fast ausschließlich auf expressive Bereiche wie »Artikulationsstörungen« oder »Dysgrammatismus«. Nun aber wird das Thema immer wieder in Veröffentlichungen, in neuen Testverfahren oder in ersten Therapieberichten aufgegriffen, wobei gute Ansätze für Evidenzbasierung erkennbar werden.
Zunehmend wird aber auch klar, welch komplexes Problem Sprachverständnisstörungen in ihrer engen Verflechtung mit anderen Bereichen sind. Wir alle sind aufgerufen, hier – jede/r an ihrem/seinem Platz – an der Weiterentwicklung zu arbeiten. Von den Lehr- und Ausbildungsanstalten ist zu erhoffen, dass sie das Thema gebührend in ihrem Kanon berücksichtigen und dass sie Forschungsarbeit leisten und anstoßen, gerade auch im Bereich der Evidenzbasierung. Hier sind auch – in deren ureigenstem Interesse – die sprachtherapeutischen Berufsverbände (z. B. dbl, dbs) gefordert, Projekte anzustoßen und mit der Vielzahl ihrer Mitglieder dann auch durchzuführen und zu evaluieren. Die Kostenträger der Therapie werden in Zukunft verstärkt Wirkungsnachweise für die Therapie und die Forcierung der wirksamsten Methoden fordern!
Sprachtherapie bei Kindern als Kassenleistung »abzuschaffen« ist sicher nicht der richtige Weg, die Forderung nach Wirkungsnachweisen aber ist nachvollziehbar und berechtigt. Hier bedarf es jedoch aus verschiedenen Gründen einer angemessenen Vorlaufzeit, bis diese vorliegen können.
»Machen wir uns auf den Weg!« wäre jetzt der falsche Satz, denn viele haben sich schon aufgemacht, Methoden zu evaluieren und zu verbessern. Deshalb soll das Schlusswort besser lauten: »Lassen wir nicht nach in unserem Bemühen, sondern verstärken wir es noch!« Und den betroffenen Kinder ist zu wünschen, dass gerade bei dem sehr beeinträchtigenden Störungsbild der Sprachverständnisstörung in Zukunft noch schneller, gezielter und effizienter geholfen werden kann.
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ANDREAS NICKISCH
Permanente Minimale Hörverluste – sind sie unbedeutend oder erfordern sie Behandlungsmaßnahmen?
Ein unauffälliges peripheres Hörvermögen liegt vor, wenn Hörschwellen nachgewiesen werden, die im gesamten Frequenzbereich besser als 20 dB sind. Liegen dagegen die Hörschwellen dauerhaft zwischen 20 und 35 dB, wird dies als permanente minimale Hörstörung (MH) bezeichnet. Hörverluste mit Schwellen zwischen 20 und 35 dB werden jedoch prinzipbedingt im Neugeborenen-Hörscreening oft übersehen, da das