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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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Prozess handelt. Es gibt keinen »Labortest« für den frühkindlichen Autismus. Die Diagnose basiert auf der Erhebung von beobachtbaren Verhaltensweisen. Im Rahmen der Abklärung nehmen neben allgemeinen Verfahren die autismusspezifischen Verfahren eine zentrale Rolle ein (Noterdaeme et al. 2011).
    Tabelle 1: Diagnostische Bausteine bei Autismus-Spektrum-Störungen
    Als Goldstandards in der Diagnostik von ASS gelten das Autism Diagnostic Interview-Revised (ADI-R) und Autism Diagnostic Oberservation Schedule-Generic (ADOS-G). Das ADI-R ist ein standardisiertes, halbstrukturiertes untersuchergeleitetes Interview, basierend auf Angaben der Eltern bzw. der engsten Bezugsperson des Kindes. Das Interview dauert etwa zwei bis drei Stunden. Dabei werden für den Autismus typische Verhaltensweisen im Laufe der Entwicklung erfragt. Anhand der verschiedenen Fragen wird am Schluss des Interviews mit Hilfe eines Algorithmus eine Summe für die drei Verhaltensbereiche »soziale Interaktion«, »Kommunikation« und »repetitives Verhalten« gebildet. Bei Überschreiten eines Grenzwertes in allen drei Bereichen erfolgt dann die Zuordnung der Diagnose »frühkindlicher Autismus« (Bölte et al. 2006).
    Das ADOS-G ist ein halbstandardisiertes Spielinterview mit dem Kind, in dem Situationen geschaffen werden, die normalerweise soziale Interaktion hervorrufen. Das Interview dauert etwa 30 bis 45 Minuten und besteht aus vier Modulen, die je nach kognitiver und sprachlicher Entwicklung der Kinder eingesetzt werden können. Das ADOS und das ADI-R sind inzwischen die meistverwendeten Instrumente in der Diagnostik autistischer Störungen. Um valide Diagnosen zu generieren, müssen die Kinder zum Zeitpunkt der Durchführung ein Entwicklungsalter von mindestens 24 Monaten haben (Rühl et al. 2004). ADOS-G und ADI-R ergeben in der Hand eines geschulten und erfahrenen Untersuchers, der über Erfahrung mit differentialdiagnostisch relevanten Störungen bei Kleinkindern verfügt, eine recht sichere Diagnose.
Behandlung und Förderung
    Der Phänotyp der ASS ist extrem heterogen. Ausmaß und Art der Ausprägung von Kern- und Zusatzsymptomen, das Niveau der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der Sprache bestimmen die Zielsetzung in der Therapie und die Art der Interventionstechniken. Kinder und Jugendliche mit autistischen Störungen profitieren am meisten von klar strukturierten, verhaltenstherapeutischen Interventionen. In der frühen Kindheit sind vor allem der Aufbau sprachlicher Kommunikation sowie des Spielverhaltens und der Selbständigkeit von Bedeutung. In dieser Altersphase erscheinen die verhaltenstherapeutischen Methoden, die auf dem Prinzip der operanten Konditionierung beruhen, sowie strukturierte psychoedukative Programme als besonders effektiv. In der Grundschulzeit stehen der Aufbau von Arbeitsverhalten und sozialer Kompetenz mehr im Vordergrund der Therapie. Bei guter mentaler Entwicklung werden kognitive verhaltenstherapeutische Methoden und Techniken des Selbstmanagements eingesetzt. Therapien, die auf der Grundlage der postulierten Basisstörungen des Autismus (Theory of Mind) entwickelt wurden, sind vor allem für etwas ältere Kinder, Jugendliche oder Erwachsene geeignet. Die medikamentöse Therapie ist vor allem bei behandlungsbedürftigen Begleitsymptomen unterstützend und ermöglicht oft eine bessere Mitarbeit und größere Fortschritte im Rahmen der Psychotherapie. Die bis jetzt entwickelten Therapiemethoden sind als symptomatische Therapieansätze zu betrachten, keine der bis jetzt validierten Methoden kann eine Heilung der Störung bewirken (Bölte et al. 2002, Noterdaeme et al. 2008).
    Tabelle 2: Übersicht über Therapieverfahren (orientiert an Remschmidt und Kamp-Becker 2008)
Verhaltenstherapeutische Interventionen
    In seinen Studien konnte Ferster nachweisen, dass alle drei Kernbereiche der autistischen Störungen systematisch durch gezielte Änderungen im Umfeld (Stimulus- und Konsequenz-Manipulationen) beeinflusst werden. Diese Studien schufen die Voraussetzungen für den Einsatz der lerntheoretischen Verfahren und somit der Verhaltenstherapie in der Behandlung autistischer Störungen.Grundlage für die Behandlung auf Basis der Lerntheorie ist eine Funktionsanalyse des Verhaltens, die Ermittlung der unmittelbaren Antezedentien und Konsequenzen des Verhaltens. Diese Analyse versucht die Zusammenhänge zwischen Umfeldfaktoren und Verhalten zu operationalisieren (Applied Behavior Analysis/ABA). Es wird sowohl

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