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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Bahnhofsviertel. Ihr Ziel war das Lokal, in dem sich Hiwa und der verdeckte Ermittler des Landeskriminalamts mit Abderrafi Diouri und einem Kilo Heroin verabredet hatten – einem von angeblich fünfzehn.

    Zander hatte das Gefühl, schon lange nicht mehr an einem Einsatz teilgenommen zu haben, der so penibel vorbereitet gewesen war. Karl Thann, Leiter der Kriminalinspektion eins, lenkte persönlich die Aktion, beraten von Benno Grüter, Ela Bach und einem kompletten Führungsstab. Wir sind allenfalls bessere Zaungäste, überlegte Zander.

    »Jonas geht mit seinen Gefühlen um wie ein Eichhörnchen mit der Haselnuss«, sagte Anna plötzlich. »Er versteckt sie, bis er sie vergisst.«

    »War das immer so?«

    »Am Anfang nicht.«

    Dieser Jonas verdient einen Tritt in den Arsch, dachte Zander. »Pass auf, dass du nicht irgendwann auch deine Gefühle einbuddelst.«

    »Hey, mich fragst du aus, aber über dein Privatleben weiß ich gar nichts!«

    »Ist auch nicht so prickelnd.«

    »Sag schon, dann sind wir quitt.«

    »Meine Ehe … sie war harmonisch, aber trotzdem …«

    »Geschieden?«

    »Nein, Beate wurde depressiv.«

    »Und wie geht es ihr jetzt?«

    »Sie hat sich umgebracht. Vor neun Jahren schon.«

    »Scheiße, tut mir leid.«

    Sie erreichten die Kölner Straße und fuhren an dem Internetcafé vorbei. In Sichtweite parkte der Wagen, in dem der Leiter des Mobilen Einsatzkommandos seinen Posten bezogen hatte.

    »Ich fass es nicht«, schimpfte Anna. »Eine Zuhälterkarre!«

    Zander musste lachen. Es war ein hochbeiniger, schwarz lackierter Hummer-Geländewagen mit verchromten Trittstufen und getönten Scheiben. Auf den Seitentüren räkelten sich nackte Frauen mit goldenen Brustwarzen. Puffwerbung – in der Bahnhofsgegend nicht die schlechteste Tarnung, sagte sich Zander.

     
    »Wer sich über mich ärgert, ist selbst schuld. Ich spreche die Dinge nur aus, wie sie sind. Ich stehe nicht rechts, sondern bin fest in der Mitte unserer Gesellschaft verankert. Und von einem Geschäft kann man wirklich nicht sprechen, Herr Beckmann.«

    Das Telefon klingelte. Moritz ging nicht ran. Als er bemerkte, dass sein Anrufbeantworter nicht eingeschaltet war, überlegte er es sich anders, doch das Klingeln hörte auf, bevor er den Hörer fand. Zurück zum Fernseher.

    »Carola, ich darf doch Carola sagen?«

    Moritz gefiel das souveräne Lächeln, mit dem die Vorsitzende der Freiheitlichen reagierte. Sie würde sich nicht aufs Glatteis führen lassen.

    Der Moderator holte mit weiter Geste aus. »Wie muss man sich das vorstellen? Ist man die Carola, die einfach dorthin geht, wo sie sich mehr Macht verspricht, oder ist man die Carola, die so unglücklich mit ihrer bisherigen Partei war, dass es nur des sprichwörtlichen Tropfens bedurfte, der das Fass zum Überschäumen brachte? Und was für ein Tropfen war das konkret in dieser trüben Brühe des politischen Alltagsgeschäfts?«

     
    Zander klopfte. Eine Tür schwang auf.

    »Macht schnell«, mahnte eine Stimme von drinnen.

    Das Interieur wurde der äußeren Erscheinung gerecht. Plüschbezüge in Pink, ein Bose-Soundsystem und eine DVD-Anlage mit Monitor unter der Decke.

    Sie gaben dem MEK-Leiter die Hand. Er trug spitze Koteletten zum bestickten Hemd und bearbeitete wie in Zeitlupe einen Kaugummi – beim Lächeln zeigte er schmatzend seine Zähne.

    »Wo sind die Weiber?«, fragte Zander und handelte sich einen strafenden Blick seiner Kollegin ein.

    Der Mann im Westernhemd gab die Geschichte des Geländewagens zum Besten: Der Vorbesitzer war ein Bordellier, der Illegale ins Land geschleust und wie Sklavinnen gehalten hatte. Bei seiner Festnahme war der Hummer beschlagnahmt worden.

    Sie hatten Funkverbindung mit der Führungsgruppe um Inspektionsleiter Thann, die im Präsidium versammelt war. Das gesamte Wochenende hatten diese Leute Leitlinien ausgebrütet.

    Im Internetcafé saßen Kollegen und mimten Kundschaft, an Monitoren sitzend und im Netz surfend. Weitere Mitglieder des Mobilen Einsatzkommandos warteten in zivil lackierten Autos – bereit für die mögliche Verfolgungsjagd.

    Zanders Handy klingelte: die Dolmetscherin, die für den Fall engagiert worden war, dass Rafi nach seiner Festnahme plötzlich nur noch Arabisch verstand. Die Frau wollte wissen, wo sie sich einfinden solle.

    »Wissen Sie, was ein Hummer ist?«, fragte Zander. »Ich meine nicht das Vieh mit den Scheren … – Richtig, der schwarze Geländewagen. Ich hoffe, Sie stören sich nicht

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