Sprechende Maenner
eine Liebesbatterie gibt, die in diesen kurzen Momenten wieder aufgeladen wird. Die Stromliebe taucht in Situationen auf, die ich oft für nicht angemessen halte. Neulich saà ich zum Beispiel auf dem Klo, und auf einmal war sie da. Keine Ahnung, warum sie mich nun gerade da besucht hat. Was hat meine Liebe zu Catherine in unserem Klo verloren?
Andererseits gibt es Momente, in denen ich so einen kleinen Stromstoà durchaus für angemessen halten würde. Zum Beispiel wenn Catherine und ich auf einer Wiese am See sitzen und ein Schwanenpaar in der Abendsonne vorbeigleitet. Aber die Stromliebe mag keine Klischees.
re:
Was ist schöner? Strom oder Geborgenheit? 4000 Volt oder 40 Jahre?
aw:
Lieber Jochen, ich mache mir Sorgen, wenn zu selten Strom flieÃt. Einmal im Monat möchte ich das Kribbeln spüren. Es ist für mich die Bestätigung, dass alles gut ist. Ich weiÃ, das ist bescheuert. Es widerspricht dem ganzen Prinzip. Aber ich bin kein Zufallstyp, ich lasse mich nicht gern überraschen, vor allem nicht, wenn es um die Liebe geht. Ich würde gerne wissen, wie dieser Strom entsteht. Bin ich das, der ihn produziert?
Ich glaube, wir achten zu sehr auf die Stromliebe, sie gilt als die echte und schönste Liebe, womöglich, weil wir sie nicht beeinflussen können. Sie ist unabhängig wie das Bundesverfassungsgericht. Die Geborgenheitsliebe dagegen liegt wie ein alter Teppich in der Wohnung rum. Und weil sie scheinbar immer da ist, ehren wir sie nicht besonders. Dabei ist diese Liebe viel wichtiger. Gerade weil sie solide und verlässlich ist. Es ist die Liebe des Alltags, der Zeit also, in der keine Schwanenpaare vorbeigleiten.
re:
Liebes Schwanenpaar, lieber Maxim, ich habe vor ein paar Tagen DVD geschaut. Eine amerikanische Serie, die Mad Men heiÃt und von Männern handelt. Männern in einer Werbeagentur in New York, 60er-Jahre. Einer der Helden der Serie heiÃt Don Draper. Es gibt eine Szene, in der Don Draper mit einer Kundin in einer Bar sitzt. Eine schöne, dunkelhaarige Frau. Don Draper und die Frau reden. Sie führen einen kurzen Dialog über die Liebe.
Draper: Warum sind Sie noch nicht verheiratet?
Frau: Wundern Sie sich, was mit mir nicht stimmt? (â¦) Na ja, ich war noch nie verliebt.
Draper (verwundert): Sie möchte nicht heiraten, denn sie war noch nie verliebt. Hab ich mal als Slogan entworfen â für Nylonstrumpfhosen.
Frau (belustigt): Für viele ist Liebe nicht nur irgendein Slogan.
Draper: Ach so, Sie meinen Liebe. Wenn man Schmetterlinge im Bauch hat und weder essen noch richtig arbeiten kann und man einfach losrennt und heiratet und Babys macht. Wissen Sie, warum Sie das noch nie gefühlt haben? Weil es gar nicht existiert. Was Sie unter Liebe verstehen, wurde von Leuten wie mir erfunden, um Nylonstrumpfhosen zu verkaufen.
Frau (belustigt): Ist das wirklich wahr?
Draper: Ich bin mir ziemlich sicher. Man wird allein geboren und stirbt allein. Die Welt drückt einem einen Haufen Regeln auf, damit man das vergisst, aber ich vergesse das nie. Ich lebe, als gäbe es kein Morgen, denn es gibt keins.
Frau (fast traurig): Das war mir ehrlich gesagt noch gar nicht richtig bewusst. Es muss manchmal auch schwer sein, ein Mann zu sein, oder?
Eine geruhsame Nacht wünscht, Jochen Draper.
PS : Ich habe übrigens inzwischen Anna wieder getroffen. War nett.
Tag 33
An dem die humpelnde Brasilianerin nicht mehr humpelt, dafür aber seltsame Schuhe trägt. Auch wird an dem Tag klar, warum Sex immer alles verändert
Lieber Jochen, was heiÃt nett?
aw:
Ziemlich nett. Erstaunlich nett.
re:
Wenn du reden willst, dann rede. Aber hör auf mit diesen vagen An deutungen. Meine Schwiegermutter ist nett. Die Katze vom Nachbarn ist nett. Eine Teewurststulle ist nett. Also was heiÃt »ziemlich nett«?
aw:
Wir trafen uns in einem vietnamesischen Restaurant, wo wir die einzigen Gäste waren. Anna kam ohne Krücken. Sie sah schmal aus und trug hellbraune, flache Wildlederschuhe, und ich dachte: Okay, an ihrem Schuhgeschmack muss man vielleicht arbeiten. Aber es war gut. Also, der Abend. Wir gingen anschlieÃend in ein kleines französisches Bistro und tranken Wein. Sie rot, ich weiÃ. Wir redeten, weil wir das gut miteinander können: reden. Sie wurde nicht langweilig. Und ich dachte: Hoffentlich denkt sie das auch von mir.
Ich merke, dass ich ab und an beginne, darüber nachzudenken, was sie von mir
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