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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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unterbrach sich, legte den Finger an die Lippen, fuhr den PC wieder herunter und zog Moritz aus dem Raum.

    Sie schlich in Heikes Büro und legte den Generalschlüssel an seinen Platz.

    Moritz wollte fragen, was ihr Getue sollte, doch Carola winkte ihn hektisch in das Foyer und verriegelte die Glastür hinter ihnen.

    Als sie im Aufzug standen, flüsterte sie: »Sie hören dein Telefon ab.«

    »Was?«

    »Oder meinen Anschluss.«

    »Wen meinst du mit sie? «

    »Oder beide Telefone. Deins und meins.«

    »Du spinnst.«

    »Es kann nur so gewesen sein: Nachdem ich dir von meinem Verdacht erzählt habe, geht Gräfe noch einmal in sein Büro, beseitigt die Klebezettel, ändert sein Passwort und schafft die Ordner fort. Das heißt, sie haben gestern Abend unser Gespräch belauscht. Anders ist das nicht zu erklären. Moritz, wach auf! Sie hören uns ab. Wir müssen aufpassen, was wir miteinander reden!«

    Moritz fragte sich, ob Carola unter Verfolgungswahn litt. Hoffentlich beruhigte sie sich wieder – für vierzehn Uhr war ihre Rede terminiert. Dann musste sie entschlossen und mitreißend wirken. Und nicht wie jemand, der plötzlich an der eigenen Partei zweifelte.

     
    Und wie sie es geschafft hat, dachte Moritz, als sie am späten Abend über die Fleher Brücke auf die richtige Rheinseite rasten, der Domstadt entgegen. Ein gigantischer Rosenstrauß auf dem Rücksitz ließ das Wageninnere wie einen Blumenladen duften.

    Ein rundum gelungener Parteitag lag hinter ihnen, gewaltiger Medienandrang, minutenlange Ovationen für die neue Vorsitzende. Zuletzt ein Interview in den Tagesthemen – Carola war live aus dem Düsseldorfer WDR-Studio zugeschaltet worden.

    Sie war Gold wert für die Freiheitlichen. Eine Frau, die überzeugte. Keine Spur von Irritation, auch nicht, als sie auf dem Parteitagspodium neben Gräfe Platz genommen und nach dem Wahl-Brimborium aus der Hand des ebenfalls gewählten Bundesgeschäftsführers die Rosen empfangen hatte. Als hätte Carola nie an der Buchführung gezweifelt.

    »Du warst großartig«, sagte Moritz.

    »Meinst du?«

    »Große Klasse, auch die Interviews.«

    »Ich fühl mich urlaubsreif.«

    Regen setzte ein und die Scheibenwischer quietschten. In den Schlieren auf dem Fenster verschwammen die Lichter der Autos zu bunten Streifen. Moritz drosselte das Tempo.

    »Ich bin nicht, was ich vorgebe zu sein«, bemerkte Carola.

    »Werd bitte nicht philosophisch. Es läuft doch alles prima.«

    »Diese dummen Etiketten. Freiheitliche Idealistin, Jeanne d’Arc der kleinen Leute und so ein Quatsch.«

    »Was ist los mit dir, Carola?«

    »Ob CDU oder die Freiheitlichen. Überall der gleiche Schwindel. Du hattest recht. Ich verbieg mich schon wieder.«

    »Das stimmt nicht«, widersprach Moritz.

    »Doch, mein Lieber. Wir sind Huren der Macht.«

    »Wie kannst du so reden?«

    »Hast du dich mal gefragt, warum Bucerius die Partei so sehr unterstützt?«

    »Um Schwarzgeld zu waschen. Willst du schon wieder darauf hinaus?«

    Sie schwieg.

    »Carola, bald gibt es Wahlkampfkostenrückerstattung vom Steuerzahler, du führst die Landtagsfraktion und die Partei kann völlig unabhängig vom Geld einzelner Spender arbeiten. Seit deinem heutigen Auftritt glaube ich fest daran, dass die Freiheitlichen die Fünfprozenthürde knacken. Und du hast das Zeug zur Ministerin.«

    Endlich schenkte sie ihm ein Lächeln. Moritz schaltete das Radio ein. Ruhiger Jazz im Deutschlandfunk.

    »Hat sich dein Mann wieder eingekriegt nach seinem Anfall gestern Abend?«

    »Schön wär’s. Ole hat einen an der Waffel. Ich habe ihm schwören müssen, dass es keinen Liebhaber gäbe und dass er der Größte sei. Der beste Ficker. Der längste Schwanz. Garant für die heftigsten Orgasmen.«

    Moritz lachte. Blaue Autobahnschilder flogen heran. Noch zwei Kilometer bis zum Kreuz Köln. Wenn er Carola zu Hause abliefern sollte, musste er dort abbiegen.

    »Wohin soll ich dich fahren?«

    »Nach Hause, was sonst?«

    Das nächste Schild. Noch ein Kilometer.

    »Andererseits – der Gedanke an Ole ist mir völlig zuwider.«

    Moritz blieb auf der linken Spur. Die übernächste Ausfahrt war seine. Er verdrängte den Gedanken an getürkte Finanzen und Lügen in der Politik. Er freute sich einfach nur auf eine schnelle Nummer.

     
    Sonntag, 15. März, Blitz am Sonntag, Titelseite:

    Mutige Carola will Freiheitliche in die Parlamente führen Der Delegiertenjubel wollte kaum enden. Ein Arm voller Rosen für die frisch

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