Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
Vom Netzwerk:
Moschee-Neubauten, meine Damen und Herren, sind in ihrer Zahl – 187 bundesweit – und schieren Größe Ausdruck fremder Landnahme, Symbole einer integrationsfeindlichen Islamisierung, eine Kriegserklärung gegen Aufklärung und Freiheit.«

    Es wurde unruhig im Saal. Als warteten die Zuhörer nur auf ein Zeichen, um Rolfes auf die Barrikaden zu folgen.

    Der Schriftsteller hob die Stimme. »Es wäre fatal, verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, wenn wir all das nicht mehr auszusprechen wagten, aus Furcht, in eine ausländerfeindliche Ecke gestellt zu werden, oder aus Angst vor Ausbrüchen islamisch motivierter Gewalt. Wo sind wir denn, dass wir uns überlegen, ob unser Tun und Handeln den muslimischen Fanatikern gefällt? Dass wir uns in vorauseilendem Gehorsam vorschreiben lassen, was wir sagen dürfen? Dass wir in die Knie gehen vor den allzeit abrufbaren Empörungskollektiven zwischen Kairo und Jakarta? Dass wir strammstehen vor Traditionen, Sitten und Gebräuchen, die jede Kritik in Beleidigung umfälschen, selbst aber jederzeit zur Gewalt gegen Andersdenkende bereit sind? Verhindern wir die Islamisierung unserer Gesellschaft, den schleichenden Selbstmord unserer Kultur!«

    Jemand klatschte – Rolfes brachte ihn mit einer schroffen Geste zum Verstummen.

    »Meine Damen und Herren, der Islam trägt den Keim zum Totalitarismus des 21. Jahrhunderts in sich. Seine eifrigsten Vertreter verfolgen das erklärte Ziel, die Demokratien des Westens durch die weltweite Herrschaft der Scharia zu ersetzen. Dieser Angriff ist in vollem Gang – in Europa, in Deutschland. Man braucht kein Überlebender des Holocaust zu sein, um aufzustehen und der Gefahr die Stirn zu bieten. Sie wissen, meine Damen und Herren, dass ich es als zweite Schuld betrachte, dass die Deutschen den Nationalsozialismus über Jahrzehnte nicht aufgearbeitet, sondern lediglich verdrängt haben. Eine dritte Schuld, eine Schuld der Toleranz der Unfreiheit, darf es nicht geben!«

    Bucerius sprang als Erster auf und applaudierte eifrig. Still, der hagere Schwarzgelockte aus dem Innenministerium, hastete zum Podium, um den Schriftsteller zu seinem Stuhl zu geleiten.

    Die Bundestagsabgeordnete neigte sich Moritz zu und flüsterte: »Der Mann ist eine moralische Instanz. Er ist Gold wert, wenn wir ihn für uns gewinnen.«

    Für uns – Moritz fragte sich, wen zum Teufel Ott-Petersen damit meinte.

    Roswitha Reimer-Rothenbaum brauchte keine Hilfe, um zum Podium zu gelangen. Die Grande Dame der deutschen Meinungsforschung wirkte deutlich rüstiger als der Großschriftsteller, wenn auch spröder in ihrem Vortrag.

    Ihre Rede war mit Umfrage-Statistiken gespickt: wie groß der Anteil der enttäuschten Unionswähler war, denen die Bundeskanzlerin zu liberal sei. Wie tief das Misstrauen gegenüber der muslimischen Minderheit in der Bevölkerung.

    Überall in der Republik gebe es Bürgerinitiativen gegen Moscheebauvorhaben, die sich zunehmend vernetzten. In Köln seien sie bereits im Stadtrat vertreten, formierten sich nun bundesweit als Partei und würden erstmalig zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen kandidieren. Reimer-Rothenbaum nannte die Gruppierung beim Namen: Bürgerbewegung Pro Freiheit – die Freiheitlichen.

    Moritz spürte einen Kloß im Hals. War er in eine Versammlung dieses Haufens geraten? Ewiggestrige Vereinsmeier, die es in anderen Zirkeln und Parteien zu nichts gebracht hatten und es jetzt unter dem Fähnchen des Antiislamismus versuchten? Moritz hatte noch vor seinem Rausschmiss beim Kölner Kurier für einen Artikel über den Gründer der Freiheitlichen recherchiert: Der Mann war Funktionär der rechtsextremen Liga für Volk und Heimat und Herausgeber der Zeitschrift Nation und Europa gewesen, er hatte in den Neunzigern als Parteiloser auf der NPD-Liste zur Bundestagswahl kandidiert und danach eine Weile als stellvertretender Bundesvorsitzender der Republikaner amtiert – bis er selbst diesen Leuten zu radikal erschien.

    Hatte sich nicht Konrad Rolfes stets geweigert, vor den Karren der Freiheitlichen gespannt zu werden? Sollte der greise Schriftsteller seine Haltung gedreht haben? Und was verband einen intelligenten Menschen wie Bucerius mit dem rechtspopulistischen Haufen?

    Die Meinungsforscherin malte die Zukunft der jüngsten Parteigründung der Republik in rosigen Farben. Zwar rangierten die Freiheitlichen in Umfragen bei lediglich zwei Prozent, doch die Zeit sei reif und das Wählerpotenzial groß genug, um die Parlamente zu

Weitere Kostenlose Bücher