Sprengkraft
die Kaffeedose.
»Diese Vertrautheit zwischen dir und der Gegenseite. Du kennst all die Gangster beim Vornamen, weißt, wo sie feiern, und sie nennen dich › Effendi‹. «
Ruhig bleiben, sagte sich Zander. »Glaubst du, Hiwa und ich hätten etwas miteinander?«
»Wer weiß?«
»Du nennst mich › Padre‹ und wir haben auch nichts miteinander, oder?«
Ein vages Lächeln huschte über Annas Gesicht. Vielleicht ist sie doch nicht so verbiestert, dachte Zander.
Er blickte auf seine goldene Uhr. Auch seine neue Partnerin sah hin.
»Was ist denn das für ein Angeberteil?«, fragte sie.
Zander plusterte sich auf. »Eine Yacht-Master-Zwo von Rolex. Schick, nicht wahr?«
»Eindeutig zu schick für ein Kommissarsgehalt.« Ihr Lächeln war vergangen.
»Was willst du damit andeuten?«
»Hat Noureddine sie dir geschenkt?«
»Hör zu, Anna, jedem anderen wäre ich jetzt mächtig böse. Dieses Teil habe ich in Bangkok erstanden. Die chinesische Version einer Rolex. Nicht wasserdicht und meistens geht sie nach.«
»Sorry, Padre, tut mir leid«, sagte Anna und wirkte ehrlich zerknirscht.
»Woher hast du das eigentlich?«
»Was?«
»Meinen alten Spitznamen.«
»Hat Ela mir verraten. Sie sagt, sie hatte schon früher einmal mit dir zu tun. Klang allerdings nach sehr gemischten Erfahrungen.«
Zander hatte keine Lust, an diese Zeit erinnert zu werden. »Lange her«, antwortete er und widmete sich wieder dem Formularordner.
10.
Als Moritz den Düsseldorfer Flughafen erreichte, folgte er der Ausschilderung, die ihn zunächst in das Parkhaus gegenüber der Abfertigungshalle leitete, auf dessen oberstem Deck das Sheraton errichtet worden war. Ein Strom von Reisenden überquerte die Fahrbahn, sie zogen ihre klappernden Rollkoffer, scherzten und hatten es nicht eilig.
Endlich fand Moritz eine Lücke für seinen Mondeo. Er schloss ab, orientierte sich an den Schildern, die zum Ausgang wiesen, und nahm den Aufzug nach oben.
Das Hotel besaß zwei Restaurants. Die Tölzer Stube war noch geschlossen. Moritz betrat die Brasserie und erspähte Edwin A. Bucerius an einem Fenstertisch mit Blick auf die verzweigte Flughafenzufahrt und das dahinter gelegene Gewerbegebiet, in dem sich Kräne drehten.
Der Baulöwe wies aus dem Fenster. »Hier bauen wir auch.« Dann stand er von seinem Stuhl auf und packte mit beiden Händen Moritz’ Rechte. »Schön, dass Sie kommen konnten!«
Bucerius war ein kleiner, runder Mann mit Stirnglatze. Er trug einen grauen Dreiteiler mit dezent gestreifter Krawatte und Moritz war froh, dass er sich zu einem ähnlichen Schlips entschlossen hatte.
Sie tauschten Höflichkeiten aus und bestellten Cappuccino, Bucerius dazu ein Stück Cremetorte. Moritz dachte an den Job, den er im letzten Jahr für das Bauunternehmen erledigt hatte. Auch dabei war es um Politik gegangen: eine Expertise über die Firmengeschichte der Bucerius KG während der Nazizeit.
Die Unterlagen, die ihm der Unternehmer zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt hatte, ließen darauf schließen, dass sein Großvater, der Firmengründer, sich nicht an beschlagnahmtem jüdischem Eigentum bereichert hatte. Zudem waren zwar in den letzten Kriegsjahren zahllose Zwangsarbeiter aus Osteuropa auf den Baustellen eingesetzt worden. Einige von ihnen waren jedoch auch nach 1945 geblieben und regulär weiterbeschäftigt worden, was sich als Indiz dafür deuten ließ, dass der alte Bucerius diese Leute relativ menschlich behandelt hatte.
Moritz hatte insgeheim ergänzende Recherchen angestellt und nichts Gegenteiliges gefunden. Anscheinend war Bucerius’ Großvater nur als Karteileiche Mitglied der Nazipartei gewesen. Dass ihn die zahllosen Kriegsaufträge reich gemacht hatten, stand auf einem anderen Blatt.
Die Studie hatte dazu gedient, der Firma den prestigeträchtigen Auftrag eines US-Konsortiums zu sichern – die amerikanischen Partner hatten wissen wollen, mit wem sie es zu tun hatten. Bucerius’ Laune nach zu schließen, lief sein Geschäft nach wie vor recht passabel.
»Ah, Champagnercreme ist meine größte Leidenschaft!« Mit der Stoffserviette tupfte sich der Unternehmer Krümel vom Mund. »Herr Lemke, Sie werden gleich interessante Menschen kennenlernen.«
Moritz wollte nicht zu eifrig nachfragen, worum es ging. Wenn er den Eindruck erweckte, auf den Job angewiesen zu sein, würde das vielleicht die Großzügigkeit des Baulöwen schmälern.
»Ich habe einen Konferenzraum angemietet. Wir werden ein
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