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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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gewählte Bundesvorsitzende der Freiheitlichen. Eindringlich hat Carola Ott-Petersen die »arroganten und ignoranten Führungsriegen der Altparteien« aufs Korn genommen. Die Kölner Politikerin wurde auch zur Spitzenkandidatin für die kommende Landtagswahl in NRW bestimmt. Sie wandte sich leidenschaftlich gegen Filz und Bürokratie und rief unter Beifall: »Wir haben die Faxen dicke!«
Auch Konrad Rolfes, weltberühmter Schriftsteller und Gewissen der Nation, hat den Parteitag besucht. Sein Resümee: »Wir brauchen Carola Ott-Petersen, weil sie den Mut hat, die Wahrheit auszusprechen.«

     
    Montag, 16. März, Düsseldorfer Morgenpost, Seite vier:

    Terrorgefahr virulent Das Bundeskriminalamt sieht Deutschland unvermindert im Visier islamistischer Terroristen. Es sei davon auszugehen, dass die höchste Ebene des Terrornetzwerkes El Kaida Anschläge plane, sagte BKA-Chef Jörg Ziercke in Wiesbaden und zeigte sich überzeugt, dass »in Deutschland intakte Netzwerkstrukturen« bestünden. Besorgt äußerten sich die Ermittler über das Video, das den aus Deutschland stammenden Selbstmordattentäter Cüneyt C. zeigt und das eine »stimulierende Wirkung auf andere« haben könnte. Bei einem Anschlag in Afghanistan am Donnerstag letzter Woche hatte der ›fränkische Taliban‹ mehrere Soldaten und Zivilisten mit sich in den Tod gerissen.
Im Fokus der Sicherheitsbehörden stehen vor allem Konvertiten. In der Rekrutierung solcher Menschen scheine die aktuelle Strategie El Kaidas zu liegen, denn diese könnten sich unauffällig im potenziellen Anschlagsgebiet bewegen. Derzeit werden laut Ziercke sieben Konvertiten in Deutschland als sogenannte Gefährder eingestuft.

21.

    Gut gelaunt fuhr Moritz nach Düsseldorf. Die Zeitungen, die er bereits beim Frühstück ausgewertet hatte, waren voller Berichte über den Parteitag und die neue Vorsitzende.

    Moritz war gespannt auf die Ergebnisse der jüngsten Meinungsumfragen. Jeden Montag versorgte das Rothenbaum-Institut die Partei mit aktuellen Zahlen. Das Medienecho konnte nicht ohne Auswirkung geblieben sein.

    Das Bucerius-Hochhaus an der Graf-Adolf-Straße, vierter Stock. Moritz öffnete die Glastür und rief: »Was machen die Umfragen?«

    Heike stand in ihrem Büro am Kopierer. »Noch nicht eingetroffen.«

    »Und Frau Ott?«

    »Auch noch nicht. Sie haben doch nicht schon Entzugserscheinungen?«

    »Wie meinen Sie das?«

    »Nur ein Scherz.«

    Moritz nahm seine Post aus dem Eingangskorb.

    »Herr Lemke, ich muss Ihnen etwas gestehen«, sagte Heike und strahlte.

    »Was denn?«

    »Dieser Teamgeist, diese Lust, etwas aufzubauen und zu bewegen. Da schimpfen alle über die Politik. Aber nie zuvor hat mir ein Job so viel Spaß gemacht. Ich bin froh, hier zu sein.«

    »Geht mir auch so.«

    Als er an Gräfes Büro vorbeikam, sprach ihn der Parteigeschäftsführer an: »Diese Computerscheiße – muss das sein? Ich habe Beschwerden erhalten. Alle PCs sind blockiert!«

    »Das kann nicht sein. Das Programm läuft nebenher.«

    Ein Bekannter von Moritz hatte ein Programm gebastelt, das alle Computer der Parteizentrale sowie die PCs von Jugend Pro Freiheit und Mittelstand Pro Freiheit wie auch sämtlicher Bucerius-Firmen auf dieser Etage fortlaufend ein und dasselbe Video auf YouTube anwählen ließ: Wir haben die Faxen dicke – Ausschnitte aus Carolas Parteitagsrede, die Moritz gefilmt und mit allerlei Archivmaterial zu einer Art Werbeclip montiert hatte. Der amateurhafte Look erhöhte die Authentizität. Wahlkampf im Internet, der letzte Schrei.

    Gräfe hatte zugestimmt, lediglich seinen eigenen PC für tabu erklärt.

    »Geben Sie mir noch eine Stunde«, bat Moritz.

    Kopfschüttelnd drückte der Geschäftsführer seine Missbilligung aus.

    Moritz betrat sein eigenes Büro. Er packte das gerahmte Foto aus und platzierte es neben dem Telefon: Gretchen, sein Ein und Alles – auch beim Kurier hatte er immer ein Bild von ihr auf dem Schreibtisch stehen gehabt.

    Dann startete er seinen Computer und warf einen Blick auf YouTube – bis jetzt fast fünfzigtausend Klicks auf seinen Spot.

    Das Telefon schellte. Heike stellte einen Anruf durch. Die Redaktion der Beckmann-Talkshow fragte, ob Konrad Rolfes bereit sei, als Gast in der heutigen Sendung aufzutreten. Der Schriftsteller müsste dafür nach Hamburg kommen.

    Der Parteitag wirkt sich aus, dachte Moritz. Die Freiheitlichen werden wichtig. Niemand kann uns jetzt noch ignorieren oder ausladen.

    Moritz informierte Rolfes.

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