ein Drittel der Late Talkers beginnt erst nach 1;6 Jahren zu sprechen. In der Late Talker-Gruppe geben drei Fünftel der Eltern an, besorgt zu sein über die sprachliche Entwicklung ihres Kindes. In der Referenzgruppe trifft dies lediglich auf ein Zehntel der Eltern zu. Damit zeigen sich die Eltern der Late Talkers signifikant häufiger besorgt.
In allen sprachlichen Leistungen wie Lautbildung, Wortschatz, Grammatik und Sprachverständnis unterscheiden sich die beiden Gruppen signifikant. Late Talkers sind in ihrer Sprachentwicklung im Mittel 0;9 bis 1;0 Jahre verzögert. In der Symbolspielentwicklung und in der Kommunikationsentwicklung hingegen ist der Unterschied nicht nennenswert.
Vergleiche zwischen Late
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