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Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung

Titel: Sprache, Kommunikation und soziale Entwicklung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Schneeweiß , Theodor Hellbruegge
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zur Entwicklung von Kindern mit genetischen Syndromen, die mit einer kognitiven Beeinträchtigung assoziiert sind, ist in den letzten 30 Jahren exponentiell gewachsen. Die Mehrzahl der Forschungsarbeiten ist deskriptiv. Es werden charakteristische Entwicklungsprofile mit Stärken und Schwächen in einzelnen Entwicklungsbereichen beschrieben und die Entwicklungsverläufe von Kindern mit einem bestimmten Syndrom dokumentiert. Dabei werden in der Regel standardisierte Untersuchungsverfahren und Kontrollgruppen-Designs verwendet, d. h. Kinder mit einem bestimmten Syndrom mit Kindern einer Kontrollgruppe verglichen, die nach Alter, Grad der intellektuellen Behinderung und evtl. anderen relevanten Entwicklungsbedingungen parallelisiert ist. Das langfristige Ziel dieser Forschungsrichtung ist es, syndromspezifische Interventionskonzepte zu formulieren, die die speziellen Besonderheiten des Entwicklungs- und Verhaltensprofils der Kinder mit einem genetischen Syndrom berücksichtigen.
    Für den Bereich der kommunikativen und sprachlichen Entwicklung ergeben sich somit drei Forschungsfragen:
Bei welchen genetischen Syndromen lassen sich syndromspezifische Verläufe und Profile in diesem Entwicklungsbereich nachweisen?
Lassen sich diese Verläufe und Profile aus sprachrelevanten Auffälligkeiten in kognitiven Verarbeitungsprozessen (Aufmerksamkeitssteuerung, Gedächtnis und exekutiven Funktionen) erklären?
Welche Rolle spielen Besonderheiten der Motivation und affektiven Selbstregulationsfähigkeiten als non-linguistische Aspekte für die Ausbildung von syndromspezifischen Entwicklungsprofilen?
    Angesichts der kaum noch zu überblickenden Fülle von empirischen Forschungsergebnissen zur Entwicklung von Kindern mit genetischen Syndromen ist es erforderlich, eine Auswahl zu treffen, an denen diese Fragestellungen exemplarisch diskutiert werden können. Dies soll am Beispiel des Spracherwerbs von Kindern mit Down-Syndrom, Williams-Beuren-Syndrom, Fragilem-X-Syndrom, Cornelia-de-Lange-Syndrom und Angelman-Syndrom versucht werden. Es soll jeweils ein Überblick über den Wissensstand zum Entwicklungsprofil kommunikativer und sprachlicher Fähigkeiten gegeben werden, der dann vor dem Hintergrund des Wissens um das Profil kognitiver Verarbeitungsfähigkeiten und Verhaltensdispositionen bei der gleichen Gruppe interpretiert wird.
Down-Syndrom
    Kinder mit Down-Syndrom (Trisomie 21) sind in ihrer allgemeinen Entwicklung verlangsamt, wobei die individuelle Variabilität beträchtlich ist. Für die meisten Kinder gilt jedoch, dass sich die Sprachentwicklung deutlich langsamer vollzieht als die Entwicklung in anderen Bereichen. Dies gilt sowohl für den Erwerb der ersten Wortbedeutungen und den Aufbau des expressiven Wortschatzes (Berglund et al. 2001) wie auch für den Grammatikerwerb. Der Wortschatzaufbau ist bei vielen Kindern mit Down-Syndrom durch eine Schallleitungsschwerhörigkeit behindert, die es ihnen erschwert, Wortklänge und Lautfolgen zu diskriminieren. Oral-motorische Dysfunktionen tragen zudem über Lautbildungsfehler und phonologische Prozesse zu einer reduzierten Verständlichkeit der Sprache bei (Barnes et al. 2006). Dies kann die verzögerte Sprachentwicklung jedoch nicht ausreichend erklären.
    Sie deutet sich schon in der präverbalen Entwicklungsphase an. Kinder mit Down-Syndrom versuchen seltener als Kinder mit unbeeinträchtigter Entwicklung, die Aufmerksamkeit eines sozialen Gegenübers auf Gegenstände der Umgebung zu lenken und ihm den Wunsch nach einem Objekt mitzuteilen (Mundy et al. 1988). Auch in ihrem Spielverhalten zeigen sie weniger Ausdauer beim Verfolgen von Zielen und seltener Freude, wenn sie sie erreicht haben (Ruskin et al. 1994). Die
Etablierung einer gemeinsamen Aufmerksamkeitsrichtung
und zielgerichtete Handlungen (als frühe Komponente exekutiver Funktionen) sind jedoch zentrale Voraussetzungen für den Wortschatzerwerb. Wenn Kinder in diesen Entwicklungsbereichen auffällig sind, entstehen weniger Gelegenheiten, bei denen im Dialog mit einem Erwachsenen die Bedeutung von Worten erlernt werden kann. So erweist sich denn auch die Häufigkeit, mit der eine gemeinsame Aufmerksamkeitsabstimmung vom Kind initiiert wird und es das Verhalten des Erwachsenen zu steuern versucht, bei Kindern mit Down-Syndrom als signifikanter Vorhersagefaktor für die spätere Sprachentwicklung (Sigman & Ruskin 1999).
    Weiterhin hängt der
Wortschatzaufbau
von der phonologischen Repräsentation verbaler Informationen im

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