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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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Kindern mit Zerebralparese oder Intelligenzminderung auf. Eine
orofaziale Dyspraxie
sieht man nicht nur bei Kindern mit Regulationsstörungen oder ehemaligen Frühgeborenen, sondern auch bei Kindern mit Intelligenzminderungoder umschriebener Entwicklungsstörung der Sprache und/oder der Mundmotorik. Eine
Dysarthrie
als Störung der Lautbildung infolge neurologischer Schädigung wird bei Kindern mit Zerebralparese, verschiedenen Ataxieformen, mit Gehirntumoren, nach Schädel-Hirn-Trauma oder Entzündungen des Zentralnervensystems gefunden. Eine komplexere und spezifische Störung des neuronalen Sprachnetzwerkes ist bei Kindern mit
verbaler Dyspraxie
anzunehmen. Neue bildgebende Verfahren liefern hier erste Erklärungsansätze. Demgegenüber handelt es sich bei
Aphasien
z. B. nach epileptischen Anfällen, Migräne mit Aura, Schlaganfall, im Rahmen eines postoperativen Mutismus bei Kleinhirntumoren oder nach Epilepsie-Chirurgie meist um akut aufgetretene Störungen infolge einer neurologischen Schädigung/Funktionsstörung, die bei Kindern meist nur vorübergehend sind.
    Bei
Stimmstörungen
muss immer an eine organische Ursache im Verlauf der Atemwege gedacht werden. Ein
geschlossenes Näseln
wird meist durch vergrößerte Rachenmandeln (Adenoide) hervorgerufen. Beim
offenen Näseln
ist an anatomische Fehlbildungen (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, submuköse Gaumenspalte, z. B. im Rahmen eines 22q11-Deletionssyndroms) und neuromuskuläre Erkrankungen (z. B. myotone Dystrophie, Myasthenie) zu denken.
Heiserkeit
weist auf Veränderungen an den Stimmbändern hin. Akut findet man sie im Rahmen von Entzündungen und nach Intubation, chronisch bei Schreiknötchen oder Stimmbandpolypen. Schließlich ist auch eine Funktionsstörung des Nervus recurrens zu erwägen.
    Redeflussstörungen
zeichnen sich dadurch aus, dass die Rede zu langsam, zu leise, zu laut oder desorganisiert ist. Zu langsam und skandierend ist die Rede z. B. bei der Friedreich-Ataxie, dysarthrisch bei dyskinetischer Zerebralparese. Zu leise kann sie bei neuromuskulären Erkrankungen oder aus psychogener Ursache sein. Eine zu laute Rede kann Zeichen einer Hörstörung oder mangelnder Anpassung an die Umgebung sein. Desorganisierte Rede findet man nach Intoxikationen, psychogen, bei psychiatrischen Störungen oder bei bestimmten Formen von mit kognitiven Beeinträchtigungen einhergehenden Sprachentwicklungsstörungen.
    Typische
neuropädiatrische Krankheitsgruppen
, die mit akuten oder langdauernden Sprachstörungen einhergehen, sind Intelligenzminderungen, Zerebralparesen, Epilepsien, neuromuskuläre Erkrankungen, genetische Syndrome, Gehirnfehlbildungen, Gehirntumore, neurodegenerative Erkrankungen,Schlaganfälle, infektiöse und parainfektiöse das Gehirn betreffende Erkrankungen.
    Am Beispiel des Zusammenspiels von Epilepsie und Sprachstörungen sollen die komplexen Interaktionen und differenzierten Einflüsse kurz benannt werden (Pravato 2011, Wheless 2002). Die beiden Erkrankungen treten gehäuft komorbide auf. Dies ist nicht allein erklärt durch die manchen Epilepsien zugrunde liegende strukturelle Gehirnschädigung. Auch ohne eine mit konventionellen bildgebenden Verfahren erkennbare strukturelle Gehirnschädigung findet man bei bestimmten Kindern mit Veränderungen im Schlaf-EEG Sprachprobleme: Kinder mit CSWSS (continuous spike wave in slow sleep) haben häufiger lexikalische, morphosyntaktische und pragmatische Defizite. Ihr Sprachverständnis ist nicht betroffen (Debiais 2007). Demgegenüber zeigen Kinder mit Landau-Kleffner-Syndrom eine verbal auditorische Agnosie und eine epileptische Aphasie (Debiais 2007). Mit neuen Methoden der funktionellen MRT-Diagnostik hat man gefunden, dass Menschen mit einer in der linken Gehirnhälfte entstandenen Epilepsie häufiger eine atypische Sprachorganisation zeigen. Ihr Sprachzentrum verschob sich von links nach rechts oder in nicht typische Regionen der linken Gehirnhälfte (Hamburger 2011). Schließlich beobachtet man in der klinischen Praxis gelegentlich, dass die Einnahme von antiepileptisch wirkenden Medikamenten dosis- oder wirkstoffabhängig Sprachstörungen verstärken oder – bei toxischen Medikamentenspiegeln – auch erst hervorrufen kann (Pal 2011). Diese Störungen sind mit Dosisreduktion bzw. Absetzen der jeweiligen Medikation reversibel.
    Sprachstörungen werden häufiger polygen (familiäre Sprachstörung), selten monogen vererbt. In der klinischen Routine spielt bei Syndromverdacht die Suche nach

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