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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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fassbaren
genetischen Störungen
eine wesentliche Rolle (Trisomie 21, Angelman-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom, Rett-Syndrom u. a.). Die Suche nach spezifisch mit Sprachstörungen assoziierten
Genen
(Duplikation 15q11-913, Deletion 7q31; FOXP2; CFTR, D7S3052, SRPX2) bzw. Kandidatengenen (cMIP, ATP2C2, CNTNAP2) hat wegen deren seltenem Auftreten oder nicht endgültig gesicherter Rolle noch keine Bedeutung.
Diagnostik
    Der Neuropädiater erhebt zunächst eine gründliche Anamnese, fragt nach der medizinischen Vorgeschichte des Patienten, seiner bisherigen Entwicklung, begleitenden Problemen und der Familienanamnese. Bei der anschließenden körperlichen Untersuchung bestimmt er die Körpermaße, sucht nach kleinen oder großen äußerlichen Auffälligkeiten (Dysplasiezeichen), untersucht Zähne, Kiefer, Rachen, Haut, Augen und Ohren, tastet die inneren Organe nach ihrer Größe ab und erhebt einen Neurostatus. Bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen muss immer eine fachärztliche Hörprüfung erfolgen, bei jüngeren und nicht kooperationsfähigen Kindern auch mit apparativen Verfahren wie otoakustischen Emissionen oder akustisch evozierten Hirnstammpotentialen. Bei mangelndem Fortschritt in der Sprachentwicklung ist eine orientierende Einschätzung der Intelligenz, in vielen Fällen auch eine standardisierte Intelligenztestung notwendig (AWMF 2011). Die Indikation zum (Schlaf-)EEG stellen wir großzügig bei gravierenden Sprachentwicklungsstörungen oder Rückschritten in der Sprachentwicklung. Selten besteht die Notwendigkeit spezifischer Laboruntersuchungen. Bei Syndromverdacht können genetische Untersuchungen weiterführen. Die Indikation zu einer konventionellen MRT-Untersuchung des Gehirns muss bei schweren Fällen von Sprachentwicklungsstörungen erwogen, in jedem Fall bei begleitenden neurologischen Störungen gestellt werden.
Neuere Forschungsergebnisse
    Mit dem Verfahren der funktionellen Kernspintomographie (fMRT) und dem Diffusions-Tensor-Imaging (DTI-MRT) fand man interessante Zusammenhänge zwischen Gehirnstruktur, -funktion, Sprachentwicklung und Neuroplastizität.
    Bei Kindern mit umschriebener Sprachentwicklungsstörung erkannte man eine mangelnde Linkslateralisation zentraler Sprachregionen und teilweise eine atypische Hyperaktivierung in der rechten Gehirnhälfte (de Guibert 2011). Bei Menschen mit phonologischen Störungen fand sich eine verminderte Aktivität in den für das phonologische Gedächtnis verantwortlichen Gehirnregionen. Bei Hypoaktivierung im Gyrus frontalis inferior (zuständig für die phonologischeVerarbeitung) und im Gyrus temporalis medius (zuständig für die Sprachwahrnehmung) fand sich eine kompensatorische Aktivierung an anderen Orten. Kinder mit Entwicklungsverzögerungen zeigten Störungen im linken Fasciculus arcuatus, einer wesentlichen Komponente des perisylvischen Sprachnetzwerks (Jeong 2011).
    Bei einseitiger spastischer Zerebralparese bestand kein Unterschied in der Sprache, wenn die linke oder die rechte Gehirnhälfte betroffen war. Allerdings war die Sprachentwicklung bei Schäden der linken Gehirnhälfte etwas langsamer. Die visuell-räumlichen Funktionen waren in Abhängigkeit von der Sprachorganisation in der rechten Gehirnhälfte etwas schlechter. Der verbale und der nonverbale IQ waren stärker beeinträchtigt.
    Schon seit langer Zeit weiß man um Störungen der Sprachentwicklung bei Kindern mit bestimmten genetischen Syndromen, die z. T. recht charakteristisch sind (sog. Verhaltensphänotypen). Neuerdings erlauben fMRT- und DTI-MRT-Untersuchungen ein weitergehendes Verständnis dieser Störungen. Bei Kindern mit Angelman-Syndrom, einem genetischen Syndrom mit meist fehlender Sprachentwicklung, fehlt der linke Fasciculus arcuatus, andere Assoziationsbahnen im Gehirn waren nur geringer dargestellt (Wilson 2011). Dies korrelierte mit den klinischen Befunden bzgl. der Sprache (Peters 2011). Bei Kindern mit Autismus bestand eine Korrelation vom Alter beim ersten Wort und dem Volumen der parietalen Hirnrinde links (Zoccante 2010). Darüber hinaus fand man eine abnorme Funktion und Struktur frontotemporaler und limbischer Netzwerke, die mit sozialem und pragmatischen Sprachdefiziten korreliert, sowie temporo-parieto-okzipitaler Netzwerke, die mit syntaktischsemantischen Sprachdefiziten korreliert (Pina-Camacho 2011).
Konsequenzen von Sprachstörungen
    Seit langem ist bekannt, dass Sprachstörungen sekundär zu Lern- und Verhaltensstörungen führen können

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