Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung
über die gezielte Änderung der Antezedentien des Verhaltens gearbeitet (Stimuluskontrolle) als auch über den Einsatz gezielter Konsequenzen (Konsequenzkontrolle) (Ferster 1961).
Die Technik der Konsequenzkontrolle wird vor allem in Frühinterventionsprogrammen auf breiter Basis eingesetzt. In erster Linie wird hier nach dem Prinzip des operanten Konditionierens mit positiver Verstärkung gearbeitet in der Anordnung eines »diskreten Lernformats (DLF)« (discrete trial learning). Das Lernen wird als »diskret« bezeichnet, da es klar abgegrenzte Komponenten hat. Ein Versuchsdurchgang beginnt mit der Aufgabe und Anweisung des Therapeuten (Stimulus). Darauf folgen die richtige oder falsche Reaktion des Kindes und die entsprechende Konsequenz des Therapeuten (Cohen et al. 2006, Eikeseth et al. 2002, Lovaas 1987, McEachin et al. 1993).
Die Autoren des traditionellen verhaltenstherapeutischen Vorgehens erkannten, dass Kinder nach intensiver Therapie das Gelernte oft nur nach Aufforderung zeigten und es nicht auf ungeübte Situationen übertragen wurde. Daher entwickelten Koegel und Mitarbeiter das »Natürliche Lernformat« (NLP = Natural Language Paradigm), das die kindliche Spontaneität und die Eigenmotivation betont. Die Initiative des Kindes und das Angebot von natürlichen Verstärkern stehen hier im Vordergrund. Unter dem Begriff »Trainingsprogramm von Schlüsselverhaltensweisen« (Pivotal Response Training) wurde diese Methode weiter entwickelt. Motivationsanreize, wie Wahlmöglichkeiten zwischen Aufgaben, Wechsel zwischen leichten und schweren Aufgaben, natürliche Verstärker sowie die Verstärkung von Kommunikationsansätzen führen dabei zu schnellerem Lernen. Sprachtherapieforscher haben festgestellt, dass Kinder spontaner kommunizieren, wenn man sie bei für das Kind angenehmen und motivierenden Handlungen (z. B. Ballspielen, Trampolinspringen) unterbricht, Blickkontakt und aktive Sprache fordert. Das Kind, das Seifenblasen mag, wird z. B. unterbrochen, wenn es zum Pusten ansetzt, und bekommt den Behälter erst zurück, wenn es Blickkontakt aufgenommen oder lautiert hat. Wichtig für den Erfolg dieses Vorgehens ist, dass die Kinder dabei in einem Maß gefordert werden, das sie nicht frustriert. Vergleiche zwischen dem diskreten und natürlichenLernformat haben gezeigt, dass Kinder meist besser in den natürlichen Situationen lernen, leichter das Gelernte in den Alltag übertragen und Eltern dieses Lernformat bevorzugen (Koegel et al. 2001).
Die Wirksamkeit der Frühinterventionsprogramme steht außer Frage. Die positive Wirkung der Intervention wurde inzwischen von verschiedenen Autoren repliziert (Cohen et al. 2006, Eikeseth et al. 2002, Lovaas 1987, McEachin et al. 1993). Das Ausmaß der Effekte ist in den Studien meist nicht so hoch wie in der ersten, von Lovaas publizierten Studie. Die meisten im Rahmen der Studie behandelten Kinder wurden auch nach Abschluss der Behandlung als eindeutig autistisch eingestuft und benötigten weiterhin eine spezielle Unterstützung, selbst wenn sie in Regelschulen eingeschult wurden. Obwohl ein früher Beginn zweifelsohne wichtig erscheint, wird aus neueren Studien klar, dass auch ältere Kinder von der Behandlung profitieren (Eikeseth et al. 2002). In den Studien wurden große individuelle Unterschiede zwischen den Kindern deutlich. Es ist noch nicht eindeutig geklärt, welche Kinder am meisten von den intensiven Frühförderprogrammen profitieren und welche Elemente sich in der Therapie als besonders wirksam erweisen.
In Deutschland sind intensive verhaltenstherapeutische Frühinterventionsprogramme bislang kaum verbreitet und systematisch untersucht worden. Diverse Gründe können dafür verantwortlich sein. Bei der intensiven Verhaltenstherapie besteht ein gewisses Risiko der Überformalisierung und der Einseitigkeit der Intervention. Es kann der Eindruck der »Dressur« des Kindes entstehen. Ferner ist der zeitliche und finanzielle Aufwand der Methode so hoch, dass er im Augenblick nur für ein begrenztes Klientel realisierbar ist.
Eltern- und familienbezogene Maßnahmen
Elternberatung spielt in der multimodalen Behandlung von kinderpsychiatrischen Störungen eine zentrale Rolle und wird oft als eines der wichtigsten Elemente in dem gesamten Therapieplan angesehen. Elternberatung ist Voraussetzung für eine gute Compliance gegenüber den oft weit reichenden, notwendigen therapeutischen und pädagogischen Maßnahmen. Nur wenige Studien untersuchen und
Weitere Kostenlose Bücher